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impulse08Tagungsbericht - Lebenshilfe Berlin

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undesinitiative „Daheim statt Heim“<br />

SILVIA ScHMIDt Mdb ist behindertenbeauftragte der SPD-bundestagsfraktion und Initia-<br />

torin der bundesinitiative „Daheim statt Heim“<br />

Die Initiative setzt sich ein für die konsequente umsetzung des Grundsatzes „ambulant<br />

vor stationär“. Denn teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ein Grundrecht für alle<br />

bürger.<br />

rEFErAtE<br />

Bundesinitiative „Daheim statt Heim“ von Silvia Schmidt<br />

WAS WILL DIe InITIATIVe?<br />

1. Die Verwirklichung der Rechte älterer Menschen und der Menschen<br />

mit Behinderung auf ein Leben in der eigenen Häuslichkeit<br />

und in der Gemeinde.<br />

Heime sind eine Sonderwelt, in denen die Menschen von der Teilhabe<br />

am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind. In der Sonderwelt<br />

„Heim“ wird die Menschenwürde auf freie Entfaltung eingeschränkt.<br />

Der Staatsrechtler Prof. Dr. Höfling hat einmal aufgelistet, welche<br />

Grundrechte verletzt werden:<br />

> das Grundrecht auf Leben<br />

> auf körperliche Unversehrtheit<br />

> das allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />

> der Anspruch auf Achtung der Menschenwürde<br />

> das Grundrecht der körperlichen Bewegungsfreiheit<br />

und Freizügigkeit<br />

Die Charta der Rechte hilfe­ und pflegebedürftiger Menschen, die aus<br />

dem Runden Tisch Pflege hervorgegangen ist, und die vom BMG und<br />

BMFSFJ herausgegeben worden ist, spricht eine deutliche Sprache!<br />

Alle nur erdenklichen Selbstverständlichkeiten bei einem selbstbestimmten<br />

Leben zu Hause wie Nahrungszufuhr beispielsweise, werden<br />

darin geregelt. Ich zitiere: „Ihre Mahlzeiten sollen Sie möglichst<br />

auch außerhalb der regulären Essenszeiten – Ihrem Lebensrhythmus<br />

und Appetit entsprechend – zu sich nehmen können. Zwischenmahlzeiten<br />

und Getränke sollen jederzeit zur Verfügung stehen.“<br />

Die Bundesinitiative „Daheim statt Heim“ wurde von Wissenschaftlern,<br />

Politikern, Pflegekräften, Behindertenbeauftragten, Trägern großer<br />

sozialer Einrichtungen und Betroffenen am 1. Dezember 2006 gegründet.<br />

2. Wir fordern ambulant statt stationär, d.h. einen Baustopp für<br />

neue Heime und den Abbau bestehender Heimplätze.<br />

Tatsächlich aber werden immer neue Heime aus dem Boden gestampft.<br />

Jüngstes Beispiel ist der Ort Igersheim in Baden­Württemberg:<br />

In der Presse wird der erste Spatenstich für den Bau eines<br />

1<br />

Seniorenzentrums gefeiert, es wird der „Pioniergeist“ der Verantwortlichen<br />

hochgejubelt und der Bürgermeister stellt sich als Wohltäter<br />

für seine Bürger dar. Igersheim ist kein Einzelfall, sondern ist Alltag<br />

in unserem Land. Beispielsweise baut die <strong>Lebenshilfe</strong> Ostallgäu eine<br />

Wohlanlage für 33 Menschen mit Behinderung.<br />

Den Baustopp für Heimneubauten und Abbau von bestehenden Heimplätzen<br />

fordern inzwischen 1.658 Unterstützer, darunter mitgliederstarke<br />

Sozialverbände wie der Sozialverband Deutschland, die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

Gemeinsam leben – gemeinsam lernen e. V., Mensch<br />

zuerst Netzwerk People First Deutschland e.V. und die Evangelische<br />

Stiftung Alsterdorf in Hamburg. Alle Verbände und Einzelunterzeichner<br />

zusammengerechnet, vertritt die Bundesinitiative „Daheim statt<br />

Heim“ bereits mehrere Millionen Bundesbürger.<br />

Die Bundesinitiative „Daheim statt Heim“ kritisiert nicht das Pflegepersonal<br />

in den Heimen. Im Gegenteil, die Menschen dort leisten<br />

schwere und aufopferungsvolle Arbeit, die von unserer Gesellschaft<br />

viel zu wenig honoriert wird.<br />

Wie ist die gegenwärtige Situation? Derzeit leben über 900.000<br />

Menschen in Heimen. Der freie Journalist Christoph Lixenfeld hat in<br />

seinem soeben erschienen Buch „Niemand muss ins Heim“ neueste<br />

Zahlen vorgelegt:<br />

> Über 300.000 alte Menschen müssen sich im Heim ein<br />

Zimmer mit einem wildfremden Menschen teilen.<br />

> Mindestens 100.000 Menschen könnten zu Hause<br />

versorgt werden, wenn Geld in den Ausbau der ambulanten<br />

Infrastruktur gesteckt würde.<br />

> Jeder vierte könnte noch zu hause oder in wohngemeinschaf<br />

ten betreut werden!<br />

Warum ist es nicht wie im Hamburger Alsterdorf möglich, Menschen<br />

mit geistiger Behinderung in kleinen Wohnungen ein selbstbestimmtes<br />

Leben zu ermöglichen? Wir brauchen auch keine neuen<br />

Pflegeheime für ältere Menschen mit Behinderung. Hier haben wir<br />

die Schnittstelle mit der Pflegeversicherung. Anstatt Pflege in Fachpflegeheimen<br />

zuzulassen, kann sich auch die <strong>Lebenshilfe</strong> dafür einsetzen,<br />

dass kleine Wohngruppen mit ambulanter Pflege eingerichtet<br />

<strong>impulse08Tagungsbericht</strong> _ 8

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