Berliner Kurier 30.04.2019
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*<br />
RECHT<br />
Die wichtigsten<br />
Urteile der Woche<br />
*<br />
SEITE15<br />
BERLINER KURIER, Dienstag, 30. April 2019<br />
DIE PROFIS<br />
Wolfgang Büser,<br />
Rechtsexperte<br />
in der ARD<br />
und im<br />
ZDF<br />
Anerkennung<br />
der Elternzeit<br />
Leopold K.: Ich bin gleichzeitig<br />
mit meiner Frau in<br />
Elternzeit. Jetzt soll einem<br />
von uns diese Zeit<br />
rentenrechtlich nicht anerkannt<br />
werden!?<br />
Das stimmt. Das Gesetz gibt<br />
eindeutig vor, dass die Zuordnung<br />
der Kindererziehungszeiten<br />
nur bei einem<br />
Elternteil zulässig ist, wobei<br />
Ihnen die Möglichkeit<br />
eingeräumt wird, die Zeiten<br />
im monatlichen Wechsel<br />
zugeschrieben zu bekommen.<br />
Aber eben immer nur<br />
einem Elternteil. So entschied<br />
auch das Thüringer<br />
LSG (L 2R760/17).<br />
Infos: www.wolfgang-büser.de<br />
NACHRICHTEN<br />
Ohne Kaffeekochen<br />
Wer als Auszubildender im<br />
Betrieb nur Kaffee kochen<br />
lernt, muss das nicht einfach<br />
so über sich ergehen<br />
lassen, denn dass Lehrlinge<br />
ausbildungsfremde Tätigkeiten<br />
lernen, ist nicht erlaubt.<br />
Darauf weist die Jugendabteilung<br />
des Deutschen<br />
Gewerkschaftsbunds<br />
(DGB) in einer Broschüre<br />
hin. Wer das als Arbeitgeber<br />
nicht einhält, begeht<br />
nach Paragraf 102 des Berufsbildungsgesetzes<br />
eine<br />
Ordnungswidrigkeit.<br />
Spion ist erlaubt<br />
Das Amtsgericht Meißen<br />
hat entschieden, dass ein<br />
Mieter berechtigt ist, einen<br />
Türspion in die Eingangstür<br />
seiner Wohnung einbauen<br />
zu lassen, ohne dafür<br />
eine Genehmigung seines<br />
Vermieters einzuholen.<br />
Denn der Einbau eines Türspions<br />
gehöre zum vertragsgemäßen<br />
Gebrauch einer<br />
Wohnung und greife<br />
nur geringfügig in die Bausubstanz<br />
ein (AmG Meißen,<br />
112 C353/17).<br />
Fragen?<br />
Wünsche?<br />
Tipps?<br />
Tel. 030/63 33 11-456<br />
(Mo.–Fr. 10–15 Uhr)<br />
E-Mail: berlin.service@dumont.de<br />
Mietrecht<br />
Waspassiert mit<br />
der Kaution?<br />
Wer eine Wohnung mietet,<br />
muss meist auch eine Kaution<br />
hinterlegen. Die zahlt der Eigentümer<br />
in der Regel bei<br />
Auszug zurück. Die Mietkaution<br />
ist Ihr Eigentum. Wenn<br />
Sie ausziehen, haben Sie daher<br />
ein Recht darauf, Ihr Geld<br />
zurückzubekommen.<br />
Aber was machen Vermieter in<br />
der Zwischenzeit mit den entrichteten<br />
drei Nettokaltmieten?<br />
Ausgeben, anlegen, verzinsen?<br />
Wer haftet bei Eigentümerwechsel?<br />
Kann der Vermieter auf die<br />
Zahlung einer Kaution verzichten?<br />
Das kann er, wird es aber so gut<br />
wie nie tun, weil ihm das Risiko<br />
hoch scheinen wird, am Ende<br />
des Mietverhältnisses auf Schäden<br />
sitzenzubleiben. Gesetzlich<br />
gibt es keine Pflicht, eine Kaution<br />
zu verlangen, sie wird aber<br />
meist im Mietvertrag vereinbart.<br />
Dort muss die Summe konkret<br />
genannt sein. Ohne vertragliche<br />
Regelung hat der Vermieter<br />
keinen Anspruch auf die Sicherheitsleistung.<br />
Was dürfen Vermieter mit<br />
dem Geld tun?<br />
Sie sind dem Bürgerlichen Gesetzbuch<br />
(BGB) zufolge verpflichtet,<br />
eine in bar geleistete<br />
Mietsicherheit auf einem Konto<br />
mit dreimonatiger Kündigungsfrist<br />
einzuzahlen. Und zwar unabhängig<br />
von ihrem eigenen<br />
Geld. Das Konto sollte ausdrücklich<br />
als Kautionskonto deklariert<br />
sein, „damit es klar und<br />
deutlich vom Vermögen des<br />
Vermieters getrennt ist“, sagt<br />
der auf Mietrecht spezialisierte<br />
Rechtsanwalt Johannes Clasen<br />
aus Dresden.<br />
Wer haftet, wenn die Kaution<br />
verschwindet?<br />
Vermieter müssen den Schaden<br />
ausgleichen. Bei Wohnungsgesellschaften<br />
steht das Management<br />
in der Verantwortung –<br />
auch, wenn keine Unterlagen<br />
mehr zu finden sind. Das kann<br />
bei langen Mietverhältnissen<br />
und Eigentümerwechseln vorkommen.<br />
Rausreden hilft wenig.<br />
„Es reicht, dass der Mieter den<br />
Nachweis über die Barkaution<br />
führt. Dazu genügt ein Kontoauszug“,<br />
erläutert Ulrich Ropertz<br />
vom Deutschen Mieterbund.<br />
Worauf ist bei Eigentümerwechseln<br />
zu achten?<br />
Wereine Wohnung neu bezieht,muss<br />
eine Sicherheit hinterlegen. Waskann<br />
der Vermieter damit machen?<br />
Wichtig bei Wohnungskäufen:<br />
Neue Eigentümer sollten darauf<br />
achten, dass der Vorbesitzer ihnen<br />
die Mietsicherheit einschließlich<br />
der Kontounterlagen<br />
aushändigt. Sonst legen sie<br />
drauf. Denn bei Auszug des Mieters<br />
muss der jeweils aktuelle<br />
Vermieter auszahlen. „Es spielt<br />
keine Rolle, ob er die Kaution<br />
wirklich bekommen hat oder sie<br />
im Notarvertrag erwähnt ist“,<br />
sagt Ropertz. Sein Tipp für Erwerber:<br />
Sie sollten auf finanziellen<br />
Ausgleich bestehen, falls der<br />
Alteigentümer das Geld behält.<br />
Eine Option ist die Reduktion<br />
des Kaufpreises.<br />
Muss die Kaution verzinst<br />
werden?<br />
Seit 2001 gilt eine gesetzliche<br />
Verzinsungsvorschrift. Formulierungen<br />
im Mietvertrag, mit<br />
der Vermieter die Vorschrift<br />
aushebeln wollen, seien unwirksam,<br />
betont Clasen. Die Barkaution<br />
muss dem Gesetz nach<br />
grundsätzlich auf ein Sparkonto<br />
mit üblichem Zinssatz gelegt<br />
werden. Verlangt die Bank Negativzinsen,<br />
hat der Vermieter<br />
Pech: Das sei dessen Geschäftsrisiko,<br />
meint der Anwalt. Es gebe<br />
auch keinen Anspruch, sich<br />
Im Mietvertrag müssen<br />
die Fristen für eine<br />
Kautionszahlung stehen.<br />
Foto: Imago Images/ Christian Ohde<br />
diese Belastung vom Mieter zurückzuholen.<br />
Diesem steht der<br />
Ertrag des Sparbuchs zu.<br />
Welche Rolle spielt das Datum<br />
des Mietvertrags bei der<br />
Verzinslichkeit?<br />
Alte Verträge enthalten manchmal<br />
keine oder andere Verzinsungsregeln.<br />
Dann sollten Eigentümer<br />
und Mieter auf das<br />
Datum des Mietvertrags achten,<br />
um Streit zu vermeiden. Denn je<br />
nach Abschlussjahr existieren<br />
Unterschiede. Für alle seit 1983<br />
geschlossenen Verträge besteht<br />
die Verzinsungspflicht für die<br />
Kaution. „Unabhängig von den<br />
vertraglichen Regelungen“, erläutert<br />
Helena Klinger vom Eigentümerverband<br />
Haus &<br />
Grund Deutschland. Bestimmt<br />
dagegen ein vor dem 1. Januar<br />
1983 geschlossener Mietvertrag,<br />
die Kaution sei unverzinslich,<br />
kann der Mieter laut Gesetz<br />
nichts verlangen. Wiederum für<br />
ab 1972 geschlossene Mietverträge,<br />
die keine Regelung zur<br />
Verzinsung enthalten, ist die<br />
Kaution zu verzinsen. Das leitet<br />
sich aus einer Entscheidung des<br />
Bundesgerichtshofs ab (Az.:<br />
VIII ZR 92/17).<br />
Klaus Kronsbein mit (dpa)