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Berliner Kurier 07.06.2019

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POLITIK<br />

Chaos oder<br />

Enttäuschung<br />

MEINE<br />

MEINUNG<br />

ImGrunde ist direkte Demokratie<br />

ja einesympathische<br />

Idee.Leider wirkt sie<br />

mitunter abschreckend.<br />

Jüngstes Beispiel: Die von<br />

der EU geplanteAbschaffung<br />

der Zeitumstellung. Selbst<br />

wennman unterstellt, die<br />

Obsessionder Deutschen für<br />

das Themawäre den Aufwandwert<br />

–obwohl dieselben<br />

Deutschen ihreJetlags<br />

nachAmerika-oder Südostasien-Reisen<br />

gut überstehen:<br />

Allein, dass eine Onlineumfrage,<br />

die nichtals verbindlich<br />

galt, nun Basis einerso<br />

weitreichenden Veränderung<br />

ist, ist ein Skandal. Übrigens:<br />

In den meistenStaaten<br />

stimmten nur weniger als ein<br />

Prozent der Bevölkerung<br />

überdas Themaab.<br />

Ebenso absurdist, wie naiv<br />

die EU-Kommissiondas baldigeAus<br />

der Umstellung ausrief.Dabei<br />

war absehbar,<br />

dass es kommen musste,wie<br />

es kam: Entweder droht ein<br />

Chaos an neuen Zeitzonen in<br />

der EU –oder es dauert ewig,<br />

bis alle Mitgliedsstaaten sich<br />

abgestimmt haben. Wenn<br />

man schonglaubt,dass sich<br />

die EU mit dieser Maßnahme<br />

beliebt macht,hätte mansich<br />

vorher ein realistisches Bild<br />

überdie Umsetzungmachen<br />

können. Sonst produziert<br />

man Enttäuschung.<br />

FRAU DESTAGES<br />

Mette Frederiksen<br />

Von<br />

Steven<br />

Geyer<br />

Mette Frederiksen (41), Chefin<br />

der dänischen Sozialdemokraten,<br />

hat die Parlamentswahl<br />

gewonnen. Ihre<br />

Partei kam<br />

auf 25,9 Prozent<br />

der<br />

Stimmen,<br />

der von ihnen<br />

angeführte<br />

Rote<br />

Block erreichte<br />

91<br />

der 179 Sitze<br />

im Parlament.<br />

Frederiksens<br />

Regierung dürfte bei<br />

sozialen Themen mit der<br />

Unterstützung der Linksparteien<br />

rechnen können. Bei<br />

Themen wie Einwanderung<br />

wolle sie mit rechten Parteien<br />

zusammenarbeiten, sagte sie.<br />

Foto: Ritzau Scanpix/Imago Images<br />

Foto: Laurent Gillieron/Keystone, Erwin Elsner/dpa, Twitter<br />

CDU-Ministerin löst<br />

neuen Shitstorm aus<br />

Nestlé-Videoclip von JuliaKlöckner empört Internetgemeinde, denn dieKritiker sehen einen Werbeeffekt<br />

Berlin – Mit Anlauf ins Fettnäpfchen:<br />

Bundesagrarministerin<br />

Julia Klöckner<br />

(CDU) hat mit einem kurzen<br />

Video eine Welle der Empörung<br />

inden sozialen Medien<br />

Im Kreuzfeuer der Kritik:<br />

Bundeslandwirtschafts<br />

ministerin Julia<br />

Klöckner (CDU) muss<br />

sich im Internet<br />

heftiger Kritik für<br />

ihren Nestlé-<br />

Videoclip erwehren.<br />

ausgelöst. Es ist nicht der erste<br />

Shitstorm (wie es neudeutsch<br />

heißt) dieser Art.<br />

In einem auf der Twitter-Seite<br />

des Ministeriums hochgeladenen<br />

Video präsentiert sich<br />

Klöckner mit dem Nestlé-<br />

Deutschland-Chef Marc-Aurel<br />

Boersch. Die Ministerin dankt<br />

Nestlé darin für die Unterstützung<br />

bei der Reduzierung von<br />

Keiner will SPD-Papst werden<br />

Den Vorsitz der SPD<br />

nannte Franz Müntefering,<br />

als er im Jahr 2004 selbst<br />

Chef seiner Partei wurde, „das<br />

schönste Amt neben dem<br />

Papst“. Heute will niemand<br />

mehr dieses schönste Amt haben.<br />

Reihenweise haben alle<br />

noch halbwegs prominenten<br />

Spitzenpolitiker der Sozialdemokraten<br />

abgesagt.<br />

Keiner will mehr SPD-Chef<br />

werden. Denn heute geht es<br />

nur noch um das Amt eines<br />

Konkursverwalters.<br />

Als Müntefering vom Parteivorsitz<br />

schwärmte, saß die<br />

Zucker, Salz und Fett „in den<br />

Produkten, die die Bürger gerne<br />

mögen“.<br />

DasVideo brachte Tausende<br />

Twitter-User auf die Palme. Ihr<br />

Vorwurf: ein unkritischer Um-<br />

Spreng-<br />

Stoff<br />

Der Journalist<br />

und Politikberater<br />

Michael H. Spreng<br />

schreibt<br />

jeden Freitag<br />

im KURIER<br />

SPD nochmit 38,5 Prozent im<br />

Bundestag, hatte gerade zwei<br />

Jahre zuvor CDU/CSU-<br />

Kanzlerkandidat Edmund<br />

Stoiber geschlagen. Heute<br />

sind es nur noch 15,8 Prozent.<br />

An einen eigenen Kanzlerkandidaten<br />

braucht die SPD<br />

keine Gedanken mehr zu verschwenden.<br />

Dasskeiner Chef werdenwill,<br />

hat taktische und strategische<br />

Gründe. Taktische, weil sich<br />

kein SPD-Politiker die Wahlniederlagen<br />

in den drei ostdeutschen<br />

Bundesländern ans<br />

Beinklebenwill. In zweiLändern<br />

droht sogar die Einstelligkeit.<br />

Strategische Gründe, weil<br />

sich die SPD in einem unauflösbaren<br />

Dilemma befindet:<br />

Bleibt sie in der GroßenKoalition,<br />

verliert sie weiter, steigt<br />

sie aus und es kommt zu Neuwahlen,<br />

gilt dasselbe. Rückt<br />

sie nach links, verliert sie<br />

noch mehr Wählerinder Mitte<br />

an die Grünen. Und nach<br />

rechts ist schon gar kein Spielraum.<br />

Dann dreht der linke<br />

Flügel endgültig durch.<br />

Weil sich die SPD nicht aus<br />

diesem strategischen Dilemma<br />

befreienkann, brauchtsie<br />

tatsächlich nur noch einen<br />

Konkursverwalter, einen<br />

oder eine, der oder die den<br />

Namen für den endgültigen<br />

Absturzhergibt.Wer will das<br />

schon?

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