AJOURE´ Men Magazin Juli 2019
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AJOURE MEN / PEOPLE<br />
Fotos: Ray Burmiston; AJOURE`Redaktion<br />
Im Laufe des Films wächst diese Gruppe<br />
zusammen, weil sie losgelöst von<br />
der Politik ihre Musik zusammen machen.<br />
Der Cast hat sich ebenfalls aus Hintergründen<br />
zusammengesetzt, die in<br />
politischer Hinsicht eher angespannt<br />
sind. Wir waren Moslems, Juden, Araber,<br />
Christen, aus so vielen verschiedenen<br />
Ländern und Hintergründen, aber<br />
wir sind zu einem echten Ensemble<br />
verwachsen. Wir haben uns nach dem<br />
Dreh nicht über Politik unterhalten,<br />
sondern zusammen Musik gemacht.<br />
Das hat echt Hoffnung gegeben, dass<br />
sich etwas ändern kann. Nicht durch<br />
die Politiker, denn das wird nie passieren,<br />
sondern durch die <strong>Men</strong>schen, die<br />
unter dem Konflikt leiden.<br />
Wie bekommst du Musik, Serie, Film<br />
und Privatleben auf die Reihe? Und<br />
wo machst du deine Abstriche, um<br />
all das zu wuppen?<br />
Das Privatleben kommt am ehesten zu<br />
kurz. Ich schaffe es nur ab und zu, die<br />
Familie zu sehen. Natürlich fehlt mir<br />
das, aber sie verstehen das auch. Mittlerweile<br />
haben wir es alle so akzeptiert,<br />
wie wir sind.<br />
Für alles andere nimmt man sich die<br />
Zeit, in dem Moment, in dem man es<br />
braucht. Auch wenn ich meine Familie<br />
nicht permanent sehe, weiß ich,<br />
dass sie immer da sind.<br />
Du hast eine aufregende Kindheit<br />
hinter dir. In Russland geboren, direkt<br />
danach kamen deine Eltern mit<br />
dir nach Berlin. Mit 12 Jahren bist<br />
du mit deiner Mutter nach Israel gezogen,<br />
wo du aufgewachsen bist, ehe<br />
du 2008 mit 18 Jahren zurück nach<br />
Berlin gekommen bist. Und 2011 ein<br />
Studium in London gestartet… Wie<br />
schwer sind dir diese Veränderungen<br />
als Kind gefallen und was sind die<br />
positiven Aspekte, die man dadurch<br />
mitnimmt?<br />
Ich weiß noch, als mir meine Mutter<br />
das erste Mal gesagt hat, dass ich<br />
in zwei Tagen nicht mehr zur Schule<br />
muss. Zur Info: das war zwei Tage vor<br />
dem Ende der Sommerferien in der<br />
fünften Klasse. Zu Hause habe ich auf<br />
die Landkarte geschaut und überhaupt<br />
erst realisiert, wo Israel liegt.<br />
Natürlich habe ich mich gefragt, warum<br />
wir überhaupt in dieses Land ziehen.<br />
Meine erste Unterrichtsstunde<br />
in Israel war Arabisch auf Hebräisch.<br />
Dann saß ich da als deutsches Kind.<br />
Rothaarig, mit Brille und moppelig.<br />
„Harry Potter from Germany“ wurde<br />
ich genannt.<br />
Im Nachhinein betrachtet hat mich<br />
das extrem stark gemacht. Ich habe<br />
das große Privileg genossen, in verschiedensten<br />
Kulturkreisen aufzuwachen.<br />
Das ist ein riesen Geschenk.<br />
Als Kind und Jugendlicher habe ich<br />
eine sehr gute Beobachtungsgabe entwickelt,<br />
die mir heute als Schauspieler<br />
natürlich extrem hilft. Die Sprachen<br />
spielen auch eine große Rolle. Hebräisch,<br />
Russisch und Englisch helfen mir<br />
beim Spielen und beim Schreiben.<br />
Was muss für dich persönlich passieren,<br />
dass du sagst: Und jetzt habe ich<br />
alles erreicht. Wie glücklich bist du<br />
mit dem, was du tust?<br />
Für mich gibt es das nicht. Es gibt<br />
immer etwas, mit dem man sich weiterbilden<br />
kann. Mich interessieren<br />
gesellschaftsrelevante Themen. Wie<br />
kann sich die Gesellschaft ändern und<br />
wie kann man diese Veränderung mit<br />
Kunst beeinflussen. Den <strong>Men</strong>schen<br />
einen Spiegel vorzuhalten. Theater hat<br />
sich in der griechischen Antike schon<br />
als stärkste sozialkritische Instanz bewährt.<br />
Natürlich geht es im Showbusiness<br />
auch um Unterhaltung, aber halt<br />
nur zum Teil. Als Künstler hat man<br />
eine Verantwortung, wenn man eine<br />
Reichweite hat. Für mich ist es das<br />
größte Glück, <strong>Men</strong>schen um mich herum<br />
zu haben, die ich liebe.<br />
AJOURE MEN MAGAZIN SEITE: 47 | JULI <strong>2019</strong>