Berliner Kurier 12.07.2019
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Foto: Christian Ohde/imago images<br />
Globuli bald<br />
nurnochfür<br />
Selbstzahler?<br />
Gesundheitspolitiker stellen Kassenzuschussfür<br />
homöopathische Mittel auf den Prüfstand<br />
Berlin – Wer in Frankreich<br />
homöopathische Mittel wie<br />
Globuli kauft, muss diese ab<br />
2021 selbst bezahlen. Begründung:<br />
Die Wirksamkeit sei nicht<br />
bewiesen. Und in Deutschland?<br />
„Es gibt keine ausreichenden<br />
wissenschaftlichen Belege für<br />
die Wirksamkeit homöopathischer<br />
Verfahren“, sagte Andreas<br />
Gassen, Chef der Kassenärztlichen<br />
Bundesvereinigung, der<br />
„Rheinischen Post“. „Wer diese<br />
Mittel haben möchte, soll sie<br />
auch bekommen, aber bitte<br />
nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft.“<br />
Der Markt für Homöopathie<br />
ist riesig. Der Umsatz liegt im<br />
höheren dreistelligen Millio-<br />
Wirkung umstritten: Globuli, ein<br />
homöopathisches Arzneimittel.<br />
nenbereich –Tendenz steigend.<br />
Viele Krankenkassen übernehmen<br />
Kosten für Präparate und<br />
Beratung.<br />
Im Bundestag gibt es unter<br />
den Fachpolitikern eine Mehrheit<br />
für das „Frankreich-Modell“:<br />
„Es ist schwer vermittelbar,<br />
dass Kosten für Homöopathie<br />
teilweise übernommen<br />
werden, während an anderer<br />
Stelle gespart werden muss.<br />
Deswegen kann ich mir durchaus<br />
ein Ende der Erstattungsfähigkeit<br />
vorstellen“, sagte der<br />
Vorsitzende des Gesundheitsausschusses,<br />
Erwin Rüddel<br />
(CDU), dem RedaktionsNetzwerk<br />
Deutschland (RND). Auch<br />
Sabine Dittmar (SPD) erklärte<br />
dem RND: „Ich kann die Entscheidung<br />
in Frankreich absolut<br />
nachvollziehen.“ Ihr sei aber<br />
wichtig, dass Naturheilkunde<br />
und Homöopathie nicht in<br />
einen Topf geworfen werden.<br />
Christine Aschenberg-Dugnus<br />
(FDP): „Jeder, der Homöopathie<br />
befürwortet, soll sie auch<br />
weiter erwerben können. Aber<br />
auf Selbstzahlerbasis.“<br />
Linken-Politiker Harald<br />
Weinberg wollte sich nicht festlegen.<br />
Es gebe wichtigere Probleme<br />
im Gesundheitswesen,<br />
sagte Weinberg.<br />
Das Tollhaus der SPD<br />
Der 16. Juli könnte ein historischer<br />
Tag für<br />
Deutschland werden. Zum<br />
ersten Mal hat Deutschland<br />
die Chance, das höchste Amt<br />
der EU, das desKommissionspräsidenten,<br />
zu besetzen. Einzige<br />
Kandidatinist Ursula von<br />
der Leyen, vom europäischen<br />
Rat der Staats- und Regierungschefs<br />
nach den Regeln<br />
des Lissabonner Vertrages<br />
nominiert. Zuletzt besetzte<br />
Deutschland dieses Amt, damals<br />
hieß die EUnoch EWG,<br />
bis 1967 mit Walter Hallstein<br />
–also vor 52 Jahren. Leider<br />
aber nur könnte ... Denn bisher<br />
gibt es noch keine Mehrheit<br />
für von der Leyen im EU-<br />
Parlament. DieAbgeordneten<br />
sind verärgert, dass keiner<br />
ihrer Spitzenkandidaten vorgeschlagen<br />
wurde. Das ist tatsächlich<br />
ärgerlich, aber es<br />
entspricht europäischem<br />
Recht. Ausgerechnet die SPD<br />
mit ihren gerade noch 16 Abgeordneten<br />
will gegen die<br />
CDU-Politikerin stimmen.<br />
Ein Stück aus dem Tollhaus.<br />
Denn die SPD regiert in Berlin<br />
mit derCDU/CSU. Sie ist dem<br />
Geist der Zusammenarbeit in<br />
der großen Koalition verpflichtet.<br />
Es darf nicht mehr<br />
Thilo Sarrazinbei der Vorstellung seines<br />
jüngsten Buches 2018 in Berlin.<br />
SPD-Gericht: Sarrazin<br />
fliegt aus der Partei<br />
Berlin –Der frühere <strong>Berliner</strong><br />
Finanzsenator Thilo Sarrazin<br />
hat der SPD nach Einschätzung<br />
Entscheidung. Das sei „klar rassistisch“.<br />
Ein Parteiausschluss sei auch<br />
des für sein Ausschlussverfahren<br />
nicht unverhältnismäßig, so<br />
zuständigen Parteigerichts<br />
„schweren Schaden“ zugefügt.<br />
Er habe mit seinen islamkritischen<br />
Thesen „erheblich gegen<br />
die Grundsätze der Partei verstoßen“,<br />
heißt es in der Urteilsbegründung.<br />
das Gericht. Sarrazin – seit<br />
45 Jahren in der SPD –habe in<br />
dem Verfahren nicht überzeugend<br />
darlegen können, warum<br />
er die Sozialdemokratie auch<br />
heute noch als politische Hei-<br />
„Gegen ihn ist mat ansehe.<br />
deshalb auf Ausschluss aus der Gegen die am Donnerstag bekannt<br />
SPD zu erkennen.“<br />
gewordene Entschei-<br />
Sarrazin, der mehrere Bücher<br />
veröffentlichte, beschreibe<br />
dung des Parteigerichts im <strong>Berliner</strong><br />
SPD-Kreisverband Char-<br />
in Deutschland lebende lottenburg-Wilmersdorf für<br />
Muslime als„weniger wertvoll“<br />
und „gefährlich“, heißt es in der<br />
einen Ausschluss will Sarrazin<br />
in Berufung gehen.<br />
um Parteiengezänk gehen,<br />
sondern es gehtumdie nationalen<br />
Interessen, darum, was<br />
gut für Deutschland ist.<br />
Sollten die SPD-Abgeordneten<br />
bei ihrem Nein bleiben<br />
undsollte die Wahl der ersten<br />
deutschen Kommissionspräsidentin<br />
an 16 deutschen Sozialdemokraten<br />
scheitern,<br />
dann wäre dies ein beispielloser<br />
Vorgang. Die CDU/CSU<br />
könnte, um ihre Selbstachtung<br />
zu bewahren, nur eine<br />
Antwort geben: die Aufkündigung<br />
der großen Koalition.<br />
Besser eine Minderheitsregierung<br />
oder nach Neuwahlen<br />
Spreng-<br />
Stoff<br />
Der Journalist<br />
und Politik-Berater<br />
Michael H. Spreng<br />
schreibt<br />
jeden Freitag<br />
im KURIER.<br />
Schwarz-Grün, Grün-<br />
Schwarz oder Jamaika als die<br />
weitere Zusammenarbeit mit<br />
einem in jeder Hinsicht unzuverlässigen<br />
Partner. Die SPD,<br />
ohnehin im Tiefflug, spielt mit<br />
dem Feuer, das sie am Ende<br />
ganz verzehren könnte.<br />
Foto: Kay Nietfeld/dpa<br />
Steve Parsons/PAWire/dpa<br />
Foto: Xinhua/dpa<br />
SEITE3<br />
BERLINER KURIER, Freitag, 12. Juli 2019<br />
NACHRICHTEN<br />
Neuer Vorfall im Golf<br />
London – Weiterhin Spannungen<br />
im Golf: Laut britischer<br />
Regierung versuchten<br />
drei iranische Boote, einen<br />
britischen Tanker an der<br />
Durchfahrt durch dieMeerenge<br />
der Straße von Hormus<br />
zu hindern.Die britische Fregatte<br />
„HMS Montrose“ brachte<br />
die Iraner zum Abdrehen.<br />
Teheran leugnet denVorfall.<br />
Identitärerechtsextrem<br />
Berlin –Das Bundesamt für<br />
Verfassungsschutz hat in seiner<br />
Bewertung die sogenannte<br />
Identitäre Bewegung als<br />
„gesichert rechtsextremistische<br />
Bestrebung“ hochgestuft.<br />
Die Beobachtung habe<br />
ergeben, dass das „Verdachtsstadium“<br />
überschritten<br />
ist, so das Bundesamt.<br />
Mehr Rüstungsexporte<br />
Berlin – Die Bundesregierung<br />
hat im ersten Halbjahr 2019<br />
Rüstungsexporte im Wert von<br />
5,3 Milliarden Euro genehmigt<br />
–und damit schon mehr als<br />
im Gesamtjahr 2018. Das ergibt<br />
die Antwort desBundeswirtschaftsministeriums<br />
auf<br />
eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten<br />
OmidNouripour.<br />
Flyer gegen vonder Leyen<br />
Brüssel –UmUrsula von der<br />
Leyen als EU-Kommissionschefin<br />
zu verhindern, greifen<br />
dieSPD-Abgeordnetenin<br />
Brüssel jetzt zu härterenMitteln.<br />
In einem Papier wird von<br />
Beraterskandal bis „Gorch<br />
Fock“ alles Schlechteaufgeführt,<br />
was über die CDU-Politikerin<br />
gesagt werden kann.<br />
Fiskus gegenReichsbürger<br />
Berlin – Die Finanzämter<br />
gehen laut Deutscher Steuer-<br />
Gewerkschaft (DSTG) viel<br />
härter gegen „Reichsbürger“<br />
vor als früher. „Das ist eine<br />
hochideologische, sehr aggressive<br />
und gewaltbereite<br />
Klientel“, sagte DSTG-Chef<br />
Thomas Eigenthaler dem<br />
RedaktionsNetzwerk<br />
Deutschland.