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Berliner Zeitung 18.07.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 164 · D onnerstag, 18. Juli 2019 15 *<br />

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Berlin<br />

Berlin hat<br />

31 000 neue<br />

Einwohner<br />

Bundesamt für Statistik legt<br />

Wanderungszahlen vor<br />

Am Brandort<br />

ist es noch<br />

zu heiß<br />

1000 Grad Celsius beim<br />

Feuer in Grünau<br />

VonStefan Strauß<br />

Betrachtet man allein die innerdeutschen<br />

Bevölkerungswanderung,<br />

dann sind aus Berlin im vergangenen<br />

Jahr mehr Menschen fortgezogen<br />

als neue Bewohner hinzugekommen<br />

sind. Sieht man nur<br />

diesen Ausschnitt, dann lebten Ende<br />

2018 etwa 8000 Menschen weniger<br />

in Berlin als im Jahr 2017. Das geht<br />

aus den jüngsten Daten des Bundesamtes<br />

für Statistik für das Jahr 2018<br />

hervor.<br />

Nichtsdestotrotz hat Berlin aber<br />

an Bevölkerung zugelegt. Der<br />

Grund: Viele Menschen sind im vergangenen<br />

Jahr aus dem Ausland<br />

nach Berlin gezogen. Etwa<br />

109 000 Ausländer kamen nach Berlin,<br />

dazu zählen Flüchtlinge, EU-<br />

Bürger und Arbeitnehmer aus der<br />

ganzen Welt. Hingegen sind etwa<br />

71 000 Menschen von Berlin aus ins<br />

Ausland gegangen. In der Gesamtbilanz<br />

ist die Bevölkerung Berlins im<br />

Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr<br />

um etwa 31 000 Menschen gewachsen.<br />

Ende vergangenen Jahres lebten<br />

3,6 Millionen Menschen in der Stadt.<br />

Das sind etwa 100 000 Menschen<br />

mehr als vorzweiJahren.<br />

Auch Abwanderung aufs Land<br />

Martin Axnick, Referent für Bevölkerungsstatistiken<br />

im <strong>Berliner</strong> Landesamt<br />

für Statistik, sieht zwei<br />

Gründe für das langsamere Anwachsen<br />

der <strong>Berliner</strong> Bevölkerung:<br />

„Zum einen hat der Zuzug aus dem<br />

Ausland nachgelassen, zum anderen<br />

ziehen immer mehr <strong>Berliner</strong><br />

nach Brandenburg.“<br />

Im Jahr 2018 sind nach Angaben<br />

des Bundesamts für Statistik etwa<br />

33 000 <strong>Berliner</strong> ins Märkische gezogen<br />

sind. Dieeinstigen Hauptstädter<br />

bilden damit die größte Gruppe der<br />

Zuzügler in Brandenburg.<br />

Für umzugswillige <strong>Berliner</strong> ist<br />

längst nicht mehr nur das direkte<br />

Umland als neuer Wohnortattraktiv,<br />

auch weiter entfernt liegende Städte<br />

in Brandenburgwie Eberswalde und<br />

Neuruppin stehen auf der Wunschliste<br />

von Großstädtern. In den Brandenburger<br />

Städten außerhalb des<br />

Speckgürtels sehen Politiker noch<br />

genügend Potenzial, damit diese<br />

Ortschaften mit den Zuzüglern aus<br />

Berlin wachsen. Sie brauchen dafür<br />

aber eine bessere Infrastruktur, vor<br />

allem bessere Internet- und Zugverbindungen<br />

sowie kürzere Planungszeiten.<br />

Das haben Brandenburger<br />

Bürgermeister auf dem jüngsten<br />

Städteforum im März2019 gefordert.<br />

Dem vom Hype auf Berlin will auch<br />

die Provinz profitieren.<br />

In der Gesamtbilanz aller Zu-und<br />

Fortzüge für das Jahr 2018 leben laut<br />

Statistischem Bundesamt derzeit<br />

etwa 15 000 Menschen mehr in<br />

Brandenburg als im Vorjahr. Das<br />

Bundesland liegt damit an erster<br />

Stelle im Vergleich der innerdeutschen<br />

Wanderungsbewegung aller<br />

Bundesländern: Auf Platz zwei folgt<br />

Bayern, wo nun 9000 Menschen<br />

mehr leben, und Schleswig-Holstein,<br />

das einen Zuwachs von 8000<br />

Menschen verzeichnen konnte,<br />

dank der vielen Hamburger,die nach<br />

Schleswig-Holstein gezogen sind.<br />

Der Traum vom Eigenheim: Viele <strong>Berliner</strong><br />

erfüllen ihn sich im Umland.<br />

IMAGO<br />

Ismail R. beim Prozessauftakt im Mai vergangenen Jahres. Der Angeklagte wurde am Mittwoch freigesprochen.<br />

Guter Start für Müllers<br />

Anti-Hartz-IV-Projekt<br />

Großes Interesse an solidarischem Grundeinkommen<br />

Das <strong>Berliner</strong> Modellprojekt zum<br />

solidarischen Grundeinkommen<br />

(SGE) stößt nach Angaben des<br />

Senats auf positive Resonanz bei öffentlichen<br />

und gemeinnützigen Arbeitgebern.<br />

Unmittelbar nach dem<br />

Startdes entsprechendenVerfahrens<br />

am Mittwoch hätten sich bereits<br />

60 Arbeitgeber gemeldet, teilte eine<br />

Sprecherin der Senatsarbeitsverwaltung<br />

mit. „Sie haben innerhalb von<br />

einer Minute 600 Stellen angeboten.<br />

DasInteresse ist riesig.“<br />

Im Rahmen des bundesweit einmaligen<br />

Modellprojekts, das Alternativen<br />

zu HartzIVaufzeigen soll, finanziert<br />

der Staat rund 1000 Arbeitslosen<br />

sozialversicherungspflichtige<br />

Jobs im gemeinnützigen<br />

Bereich bei Landesunternehmen, in<br />

der Verwaltung oder bei sozialen<br />

Trägern, die Tarif- beziehungsweise<br />

Landes-Mindestlohn bezahlen. Die<br />

Teilnehmer arbeiten zum Beispiel<br />

als Mobilitätsbegleiter oder Hausmeister,<br />

helfen Obdachlosen oder<br />

übernehmen unterstützende Tätigkeiten<br />

in Schulen, Kitas und Pflegeeinrichtungen<br />

– mit Aussicht auf<br />

eine dauerhafte Beschäftigung. Der<br />

von Regierungschef Michael Müller<br />

(SPD) angestoßene Modellversuch<br />

Tumult nach Freispruch<br />

Zum Ende eines Mordprozesses beschimpft der Vater des Angeklagten –ein Clan-Boss –den Staatsanwalt<br />

Mehr als zwei Jahre<br />

nach einem tödlichen<br />

Angriff auf einen<br />

43 Jahre alten<br />

Mann in Britz ist der Angeklagte am<br />

Mittwoch vomVorwurf des Mordes<br />

freigesprochen worden. Bei dem<br />

Angeklagten handelt es sich um<br />

den zur Tatzeit 18 Jahrealten Ismail<br />

R. aus einer polizeibekannten arabischen<br />

Großfamilie. Ein Tatnachweis<br />

habe sich nicht führen lassen,<br />

begründete das Landgericht am<br />

Mittwoch die Entscheidung. Nach<br />

Verkündung des Freispruchs kam<br />

es zu einem Tumult im Gerichtssaal.<br />

Der als Chef des Clans geltende<br />

Vater des Angeklagten, Issa<br />

R., beschimpfte den Staatsanwalt<br />

lautstark –weil sein heute 21 Jahre<br />

alter Sohn seit Oktober 2017 unschuldig<br />

in Untersuchungshaft gesessen<br />

habe.Issa R. ließ den Staatsanwalt<br />

wissen: „Ich kenne Sie!“<br />

Schließlich drängten Angehörige<br />

und Justizwachtmeister den Mann<br />

auf den Flur. Oberstaatsanwalt<br />

Ralph Knispel reagierte darauf demonstrativ<br />

gelassen. „Das gehört zu<br />

läuft zunächst fünf Jahre. Ziel wirdes<br />

unter anderem, möglichst viele SGE-<br />

Teilnehmer anschließend mit einer<br />

Festanstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt<br />

zu versorgen.<br />

Wie die Sprecherin weiter erläuterte,<br />

entscheidet die Senatsarbeitsverwaltung<br />

zunächst über die Förderfähigkeit<br />

der eingegangenen Stellenangebote.<br />

Anschließend sucht<br />

die Arbeitsagentur für diese Stellen<br />

interessierte Arbeitslose aus,die zwischen<br />

einem und drei Jahren ohne<br />

Job sind. Über ihre Einstellung entscheidet<br />

dann allein der Arbeitgeber.<br />

Das SGE ist eines der wichtigsten<br />

sozialpolitischen Projekte Michael<br />

Müllers in dieser Legislaturperiode.<br />

Dasauch vomDeutschen Institut für<br />

Wirtschaftsforschung propagierte<br />

Modell ist für Müller vorallem in seiner<br />

Funktion als Landesvorsitzender<br />

der SPD vongroßer Bedeutung. Müller<br />

sieht das SGE als Bestandteil einer<br />

Strategie seiner Partei, vom Hartz-<br />

IV-System abzurücken.<br />

Schwierigkeiten hatten es anfangs<br />

mit der Agentur für Arbeit gegeben.<br />

Diese fördert seit Anfang des<br />

Jahres im Rahmen des Teilhabechancengesetzes<br />

der Bundesregierung<br />

Langzeitarbeitslose. (dpa/elm.)<br />

unserem Berufsalltag“, sagte Knispel<br />

dem Rundfunk Berlin-Brandenburg.<br />

Der Staatsanwalt, der achteinhalb<br />

Jahre Jugendstrafe wegen Totschlags<br />

gefordert hatte, kündigte<br />

Rechtsmittel an. DieAnklage war davonausgegangen,<br />

dass der Täter sein<br />

Opfer aufgelauert hat, nachdem<br />

seine zwei Kinder zur Schule gebracht<br />

hatte.Nach den Ermittlungen<br />

der Polizei wurde dem Opfer ein<br />

Baseballschläger mit „ungeheuerer<br />

Brutalität“ vorallem auf den Kopf geschlagen.<br />

Der aus einer ebenfalls<br />

arabischen Großfamilie stammende<br />

Mann starb,trotz der Reanimationsversuche<br />

eines Notarztes, vor seinem<br />

Wohnhaus am Neumarktplan.<br />

Hintergründe des Mordes sollen<br />

laut Polizei ein nicht zurückgezahlter<br />

Kredit sowie Immobiliengeschäfte<br />

gewesen sein. Ismail R. wurde fünf<br />

„Mangels geeigneter Beweismittel<br />

war es nicht möglich,<br />

das Verbrechen aufzuklären.“<br />

Das Landgericht bei der Verkündung des Urteils<br />

Monate später in Kreuzberg festgenommen.<br />

Er war in einem Auto unterwegs,<br />

als ihn Zielfahnder und Beamte<br />

eines Mobilen Einsatzkommandos<br />

festnahmen.<br />

Die Tötung des 43-Jährigen sei<br />

eine brutale und menschenverachtende<br />

Tat, hieß es im Urteil. In dem<br />

14-monatigen Prozess sei es aber<br />

mangels geeigneter Beweise nicht<br />

PRESSEFOTO WAGNER<br />

möglich gewesen, dasVerbrechen im<br />

Einzelnen aufzuklären. Wesentliches<br />

Indiz sei eine minimale DNA-Mischspur<br />

gewesen, die an der Hosentasche<br />

des Opfers sichergestellt wurde.<br />

Zeugen hätten geschildert, dass die<br />

Täter Handschuhe trugen. Die Spur<br />

könnte durch eine Übertragung an<br />

die Tasche gekommen sein.<br />

Die Staatsanwaltschaft geht von<br />

mehreren Mittäternaus.Wie weit die<br />

Ermittlungen gegen sie reichen,<br />

blieb bei dem Verfahren unklar. Die<br />

Richter sahen zwar bei der Urteilsverkündung<br />

einige Hinweise auf die<br />

Familie des 21-Jährigen, nicht aber<br />

auf ihn selbst. Für die Untersuchungshaft<br />

sei der Angeklagte zu<br />

entschädigten, so das Gericht.<br />

Der Prozess gegen den Angeklagten<br />

hat im vergangenen Mai begonnen.<br />

Ein Urteil war bereits für den<br />

Herbst desselben Jahres erwartet<br />

worden. Doch der Prozess zog sich<br />

hin. Die Jugendkammer wurde über<br />

Monate mit Problemen konfrontiert,<br />

die bei Verfahren im Bereich der organisierten<br />

Kriminalität ständig auftreten,<br />

so Prozessbeobachter. (BLZ)<br />

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Die Suche nach der Ursache für<br />

die abgebrannte Ruine des Gesellschaftshauses<br />

in Grünau verzögert<br />

sich. Denn am Brandort ist es<br />

noch zu heiß. Dort seien laut Feuerwehr<br />

bis zu 1000 Grad Celsius entstanden.<br />

Die Temperaturen seien<br />

noch nicht so tief gesunken, dass die<br />

Kriminaltechniker die Ruine betreten<br />

können. Erst am heutigen Donnerstag<br />

werdedas möglich sein, sagten<br />

Ermittler am Mittwoch.<br />

Auch für die Hunde,die Brandbeschleuniger<br />

erschnüffeln können<br />

und in solchen Fällen eingesetzt<br />

werden, ist es noch zu heiß an den<br />

Pfoten. Vonaußen sei die Ruine jedoch<br />

schon inspiziert worden, hieß<br />

es. Über die Art der sichergestellten<br />

Spuren äußerte sich die Polizei nicht.<br />

Indes wird weiterhin gegen die<br />

beiden 20 Jahrealten Männer ermittelt,<br />

die während der Löscharbeiten<br />

festgenommen worden waren. Sie<br />

waren Polizisten aufgefallen, weil<br />

sie,wie berichtet, als einzige Zeugen<br />

am Brandortsaßen. Siestehen unter<br />

Verdacht, das Feuer gelegt zu haben.<br />

Gestanden haben sie noch nicht.<br />

Bislang schweigen sie zu den Vorwürfen.<br />

Wegen ihres festen Wohnsitzes<br />

blieb ihnen die Untersuchungshaft<br />

bislang erspart. Einer der Männer<br />

wohnt in Köpenick.<br />

Das Feuer im Gesellschaftshaus<br />

war am frühen Dienstagmorgen ausgebrochen.<br />

14 Stunden brauchten<br />

fast 100 Feuerwehrleute, um die<br />

Flammen zu löschen. Während der<br />

Löscharbeiten stürzte die Decke ein.<br />

Jetzt stehen nur noch Teile der Fassade.<br />

Feuerwehrleute hatten den<br />

Brand auf dem abgesperrten Gelände<br />

entdeckt, als sie zu sechs brennenden<br />

Containern inder Nähe gerufen<br />

worden waren. Auch diese<br />

Feuer könnten möglicherweise von<br />

den beiden Tatverdächtigen gelegt<br />

worden sein. „Wir prüfen das“, sagte<br />

ein Ermittler.<br />

DasGelände gehörtdem Investor<br />

Terragon. Das Unternehmen plant<br />

eine Seniorenresidenz mit 208 Wohnungen<br />

auf 15 000 Quadratmetern<br />

Wohnfläche.<br />

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