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WAHL SPEZIAL 9<br />
aufder Suche nach Antworten<br />
Unzufriedenheit mit den einst etablierten<br />
Parteien motiviert waren,<br />
wäre es ein Fehler, die Ergebnisse<br />
vom 1. September unter dem<br />
Stichwort Protest zu verbuchen.<br />
Für große Teile der Wählerschaft<br />
scheinteine spätere Rückkehr zum<br />
gewohnten Abstimmungsverhalten<br />
ausgeschlossen. Längst hat sich<br />
eine gesellschaftliche Stimmung<br />
etabliert, in der schlecht gelauntes<br />
Dagegensein und das Bedürfnis<br />
nach fundamentaler Abwehr als<br />
programmatische Kernaussage genügen.<br />
Beim Versuch, dieWahlergebnisse<br />
im Osten zu analysieren, sitzt<br />
man bereits in der Falle, wenn man<br />
nicht gewillt ist, die Resultate im<br />
Licht lokaler Unterschiede ausfindig<br />
zu machen. Als erste Erkenntnis<br />
dieser Wahl sollte dringend<br />
festgehalten werden, dass die bloße<br />
Skepsis gegenüber einer Himmelsrichtung<br />
nicht längerzur Beschreibung<br />
politischer Verhältnisse<br />
taugt. Schon das Land Brandenburg<br />
erweistsich mit Blick auf seine<br />
etwa zwei Millionen Wahlberechtigten<br />
als äußerst heterogener<br />
politischer Raum. So konnte SPD-<br />
Ministerpräsident Dietmar Woidke<br />
seinen Machterhalt in letzter<br />
Sekunde auf eine hinreichend stabile<br />
Basis in West- und Nordbrandenburg<br />
stützen, wo anhaltendgute<br />
Zahlen für den Kulturtourismus<br />
wirtschaftliche Prosperität verheißen.<br />
Wahr ist aber wohl auch,dass<br />
die soziologische Unterscheidung<br />
von strukturschwachen Regionen<br />
und blühenden Landschaften innerhalb<br />
des kleinen Bundeslandes<br />
keine verlässliche Erklärung des<br />
Gesamtergebnisses abgibt.<br />
Schonein flüchtigerBlick dortwo<br />
zum Beispiel über die<br />
hin,<br />
dringend gebotene Veränderung<br />
des Verkehrsflusses<br />
in einer vielbefahrenenStra-<br />
ße<br />
im Ortsinneren entschie-<br />
den<br />
werden muss, würde ergedass<br />
politische Prozesseoft<br />
ben,<br />
quälend langsamverlaufen, weil<br />
es an politischer Durchsetzungs-<br />
und finanziellen Mög-<br />
fähigkeit<br />
lichkeitenmangelt. Ländliche<br />
Strukturmaßnahmen fußten<br />
in den zurückliegenden<br />
Jahrzehntenauf einem<br />
oft verwirrend komplexen<br />
Zusammenspiel zwischenlo-<br />
Bedürfnissen, landes-<br />
kalen<br />
politischen Bekenntnissenund<br />
der Förderung durch die EU.<br />
Vor diesem Hintergrund ist es<br />
besonders absurd, dass gerade<br />
die AfD mit ihrer rabiaten EU-<br />
Feindlichkeit zu punkten vermag.<br />
Eine entscheidende Rolle bei<br />
der wachsenden politischenEntfremdung<br />
spieltnicht zuletzt der<br />
Ansehensverlust des lokalpolitischen<br />
Engagements. Wenn nach<br />
der Wahl dieElefantenrunden in<br />
den TV-Studios tagen, kommt<br />
der Bürgermeister, der sich vergeblich<br />
für den Bau eines Fußballplatzes<br />
mit Kunstrasen eingesetzt<br />
hat,nicht mehrzuWort.<br />
In seinem Ortsparlament hat er<br />
unterdessen mit taktischen AnträgenderNeuparteienzukämpfen,<br />
die oft vor allem darauf aus<br />
sind, ihre Blockademacht zur<br />
Geltungzubringen.ImNebenbei<br />
des großen sozialen Strukturwandels,<br />
dem die Gemeinschaftsvorstellungen<br />
ganzer Regionen<br />
zum Opfer gefallen sind,<br />
ist auch die Praxis des Aushandelns<br />
und Weitermachens erodiert.<br />
Die AfD scheint anhaltend<br />
davon zu profitieren, indem sie<br />
Verlustängste bedient, ohne sie<br />
letztlich bearbeitenzuwollen.<br />
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Fotos: Markus Wächter,dpa<br />
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