Berliner Kurier 10.09.2019
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RECHT<br />
NACHRICHTEN<br />
Identität bleibt geheim<br />
Die wichtigsten<br />
SEITE17<br />
Urteile der Woche BERLINER KURIER, Dienstag, 10. September 2019<br />
Rechtliche Beratung hat<br />
ihren Preis: Wie hoch<br />
das Anwaltshonorar ist,<br />
richtet sich nach dem Fall.<br />
Der Unterkunftsvermittler<br />
Airbnb ist nicht verpflichtet,<br />
der Stadt München generell<br />
und flächendeckend<br />
die Identität der Gastgeber<br />
preiszugeben, damit diese<br />
feststellen kann, ob eine<br />
Wohnraumzweckentfremdung<br />
durch Überschreitung<br />
der Höchstvermietungsdauer<br />
vorliegt. Ein Auskunftsanspruch<br />
besteht<br />
nur, wenn ein konkreter<br />
und objektbezogener Verdacht<br />
auf Zweckentfremdung<br />
vorliegt. Arag-Experten<br />
verweisen auf einen<br />
entsprechenden Beschluss<br />
des bayerischen Verwaltungsgerichtshof<br />
in München<br />
(Az.: 12 ZB 19.333).<br />
„Fräulein“ ist erlaubt<br />
Unhöflich –aber nicht<br />
grundsätzlich verboten: Ein<br />
Vermieter-Ehepaar darf auf<br />
seinen handschriftlichen<br />
Aushängen im Treppenhaus<br />
eine Mieterin „Fräulein“<br />
nennen. Das Amtsgericht<br />
Frankfurt am Main<br />
wies eine entsprechende<br />
Unterlassungsklage einer<br />
Frau ab. Das Verhalten des<br />
92 Jahre alten Mannes und<br />
seiner 89 Jahre alten Frau<br />
verletze weder die Ehre<br />
noch das Persönlichkeitsrecht<br />
der Klägerin, heißt es<br />
in der Begründung (Az.: 29<br />
C1220/19 (46)).<br />
Betreuungsunterhalt<br />
Geht eine nichteheliche<br />
Mutter eine neue Partnerschaft<br />
ein, verliert sie deswegen<br />
nicht den Anspruch<br />
auf Betreuungsunterhalt.<br />
Sie wird vom Gesetz anders<br />
behandelt als die eheliche<br />
Mutter. Das geht aus einem<br />
Urteil des Oberlandesgerichts<br />
Frankfurt /Main hervor<br />
(Az.: 2UF273/17).<br />
Fragen?<br />
Wünsche?<br />
Tipps?<br />
Tel. 030/63 33 11-456<br />
(Mo.–Fr. 10–15 Uhr)<br />
E-Mail: berlin.service@dumont.de<br />
Foto: dpa Foto: dpa<br />
Foto: dpa<br />
Recht bekommen<br />
hat seinen Preis<br />
Anwalt einschalten, Klage erheben: Rechtsstreitigkeiten sind teurer geworden. Doch der Staat hilft<br />
Die Vorfreude auf den Urlaub<br />
war groß. Doch am Ziel<br />
angekommen, folgte die Ernüchterung:<br />
Das Hotel lag<br />
anders als vom Reiseanbieter<br />
beworben nicht in einer<br />
ruhigen Gegend, sondern an<br />
einer stark befahrenen Straße.<br />
Als die Urlauber nach ihrer<br />
Rückkehr einen Teil des<br />
Reisepreises zurückfordern,<br />
stellt sich der Anbieter stur.<br />
Einen Anwalt hinzuziehen<br />
und klagen? Betroffene fragen<br />
sich, wie teuer das wird -<br />
und welche Lösungen es gibt.<br />
Anwaltshonorare und Gerichtsgebühren<br />
sind zuletzt<br />
deutlich gestiegen. Darauf<br />
weist Thomas Lämmrich hin,<br />
Rechtsschutzexperte beim Gesamtverband<br />
der Deutschen<br />
Versicherungswirtschaft<br />
(GDV) in Berlin. Ihm zufolge<br />
haben sich die durchschnittlichen<br />
Ausgaben für Anwälte<br />
und Gerichte von 2012 bis 2016<br />
Kosten bei Gericht<br />
um 19 Prozent erhöht. Basis der<br />
Berechnungen waren rund 1,4<br />
Millionen Streitfälle pro Jahr<br />
in der Rechtsschutzversicherung.<br />
Die Kosten orientieren sich<br />
am Streitwert. Angenommen,<br />
eine Reise hat einen Streitwert<br />
von 2400 Euro. Wer im Jahr<br />
2018 wegen Mängeln am Urlaubsort<br />
Klage erhoben hat,<br />
muss laut GDV im Fall einer<br />
Niederlage vor Gericht mit<br />
Kosten von 1747 Euro rechnen<br />
-„das ist ein Kostenanstieg von<br />
25 Prozent im Vergleich zu einem<br />
vergleichbaren Streitfall<br />
aus dem Jahr 2012“, sagt<br />
Lämmrich.<br />
Der Grund: „Im Jahr 2013<br />
kam es zur ersten Anpassung<br />
der Rechtsanwaltsvergütung<br />
und Gerichtskosten nach mehr<br />
als neun Jahren“, sagt Herbert<br />
Peter Schons, Vizepräsident<br />
des Deutschen Anwaltvereins.<br />
Zuvor war die gesetzliche<br />
Rechtsanwaltsvergütung seit<br />
2004 unverändert geblieben.<br />
Die Kosten sollen kalkulierbar<br />
sein. Im Arbeitsrecht etwa<br />
hat der Gesetzgeber in der ersten<br />
Instanz das Risiko begrenzt,<br />
erklärt Schons: Unabhängig<br />
vom Ausgang des Verfahrens<br />
trägt jede Partei ihre<br />
eigenen Kosten -also auch der<br />
Arbeitgeber, falls er Recht bekommen<br />
sollte.<br />
Egal, um welche Streitigkeiten<br />
es geht: Niemand muss aus<br />
Angst vor hohen Kosten darauf<br />
verzichten, sein Recht durchzusetzen.<br />
Einkommensschwache<br />
können Beratungs- und<br />
Prozesskostenhilfe in Anspruch<br />
nehmen. „Beides kann<br />
man beim zuständigen Amtsgericht<br />
am Wohnort beantragen“,<br />
sagt Philipp Opfermann von<br />
der Verbraucherzentrale NRW<br />
in Düsseldorf.<br />
Wird der Antrag bewilligt,<br />
können Betroffene einen Anwalt<br />
ihres Vertrauens beauftragen.<br />
Die Kosten übernimmt der<br />
Staat. Teilweise bieten auch<br />
Verbraucherzentralen Rechtsberatung<br />
an.<br />
Mit einer Rechtsschutzversicherung<br />
kann man sich schon<br />
im Vorhinein wappnen. „Auch<br />
vermeintlich kleine Streitigkeiten<br />
können im Fall einer Klage<br />
sehr teuer werden“, warnt Opfermann.<br />
Die Rechtsschutzversicherung<br />
zahlt neben den Gerichtsgebühren<br />
auch die Gebühren<br />
für den eigenen und<br />
den gegnerischen Anwalt,<br />
wenn der Versicherungsnehmer<br />
im Prozess unterliegt.<br />
Ob ein Abschluss sinnvoll ist,<br />
hängt aber davon ab, wie hoch<br />
man das Risiko einschätzt, in<br />
einem bestimmten Bereich in<br />
einen Rechtsstreit verwickelt<br />
zu werden. Lohnenswert kann<br />
etwa ein Verkehrs-, ein Arbeits-,<br />
ein Vertrags- oder ein<br />
Wohnungs- und Grundstücks-<br />
Rechtsschutz sein, so Lämmrich.<br />
Sabine Meuter, dpa