Berliner Kurier 11.09.2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
SPORT<br />
Eisern!<br />
JogiLöw<br />
undein Traum<br />
Lorem ipsum dolor<br />
sit amet,consectetur<br />
adipisici elit,<br />
in<br />
sed eiusmod<br />
Rotund<br />
tempor<br />
incidunt ut laboreetdoloremagna<br />
aliqua. Ut<br />
enim ad minim veniam,<br />
quis<br />
Weiß<br />
Unions RobertAndrich<br />
(l.) sieht genau, wovor<br />
Dortmunds Marco Reus<br />
die Augen verschließt.<br />
Fußball-Deutschland könnte sich mit Blick in die Alte Försterei an neue Namen im Auswahldressgewöhnen<br />
E<br />
in klein wenig<br />
durchgeatmet<br />
haben sie alle in<br />
Köpenick. Das<br />
war für die meisten<br />
notwendig<br />
nach den turbulenten Tagen<br />
mit dem Start in die historische<br />
erste Bundesligasaison<br />
und vor allem nach dem grandiosen<br />
3:1 gegen Borussia<br />
Dortmund.<br />
Im großen Fußball, und dort<br />
sind die Eisernen ja nun angekommen,<br />
hat es mit den beiden<br />
EM-Qualifikationsspielen<br />
der deutschen Mannschaft<br />
gegen die Niederlande<br />
und in Nordirland Anschauungsunterricht<br />
auf höchster<br />
Ebene gegeben. Inzwischen<br />
können und dürfen die Männer<br />
aus der Alten Försterei<br />
mit etwas anderen Augen auf<br />
die Elf von Bundestrainer Jogi<br />
Löw schauen. Gegen die Leipziger<br />
Timo Werner, Marcel<br />
Halstenberg und Lukas Klostermann<br />
haben sie selbst gerade<br />
gespielt, gegen die Dortmunder<br />
Marco Reus und Julian<br />
Brandt auch.<br />
Das DFB-Team ist nicht<br />
mehr eine völlig andere Welt,<br />
es sind dieselben Spieler, mit<br />
denen sich die Rot-Weißen<br />
Fotos: dpa, City-Press<br />
auf Augenhöhe treffen, gegen<br />
die sie Zweikämpfe bestreiten<br />
und dabei den einen oder anderen<br />
gewinnen. Mag mancher<br />
Gegenspieler gefühlt<br />
noch immer aus einer anderen<br />
Galaxis stammen, trotzdem<br />
sind es allesandere als Begegnungen<br />
der dritten Art. Es ist<br />
noch immer neu, wunderschön,<br />
hochinteressant und<br />
ein absoluter Traum, aber es<br />
ist –vielen wird das Wort weiterhin<br />
schwer über die Lippen<br />
kommen –Alltag. Es ist, ganz<br />
schnöde ausgedrückt, Tagesgeschäft.<br />
Damit hat, zugegeben, vor<br />
einem halben Jahr sicherlich<br />
KevenSchlotterbeck springt<br />
höher als Leipzigs Timo Werner.<br />
schon mancher geliebäugelt,<br />
aber die meisten haben, ehrlich,<br />
damit nicht ernsthaft gerechnet.<br />
Und doch ist es so,<br />
dass sich Fußball-Deutschland<br />
an neue Namen gewöhnen<br />
muss. An Rafal Gikiewicz,<br />
Christopher Trimmel, Sebastian<br />
Andersson und Sheraldo<br />
Becker sowieso, aber auch an<br />
Christopher Lenz, an Marvin<br />
Friedrich und nicht minder an<br />
Marius Bülter.<br />
Nun mag mancher, vor allem<br />
wenn er eingefleischter<br />
Fan der<br />
Köpenicker<br />
ist und den<br />
Triumph gegen<br />
den BVB<br />
noch immer vor Augen hat,<br />
beim Blick auf Jogis Jungs<br />
und bei einigen Aktionen, die<br />
vor allem beim 2:4 gegen<br />
Oranje ziemlich holprig daherkamen,<br />
gedacht haben:<br />
Das konnten die Fußball-Götter<br />
aus der Wuhlheide zuletzt<br />
aber besser. Ball flach halten,<br />
Leute, bloß nicht übermütig<br />
werden. Lieber den Augenblick<br />
genießen und ja nicht die<br />
Bodenhaftung verlieren!<br />
Andererseits, nicht in den<br />
falschen Hals bekommen,<br />
denn das hat viel mehr von einem<br />
Traum als von der Realität:<br />
Es hat, gerade in Umbruchphasen<br />
wie dieser, Nationalspielergegeben,<br />
die sozusagen<br />
aus dem Nichts<br />
gekommen sind. Es hat sogar<br />
welche gegeben, die waren<br />
erst Nationalspieler und kamen<br />
erst dann zu ihrem Erstligadebüt.<br />
In der DDR war Konrad<br />
Weise aus Jena so einer,<br />
später ein Vorstopper von<br />
Weltklasse, der bei der WM<br />
1974 im einzigen deutschdeutschen<br />
A-Länderspiel mit<br />
Gerd Müller den „Bomber der<br />
Nation“ an die Kette gelegt<br />
hat. Allerdings<br />
stammt sein Coup aus<br />
einer anderen Zeit, von 1970<br />
nämlich. Nur: Das hatte fünf<br />
Jahre zuvor nicht einmal<br />
Franz Beckenbauer geschafft,<br />
er kam nach sechs Einsätzen<br />
in der Bundesliga zu seinem<br />
ersten Länderspiel.<br />
Wenn schon die gesamte<br />
Saison ein Traum in Rot-Weiß<br />
ist, warum nicht mal auf den<br />
Geigen spielen, die derzeit am<br />
Himmel über der Alten Försterei<br />
hängen? Oder zumindest<br />
zaghaft ein paar Saiten zupfen?<br />
Wäre es, ganz Abgezockte<br />
sehen es wahrscheinlich<br />
schon länger so, nicht sogar<br />
der logische nächste Schritt,<br />
dass die Eisernenselbst einen<br />
deutschen Nationalspieler<br />
(der bislang letzte war Ralf<br />
Sträßer vor 33 Jahren) aus<br />
dem Hut zaubern könnten?<br />
Klarer Fall von Utopie, ich<br />
weiß. Das hat was von Durchgeknallt<br />
sein. Aber war das<br />
mit dem Aufstieg in die Bundesliga<br />
bis zum 27. Mai nicht<br />
auch so? Dabei hat es in Berlin,<br />
wenn auch in Charlottenburg,<br />
erst 2002 einen gegeben, der<br />
nach nur zwei Bundesligaeinsätzen<br />
im A-Team auftauchte.<br />
Auch er kam damals gerade<br />
aus der Zweiten Liga, hieß mit<br />
Vornamen Arne und ansonsten<br />
so wie Sie, Marvin, nämlich<br />
Friedrich. Und auch er<br />
war, gewiss alles nur Zufall,<br />
Verteidiger.<br />
Das ist die reinste Träumerei<br />
und ich hoffe, mit mir galoppieren<br />
die Pferde nicht zu<br />
sehr durch. Erst einmal<br />
kommt am Sonnabend mit<br />
Werder Bremen der nächste<br />
Gegner. Allein diese Aufgabe<br />
ist anspruchsvoll genug und<br />
verlangt den ganzen Kerl. Geträumt<br />
werden darf aber auch<br />
da. Allerdings nur von den<br />
nächsten drei Punkten.<br />
AndreasBaingo