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RO<br />
BRAUCHT ÖSTERREICH EIN<br />
NEUES NATIONALSTADION?<br />
„FUSSBALL EIN TEIL DES<br />
GROSSEN GANZEN“<br />
„KEIN STEUERGELD<br />
OHNE KONZEPT“<br />
Als Sportstadtrat bin ich einem verantwortungsvoll-<br />
len Umgang mit Steuergeld verpflichtet. Ich kann<br />
Geld nicht freihändig vergeben wie ein Big Spender,<br />
in seine Goldkiste greift. 300 Millionen Euro für ein<br />
neues Nationalstadion, in dem im Jahr vier oder fünf<br />
Fußballspiele stattfinden, das kann den Steuerzahlern<br />
niemand plausibel erklären. Vor allem, wenn kein<br />
Konzept vorliegt, wie Investitionen zurückgezahlt und<br />
der laufende Betrieb finanziert werden sollen. Dazu<br />
kommt, dass das zur EURO 2008 sanierte Happel-Stadion<br />
als Mehrzweckarena sehr gut ausgelastet ist. Neben<br />
Fußballländerspielen finden hier pro Jahr rund 80 weitere<br />
Veranstaltungen statt – aus dem Sportbereich, aber auch<br />
große Open-Air-Konzerte, wo wir von den Veranstaltern<br />
sehr gutes Feedback erhalten. Daneben sind im Stadion<br />
diverse Magistratsabteilungen, die Zentralen des Wiener<br />
Fußballverbands und des ÖFB, Rapid Wien mit seinem<br />
Trainingszentrum und Vereine aus dem Box- und Laufsport<br />
beheimatet. Die Stadt Wien arbeitet derzeit mit Hochdruck<br />
an einem Sportstättenentwicklungsplan. Dabei erheben wir<br />
mit Fachverbänden und externen Experten, welche Maßnahmen<br />
für die Sportinfrastruktur in Wien nötig sind, um den Bedarf<br />
der Sportlerinnen und Sportler abzudecken. Der Fokus soll<br />
auf dem Breitensport liegen, aber auch für den Leistungs- und<br />
Spitzensport braucht es Investitionen. In diesem Zusammenhang<br />
werden wir auch weiter über die Zukunft des Happel-Stadions<br />
nachdenken. Ich habe nie gesagt, dass wir nicht bereit sind, über<br />
Investitionen zu sprechen. Dazu braucht es aber brauchbare Konzepte.<br />
Wenn die vorliegen, stehe ich für konstruktive Gespräche<br />
jederzeit zur Verfügung.<br />
Im Vergleich mit den anderen UEFA-Nationen liegt Österreich im<br />
Bereich Infrastruktur mittlerweile im letzten Viertel. Länder wie vol-<br />
Montenegro, Albanien und Nordmazedonien haben uns überholt.<br />
Ein zeitgemäßes Stadion sowie ein Trainingszentrum ist für den der<br />
ÖFB, die Nationalteams und ganz Fußballösterreich von zentraler<br />
Bedeutung. Man muss schleunigst handeln, wenn man international<br />
konkurrenzfähig bleiben will. Aber der Fußball ist nur ein<br />
Teil eines „großen Ganzen“. Das Konzept muss eine Multifunktionsarena<br />
sein, die ganzjährig Veranstaltungen wie Konzerte,<br />
Kongresse, Business-Events, andere Sportveranstaltungen sowie<br />
eine ausgeklügelte Konzeption im Bereich der Hospitality<br />
vorsieht. Klar ist: Keine noch so große Investition würde das<br />
Ernst-Happel-Stadion zu einem modernen Fußballstadion<br />
werden lassen. Eine von Bund und Stadt in Auftrag gegebene<br />
Machbarkeitsstudie hat zudem ergeben, dass eine wesentliche<br />
Weiterentwicklung des bestehenden Ernst-Happel-Stadions<br />
teurer kommen würde als ein Neubau. Sportstadtrat Peter<br />
Hacker hat mich persönlich informiert und auch öffentlich<br />
kundgetan, dass ein Stadionneubau in Wien nicht realisierbar<br />
ist. Nun ist der ÖFB dabei, mit Experten mögliche<br />
alternative Standorte im Burgenland und in Niederösterreich<br />
zu sondieren und zu evaluieren, um hier zeitnah<br />
die nächsten Schritte setzen zu können. Der Fußball ist<br />
mit rund 300.000 aktiven Spielerinnen und Spielern<br />
sowie über 800.000 gemeldeten Vereinsmitgliedern ein<br />
enormer Gesellschaftsfaktor in Österreich, gerade was<br />
die Zukunftsthemen Gesundheitsprävention und Integration<br />
betrifft. Da müsste es einer Volkswirtschaft<br />
wie Österreich auch wert sein, diesen Beitrag für die<br />
Bevölkerung zu leisten.<br />
Fotos: GEPA-pictures.com<br />
LEO WINDTNER<br />
Präsident des ÖFB<br />
PETER HACKER<br />
Sportstadtrat Wien<br />
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