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WENN DU EINMAL<br />
AUF STEROIDEN<br />
BIST UND SIEHST,<br />
WIE DAS TRAINING<br />
WIRKT, WENN DU<br />
MIT EPO DEUT-<br />
LICH SCHNELLER<br />
FÄHRST, WILLST DU<br />
NICHT MEHR OHNE.<br />
kümmern, eher einen Zusammenhang<br />
zwischen Aussehen und Gesundheit erkennen,<br />
sozial fürsorglicher und daher<br />
auch zu sich selbst fürsorglicher sind.“<br />
Anfällig für Doping sieht Kogler: einerseits<br />
Jugendliche, wobei es sich öfters<br />
um unsichere Persönlichkeiten handle,<br />
in Kombination mit einer starken „Körper-Leistungs-Orientierung“<br />
und<br />
manchmal auch einer „Körperbildstörung“.<br />
Im Ausdauersport seien es oft<br />
sehr leistungsorientierte Persönlichkeiten,<br />
die auch im Beruf entsprechend<br />
agieren, „deutlich mehr als 40 Stunden<br />
arbeiten und zusätzlich im Sport erfolgreich<br />
sein wollen. Und das geht sich halt<br />
irgendwann nicht aus.“<br />
PD DR. PHIL.<br />
PAVEL DIETZ<br />
ist Sportwissenschafter, lehrt<br />
und forscht an der Universitätsmedizin<br />
Mainz (D).<br />
DR. ALOIS<br />
KOGLER<br />
ist Sportpsychologe in Graz.<br />
www.teamspirit.at<br />
MAG. DR. DAVID<br />
MÜLLER<br />
ist Leiter der Abteilung<br />
Information und Prävention<br />
bei der österreichischen Anti-<br />
Doping-Agentur NADA Austria.<br />
www.nada.at<br />
Verdrängte Folgen<br />
Sportpsychologe Alois Kogler kannte einen<br />
Freizeitsportler, der mit 45 an den<br />
Folgen von Doping verstorben ist. Nebenwirkungen<br />
von Dopingpräparaten<br />
sind oft beträchtlich. Was ist mit Folgen<br />
und Gefahren – werden diese ignoriert<br />
oder sind sie zu wenig bekannt? „Es wird<br />
von beidem etwas sein“, glaubt Pavel<br />
Dietz, „man weiß auch, dass Rauchen<br />
tötet und raucht trotzdem.“ Dietz sieht<br />
auch eine große Suchtkomponente:<br />
„Wenn du einmal auf Steroiden bist und<br />
siehst, wie das Training wirkt, wenn du<br />
mit EPO deutlich schneller fährst, willst<br />
du nicht mehr ohne – so schilderten es<br />
Dopinguser in Interviews.“<br />
Für Kogler spielt eine Art Verdrängungsmechanismus<br />
mit, die Psychologie<br />
nennt es „Fusion“. „Man will daran<br />
glauben, dass es keine Folgen hat. Auch<br />
Donald Trump glaubt, was er sagt,<br />
wenn er von Fake News spricht“. Kogler<br />
sagt auch: „Der Wert von<br />
Gesundheit ist bei uns allen<br />
ein hoher – aber sobald es<br />
ans Eingemachte geht, Geld<br />
oder Schönheit im Spiel<br />
sind, ist er nicht mehr an<br />
oberster Stelle.“<br />
Spiegel der Gesellschaft<br />
Nicht nur unter Schachspielern<br />
hat Pavel Dietz den<br />
Missbrauch von Aufputschmitteln<br />
erforscht. Sondern<br />
auch herausgefunden, dass Neuro-<br />
Enhancement, um die kognitive Leistung<br />
zu verbessern, etwa auch unter<br />
Studierdenden verbreitet ist. Die ermittelten<br />
Zahlen stimmten fast exakt mit<br />
denen von Doping im Freizeitsport<br />
überein – 13 bis 20 Prozent. Kein Zufall,<br />
meint Dietz. Eine ähnliche wissenschaftliche<br />
Datenlage gebe es mittlereile<br />
für verschiedenste Berufszweige, wo es<br />
um Geistesleistungen geht – akademische<br />
Berufe, Wirtschaftswissenschafter,<br />
Ärzte ...<br />
Was es nicht gibt, ist offenes Bekenntnis.<br />
Doping ist wie jede Form von Medikamentenmissbrauch<br />
ein Tabuthema.<br />
Gedopt wurde immer schon, sagt Sportpsychologe<br />
Alois Kogler, doch stets im<br />
Geheimen. Das „Geheimnis“ wäre dabei<br />
sogar eine wesentliche Komponente:<br />
„Geheimwissen wird über Generationen<br />
weitergegeben.“ Wer dopt, gehört zu einem<br />
eingeweihten Kreis. Eine Beziehungssituation<br />
zwischen den Eingeweihten<br />
entsteht, die auch attraktiv ist.<br />
Sportwissenschafter Dietz hat auch die<br />
Kommunikation in Online-„Dopingforen“<br />
erforscht und war immer wieder erstaunt,<br />
wie viel Fach- und Detailwissen<br />
dort ausgetauscht wird. Seine generelle<br />
Einschätzung: „Es gibt Menschen, die<br />
sehr leistungsorientiert sind und bereit,<br />
als Mittel zum Zweck den einfachsten<br />
Weg zu nehmen.“<br />
Für Kogler ist das Dopen im Freizeitsport<br />
ebenfalls ganz klar ein Spiegelbild<br />
WOBEI WIR NICHT VON VER-<br />
BOTENER LEISTUNGSSTEI-<br />
GERUNG, SONDERN EHER<br />
VON EINEM GESUNDHEITS-<br />
PROBLEM SPRECHEN, WENN<br />
MENSCHEN MIT SCHÄDI-<br />
GENDEN MITTELN IHREN<br />
KÖRPER FORMEN WOLLEN.<br />
der Gesellschaft. Auch er ist überzeugt,<br />
dass in vielen Berufsgruppen in ähnlichem<br />
Ausmaß wie im Freizeitsport pharmazeutisch<br />
nachgeholfen wird. Die Beschleunigung<br />
in einer auf permanentes<br />
Wachstum ausgerichteten Gesellschaft<br />
sieht Kogler dabei genauso als Verstärker<br />
wie die Möglichkeit, „Erfolge“ über Social<br />
Media sichtbar zu machen. „Ich bin<br />
überzeugt, dass das Phänomen Doping<br />
im Freizeitsport dadurch deutlich zugenommen<br />
hat und weiter deutlich zunimmt.“<br />
18 <strong>SPORTaktiv</strong>