Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
DAS ZEITALTER DER SELBSTDARSTELLUNG<br />
HAT EINEN NEUEN TREND HERVORGEBRACHT:<br />
STREAK RUNNING. ODER AUF DEUTSCH:<br />
JEDEN TAG LAUFEN GEHEN. WIE<br />
SINNVOLL DAS IST UND WARUM ES<br />
DIE MEISTEN TROTZDEM LIEBER<br />
NICHT MACHEN SOLLTEN.<br />
VON KLAUS MOLIDOR<br />
Fotos: iStock<br />
Jeden Tag laufen. Wochen-,<br />
monate-, jahrelang. Das kennen<br />
wir aus dem Filmklassiker<br />
Forrest Gump. Drei Jahre,<br />
zwei Monate und 14 Tage ist<br />
der gelaufen. Seit geraumer Zeit hat dieses<br />
Jeden-Tag-Laufen einen Namen:<br />
Streak Running. Je länger der Streak,<br />
also die Serie, desto besser. Um sich in<br />
sozialen Medien oder sonstwo auch<br />
wirklich als Streak Runner inszenieren zu<br />
können, gibt es sogar Regeln, ab wann<br />
ein Lauf ein Lauf ist. Aufgestellt von der<br />
United States Running Streak Association.<br />
„Der Lauf muss zwischen 0 und 24<br />
Uhr stattfinden, mindestens eine Meile<br />
lang sein und ohne die Unterstützung<br />
anderer Personen absolviert werden.“<br />
So weit, so gut. Aber jeden Tag laufen<br />
bedeutet auch eine tägliche Belastung<br />
für Bänder, Sehnen und Gelenke. Ist das<br />
wirklich sinnvoll? „Es kann sinnvoll<br />
sein, um einen Rhythmus zu bekommen,<br />
um regelmäßig Sport auszuüben“,<br />
sagt Sportwissenschafter Stefan Arvay,<br />
der selbst Läufer und Triathlet und aktuell<br />
auch Konditionstrainer des Fußball-<br />
U21-Nationalteams ist. „Es kann helfen,<br />
die Bewegung in den Tagesablauf zu integrieren.“<br />
Allerdings lauern auch viele<br />
Gefahren. Laufanfänger, die vielleicht<br />
noch mäßig sportlich bis übergewichtig<br />
sind, laufen sehr schnell in eine Überbelastung.<br />
„Für solche Leute sind 15 Minuten<br />
bei einem Schnitt von 7:20 Minuten<br />
pro Kilometer schon eine große<br />
Anstregung. Wenn man das jetzt über<br />
einen längeren Zeitraum jeden Tag<br />
macht, bekommt man sehr schnell Probleme.“<br />
Besser wäre in diesem Fall sanft<br />
zu starten, etwa mit drei Minuten Laufen<br />
und zwei Minuten Gehen und das<br />
dreimal zu wiederholen, damit sich der<br />
Körper langsam an die Belastung gewöhnen<br />
kann.<br />
Wer dagegen schon besser trainiert ist,<br />
läuft buchstäblich Gefahr, es zu übertreiben<br />
und es nicht bei kürzeren Einheiten<br />
zu belassen. „Bei solchen Leuten hat das<br />
tägliche Laufen eigentlich auch gar keinen<br />
Sinn. Denn ein, zwei Kilometer<br />
bringen fortgeschrittenen Läufern trainingstechnisch<br />
gar nichts, sie nehmen<br />
ihnen nur die Regenerationstage.“ Es<br />
schadet dann vielleicht zwar körperlich<br />
nicht, aber man vergibt sich sein volles<br />
Potenzial, „denn die Verbesserung der<br />
Leistung findet in der Regeneration<br />
statt“, erklärt Arvay. „Training besteht<br />
nun einmal aus dem Wechsel zwischen<br />
Be- und Entlastung.“<br />
Richtig gefährlich wird es, wenn man<br />
den Streak über alles stellt, nicht mehr<br />
auf seinen Körper hört und auch die<br />
Laufschuhe schnürt, wenn man krank<br />
ist und Fieber hat. „Der Körper sagt dir<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
55