15.10.2019 Aufrufe

Berliner Zeitung 14.10.2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 238 · M ontag, 14. Oktober 2019 13<br />

·························································································································································································································································································<br />

Berlin<br />

Mit der Express-S-Bahn nach Köpenick<br />

Der kommende Fahrplanwechsel bringt den Fahrgästen in Berlin und Brandenburg zahlreiche Neuerungen. Ein Überblick<br />

VonPeter Neumann<br />

Normalerweise hält in<br />

Berlin jede S-Bahn an jeder<br />

Station. Doch nach<br />

dem Fahrplanwechsel,<br />

der in diesem Jahr am 15. Dezember<br />

stattfindet, wird dieses Prinzip unterbrochen.<br />

Zwischen Friedrichshagen<br />

und Ostbahnhof nimmt die<br />

neue Zuggruppe BII der S-Bahn den<br />

Betrieb auf. Siehält unterwegs in Köpenick,<br />

Karlshorst, Ostkreuz und<br />

Warschauer Straße. Die S-Bahnhöfe<br />

Hirschgarten, Wuhlheide, Betriebsbahnhof<br />

Rummelsburg und Rummelsburgwerden<br />

ohne Stopp durchfahren.<br />

Die Express-S-Bahnen fahrenmontags<br />

bis freitags während der<br />

Hauptverkehrszeit alle 20 Minuten.<br />

„Jetzt kommt es darauf an, wie die<br />

Fahrgäste informiert werden“, sagt<br />

Jens Wieseke vom Fahrgastverband<br />

IGEB.Schließlich sollte es für sie kein<br />

böses Erwachen geben, wenn die S-<br />

Bahn ihreStation ohne Halt passiert.<br />

Auf der S3 gab es schon mal Verstärkerzüge,<br />

doch jahrelang fehlte<br />

wegen Bauarbeiten Gleiskapazität.<br />

Das neue, für Berlin ungewöhnliche<br />

Konzept wurde gewählt, damit die<br />

Züge schneller ihr Ziel erreichen und<br />

weniger Fahrzeuge benötigt werden.<br />

Drei Zugverbände mit je vier Wagen<br />

reichen aus. „Ich glaube aber nicht,<br />

dass die Zuggruppe lange überlebt,<br />

wenn nach der Eröffnung des BER<br />

für die Strecke zum neuen Flughafen<br />

weitereS-Bahnen benötigt werden“,<br />

so Wieseke.Trotzdem begrüßt er die<br />

Expresszüge auf der S3: „Ein guter<br />

Testlauf für eine Express-S-Bahn<br />

zwischen Falkensee und Westkreuz,<br />

die wir für sinnvoll halten würden.“<br />

Für das Fahrplanjahr,das am dritten<br />

Advent beginnt, stehen weitere<br />

Änderungen fest. Eine Auswahl:<br />

Straßenbahn fährt öfter zum Hauptbahnhof:<br />

Siegehörtzuden Erfolgsgeschichten<br />

des <strong>Berliner</strong> Nahverkehrs. Die Straßenbahnstrecke<br />

zum Hauptbahnhof<br />

wird besser genutzt, als sich die Planer<br />

einst ausmalen konnten. Aufder<br />

2015 fertig gestellten Trasse wurden<br />

20 000 Fahrgäste pro Tag erwartet –<br />

2017 waren es doppelt so viele. Nun<br />

erfüllen die <strong>Berliner</strong> Verkehrsbetriebe<br />

(BVG) den Wunsch, auf einer<br />

der drei Linien mehr Bahnen fahren<br />

zu lassen. Ab dem Fahrplanwechsel<br />

wirdauf der M5, die in Hohenschönhausen<br />

beginnt, der Zehn-Minuten-<br />

Takt auf das Teilstück Hackescher<br />

Markt– Hauptbahnhof ausgedehnt –<br />

montags bis freitags von 6 bis 21,<br />

sonnabends von 10bis 21 Uhr. Derzeit<br />

gilt dortein 20-Minuten-Takt.<br />

Bekommt ab Mitte Dezember wieder Verstärkung: die S3 nach Erkner.<br />

IMAGO IMAGES<br />

Weitere Neuerungen bei der BVG: Die BVG<br />

stockt auch auf den Straßenbahnlinien<br />

16 (Ahrensfelde–Frankfurter Allee)<br />

und 50 (Französisch Buchholz–<br />

Wedding) ihr Angebot auf. Dortsind<br />

sonnabends mehr Fahrten geplant.<br />

Außerdem wirdesbeim Buszum Teil<br />

neue Linienführungen geben. „Die<br />

meisten betreffen den Nachtverkehr“,<br />

so BVG-Sprecher Markus<br />

Falkner. Bei den Schienenverkehrswochen<br />

des Fahrgastverbands IGEB<br />

wird esauch eine öffentliche Veranstaltung<br />

mit der BVG geben. Deren<br />

Planer Klaus Emmerich und Helmut<br />

Grätz stehen Rede und Antwort (28.<br />

November,ab19Uhr im Betriebshof<br />

Lichtenberg, Siegfriedstraße 30-45).<br />

Stündlich nach Rostock und Dresden: Wie<br />

berichtet verbessert die neue Intercity-Linie<br />

17 dieVerbindung vonBerlin<br />

an die Ostsee und nach Dresden.<br />

Zusammen mit den Zügen, die dort<br />

heute schon verkehren, ergibt sich<br />

ein Stundentakt. Los geht es auf der<br />

neuen Fernverkehrslinie mit bis zu<br />

fünf Intercitys proTag und Richtung.<br />

Vom8.März 2020 an werden es bis<br />

zu acht Fahrten sein. Dann beginnt<br />

die Bahn auch damit, moderne Doppelstockzüge<br />

des Schweizer Herstellers<br />

Stadler einzusetzen –mit WLAN.<br />

Fahrzeit von Berlin nach Rostock<br />

oder Dresden: eine Stunde,59Minuten.<br />

Ab 4. Mai halten sie am Flughafen<br />

Schönefeld, ab Oktober am BER.<br />

Vom17. Maiansteuerndie Intercitys<br />

im Norden auch Warnemünde an.<br />

Bahn schließt Lücken im Fahrplan: Zusätzliche<br />

Fahrten auf den ICE-Linien Berlin–Erfurt–München<br />

und Berlin–<br />

Braunschweig–Frankfurt/Main sorgen<br />

für einen lückenlosen Stundentakt,<br />

teilt die Deutsche Bahn (DB)<br />

mit. Insgesamt wächst das Zugangebot<br />

zwischen Berlin und München<br />

um rund zehn Prozent. „In einem<br />

weiteren Schritt wirddie DB ab Ende<br />

2021 erstmals einen 30-Minuten-<br />

Takt zwischen Hamburg und Berlin<br />

fahren“, teilte die Bahn weiter mit.<br />

Zwei neueDirektverbindungen nachWien: Ein<br />

Zugpaar der neuen Intercity-Linie<br />

nach Rostock wirdvom 8. März2020<br />

an nach Wien verlängert–täglich via<br />

Jena, Nürnbergund Regensburg. Am<br />

4. Maistartet erstmals der neue Railjet<br />

der österreichischen Bahn ÖBB<br />

morgens gegen 6 Uhr von Berlin<br />

über Prag und Wien nach Graz.<br />

Schneller indie polnische Hauptstadt: Zwischen<br />

Berlin und Warschau verkürzt<br />

sich ab Juni 2020 die Reisezeit in den<br />

Eurocity-Zügen deutlich. Die Bahn<br />

spricht von 30 Minuten, zum Teil<br />

dürfte die Ersparnis größer ausfallen.<br />

Nach dem Ende von Bauarbeiten<br />

kommen die Züge wieder deutlich<br />

schneller voran. Heute dauert<br />

die Fahrtnoch knapp sechs Stunden.<br />

Außerdem soll das Angebot 2020<br />

schrittweise von jetzt vier auf sieben<br />

Zugpaaretäglich erhöht werden.<br />

Neues im Regionalverkehr: Nach Szczecin<br />

(Stettin) gibt es eine neue Spät-, von<br />

dort nach Berlin eine neue Frühverbindung.<br />

Nordwestlich Berlins wird<br />

ein neuer Haltepunkt eröffnet. In Kyritz,<br />

von manch einem Kyritz an der<br />

Knatter genannt, halten die Regionalzüge<br />

zusätzlich am Bürgerpark –<br />

neben dem neuen Busbahnhof.<br />

Egon Krenz feiert mit<br />

350 Genossen die DDR<br />

Vor70Jahren entstand der sozialistische Staat<br />

BILLIGLOHN?<br />

VonGerhard Lehrke<br />

Machtvoll und vor allem textsicher<br />

erklang die DDR-Nationalhymne<br />

nicht, die die meist betagten<br />

Herrschaften im Freizeitforum<br />

Marzahn anstimmten. Warder Text<br />

doch seit 1972 wegen „Deutschland,<br />

einig Vaterland“ in der DDR nicht<br />

mehr gesungen worden. Viele mussten<br />

daher zum Programm der „Festveranstaltung<br />

zum 70. Jahrestag der<br />

Gründung der DDR“ greifen, in dem<br />

er abgedruckt war.Doch ums Singen<br />

ging es hier ohnehin kaum, denn alle<br />

fieberten dem Höhepunkt entgegen:<br />

der Rede vonEgon Krenz.<br />

Krenz glaubt immer noch fest an den Sozialismus.<br />

ANDREAS KLUG<br />

Krenz, 1989 zu Zeiten des Mauerfalls<br />

kurzfristig DDR-Staatsratsvorsitzender<br />

und SED-Chef, war mit 82 Jahren<br />

nah am Durchschnittsalter der<br />

rund 350 Gäste. „Freundschaft!“, rief<br />

er gleich am Anfang. Damit hatte er<br />

die Genossen, die schon beim Betreten<br />

des Hauses mit Marsch-Klängen<br />

eines Schalmeien-Orchesters auf<br />

DDR eingestimmt worden waren, auf<br />

seiner Seite.<br />

45 Minuten lang breitete Krenz<br />

sein Weltbild aus. „Wir glorifizieren<br />

die DDR nicht“, sagte er,umesdann<br />

doch zu tun. Sie sei 1989 nicht pleite<br />

gewesen. Vom Westen „übernommen“,<br />

sei der „Ellenbogen“ im Osten<br />

eingekehrt, habe eine „gerechte,<br />

friedliche und vernünftige Welt“ beendet.<br />

Die DDR und damit ihre Bürger<br />

seien „degradiert“ worden. Der<br />

Artikel 1 des Grundgesetzes („Die<br />

Würde des Menschen ist unantastbar“)<br />

müsse auch für einstige MfS-<br />

Mitarbeiter gelten. Großer Beifall.<br />

Überhaupt habe der Osten wegen<br />

der gegenüber demWesten viel höheren<br />

Reparationen den schlechteren<br />

Start nach 1945 erwischt. Das Publikum<br />

nahm hin, dass diese Aussage<br />

nicht recht zu Krenz’Lob der Sowjetunion<br />

als starkem Partner der DDR<br />

passte, hatte doch die UdSSR die Industrie<br />

demontiert.<br />

„Weltniveau“ hätten viele Kombinate<br />

gehabt, sagte Krenz und lobte<br />

die angeblich von der Treuhand zerschlagene<br />

DDR-Wirtschaft. Um im<br />

gleichen Atemzug zu beklagen, dass<br />

die westliche Embargo-Politik die<br />

DDR vomFortschritt im Kapitalismus<br />

abgeschnitten habe. Dem bescheinigte<br />

er keine Zukunft, die gehöre<br />

dem Sozialismus,„auch wenn wir das<br />

wahrscheinlich nicht mehr erleben“.<br />

Die Mauer relativierte Krenz, der<br />

bis 2003 wegen der Mauertoten<br />

knapp vier Jahre Haft –vorwiegend<br />

im offenen Vollzug – abgesessen<br />

hatte. Obwohl es in der DDR Menschen<br />

gegeben habe, „die sich nicht<br />

so wohl gefühlt haben“, und es„leider<br />

auch Opfer“ gab –„so sehr ich sie bedauere“,<br />

sei die DDR doch ein Aufbruch<br />

in ein Land ohne Krieg und Krisen<br />

gewesen. DieBundesrepublik dagegen<br />

habe Kriege geführt, sei Schuld<br />

an der Teilung. Bravo-Rufe am Ende,<br />

als er sagte:„Wir lassen unser sinnvolles<br />

Leben nicht in den Schmutz ziehen.“<br />

Dassahen einige Demonstranten,<br />

offenbar aus dem Kreis der AfD, anders:<br />

In DDR-Uniformen standen<br />

zum Beispiel zwei ehemalige Grenzer<br />

voreiner Mauerattrappe.Der 61-jährige<br />

Jürgen K. hielt ein Pappschild<br />

hoch: „Ich sollte auf Flüchtlinge<br />

schießen.“ Er finde es unmöglich,<br />

dass die DDR glorifiziertwerde,sagte<br />

Bernd Pachel. „Die sollen machen,<br />

was sie machen, aber nicht widerspruchslos<br />

im Bezirk, der sonst zum<br />

Synonym für die Ewiggestrigen wird.“<br />

DAGEGEN<br />

HABEN<br />

WIRWAS.<br />

DasneueGesetzgegen illegale Beschäftigung undSozialleistungsmissbrauch<br />

hilftdem Zoll,härtergegen Missstände<br />

vorzugehen.Damitschützen wirfaire Unternehmen,stärken<br />

den Sozialstaat undbekämpfenorganisierteKriminalität.<br />

www.mehrordnungundfairness.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!