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*<br />
REPORT<br />
AlsderWestennoch<br />
duftete<br />
Die Filmemacherinnen Brit Grundelund<br />
Maja Stieghorst sind für eine Doku dem Geruch<br />
der Westpakete auf den Grundgegangen<br />
Von<br />
FLORIAN THALMANN<br />
Wie roch eigentlich<br />
ein klassisches<br />
Westpaket?<br />
Viele<br />
Menschen aus dem Osten<br />
werden, wenn ihnen diese<br />
Frage gestellt wird, plötzlich<br />
einen ganz bestimmten Duft<br />
in der Nase haben. Nach Kaffee,<br />
nach Seife, nach Schokolade<br />
und Orangen. Zwei <strong>Berliner</strong><br />
Filmemacherinnen haben<br />
sich für eine Dokumentation<br />
mit eben jenem Duft beschäftigt,<br />
den so viele Ossis kennen<br />
–und ihn in Form eines Parfums<br />
nachbauen lassen.<br />
Vorsichtig sprüht Brit-Jeannette<br />
Grundel einen Hauch<br />
Parfum aus einem kleinen Flakon<br />
auf den Pullover-Ärmel<br />
des KURIER-Reporters. Er,<br />
1990 geboren, kennt ihn nicht,<br />
den Duft der Westpakete –<br />
doch beim ersten Schnuppern<br />
ist es plötzlich da: ein Gefühl<br />
der Gemütlichkeit, der Heimeligkeit,<br />
der Zufriedenheit,<br />
das der Geruch verströmt. So<br />
muss es sich angefühlt haben,<br />
eines der Päckchen zu öffnen,<br />
die in der Zeit vor der Wende<br />
zu Millionen verschickt wurden.<br />
Und drinnen: Gaben über<br />
Gaben aus dem Westen.<br />
Das Parfum im Flakon, „Der<br />
Duft des Westpakets“, haben<br />
sie geschaffen: Brit Grundel<br />
und Maja Stieghorst, zwei<br />
<strong>Berliner</strong> Filmemacherinnen,<br />
die sich für ihre gleichnamige<br />
Dokumentation mit dem markanten<br />
Geruch beschäftigten.<br />
„Ich bin im Westen aufgewachsen,<br />
in der Nähe von Bielefeld“,<br />
sagt Stieghorst dem<br />
KURIER. „Wir hatten aber<br />
Fotos: PHOENIX/MDR/Cine aktuell, Sabine Gudath, zVg<br />
keine Verwandtschaft im Osten,<br />
haben deshalb auch keine<br />
Pakete verschickt.“ Erst, als<br />
sie später für ihr Studium an<br />
der Filmhochschule nach Berlin<br />
zog, hörte sie von Kommilitonen<br />
von Westpaketen.<br />
2008 lernte sie ihre heutige<br />
Frau kennen. „Sie kommt aus<br />
Leipzig, bekam viele Pakete –<br />
und erzählte oft davon. Sie<br />
sagte auch bei Spaziergängen<br />
in der Stadt manchmal: Hier<br />
duftet es nach Westpaket.“<br />
Sie wollte dem Duft, den sie<br />
selbst nicht spüren konnte,<br />
auf den Grund gehen. „Denn<br />
es beschäftigte mich, dass<br />
Freunde aus dem Osten immer<br />
gleich so ein Leuchten in<br />
den Augen hatten, wenn ich<br />
danach fragte.“ Als sie Grundel<br />
kennenlernte, war die sofort<br />
Feuer und Flamme von<br />
der Idee, einen Film zu drehen.<br />
„Ich habe auch Erinnerungen<br />
an den Duft“, sagt sie.<br />
„Ich hatte aber lange mit niemandem<br />
darüber gespro-<br />
DasWestpaket im<br />
Flakon: Passend zum<br />
Film vonGrundel und<br />
Stieghorst entstand<br />
das Westpaket-Parfum.<br />
chen.“ Ihre Erinnerungen<br />
sind noch heute präsent.<br />
„Meine Mutter und ich<br />
haben nicht viele Pakete bekommen.<br />
Ich weiß aber<br />
noch, dass in einem Paket<br />
mal ein T-Shirt mit einem<br />
Regenschirm<br />
darauf war“, sagt<br />
sie. „Ich trug es,<br />
später meine<br />
Tochter, heute<br />
liegt es im<br />
Schrank.“ In<br />
einem anderen<br />
Paket sei neben<br />
Schokolade<br />
auch ein Joghurt gewesen.<br />
„Ich habe den Becher<br />
lange aufgehoben. Die<br />
Vielfalt, die einem da entgegenkam,<br />
war toll.“ Gemeinsam<br />
begannen sie, zu forschen<br />
–bis der Film fertig war, sollte<br />
es fünf Jahre dauern. „Aber in<br />
diesem Zeitraum wurde er zu<br />
unserem Herzensprojekt.“<br />
Der Film erzählt von Westpaketen,<br />
Kontrollen durch die