Berliner Kurier 20.11.2019
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MEDIZIN BERLINER<br />
NACHRICHTEN<br />
Krebstest ohne Kosten<br />
Frauen mit Brustkrebs im<br />
Frühstadium können künftig<br />
einen Biomarker-Test<br />
von den gesetzlichen Krankenkassen<br />
bezahlt bekommen.<br />
Ein Beschluss des Gemeinsamen<br />
Bundesausschusses<br />
(G-BA) tritt jetzt<br />
in Kraft, wie das Entscheidungsgremium<br />
von Ärzten,<br />
Kassen und Kliniken in Berlin<br />
mitteilte. Der Test könne<br />
bei Entscheidungen helfen,<br />
ob eine Chemotherapie<br />
nach einer Operation sinnvoll<br />
sei, hatte es zur Begründung<br />
geheißen.<br />
Weniger ist oft mehr<br />
Mit zunehmendem Alter<br />
setzt bei vielen Menschen<br />
der Verschleiß in Gelenken<br />
ein. Moderates Fitnesstraining<br />
kann aber die Knorpelsituation<br />
verbessern. Darauf<br />
weist Orthopäde Prof.<br />
Sven Ostermeier von der<br />
Gelenk-Klinik in Gundelfingen<br />
hin. Wichtig ist es<br />
aber, dass nur 30 Prozent<br />
der Maximalkraft eingesetzt<br />
wird. Das bedeutet also:<br />
Schafft man beim Training<br />
beispielsweise 100 Kilo,<br />
sollte man es dennoch<br />
dauerhaft bei nur 30 Kilo<br />
belassen. Damit lässt sich<br />
eine Überlastung der Knorpel<br />
vermeiden. Bei Übungen<br />
sollte man auf keinen<br />
Fall in die Endstellung gehen,<br />
denn das Gelenk sollte<br />
nie überstreckt werden.<br />
Vor dem Training sollten<br />
man sich aufwärmen, sonst<br />
wird man anfälliger für Gelenkprobleme.<br />
Risikobei Nachtarbeit<br />
Regelmäßige Nachtarbeit<br />
kann nach Einschätzung einer<br />
internationalen Expertenkommission<br />
das Krebsrisiko<br />
wahrscheinlich erhöhen.<br />
Damit bestätigte die<br />
Internationale Agentur für<br />
Krebsforschung (IARC) in<br />
Lyon ihre Einschätzung aus<br />
dem Jahr 2007 zu dieser<br />
Form von Schichtarbeit<br />
nun auf Basis neuerer Studien.<br />
In die sogenannte<br />
Gruppe 2A –wahrscheinlich<br />
karzinogen –gehört<br />
auch etwa der Verzehr von<br />
rotem Fleisch und der<br />
Pflanzenschutz-Wirkstoff<br />
Glyphosat. Es gebe „eingeschränkte<br />
Nachweise“, dass<br />
Nachtarbeit zu Tumoren in<br />
Brust, Prostata und Darm<br />
führen könne.<br />
Fragen?<br />
Wünsche?<br />
Tipps?<br />
Tel. 030/63 33 11-456<br />
(Mo.–Fr. 10–15 Uhr)<br />
E-Mail: berlin.service@berlinerverlag.com<br />
Der große<br />
KURIER-Ratgeber<br />
Die meisten Menschen trifft<br />
es mit voller Wucht: Eine innige<br />
Beziehung zerbricht –<br />
und das Herz gleich mit. Der<br />
Begriff Liebeskummer? „Ist<br />
dafür viel zu harmlos“, sagt<br />
Günter H. Seidler, Facharzt<br />
für Psychotherapie und Professor<br />
an der Ruprecht-<br />
Karls-Universität Heidelberg.<br />
„Trennungen und unglückliche<br />
Lieben können nicht nur<br />
eine vorübergehende Traurigkeit<br />
auslösen, sonderntatsächlich<br />
krank machen“, so der Experte.<br />
Viele Erwachsene würden<br />
das jedoch nicht ernst nehmen.<br />
„Sie gehen davon aus,<br />
dass das bisschen Liebeskummer<br />
mit der Zeit von selbst verschwindet.“<br />
So ist es häufig auch –aber<br />
längst nicht immer. „Der<br />
Schmerz kann durchaus zwei<br />
Jahre andauern“, sagt Seidler.<br />
„Und manchmal auch ein ganzes<br />
Leben.“<br />
Auch Elena Sohn, Autorin<br />
des Buches „Goodbye Herzschmerz“,<br />
rät dazu, Liebeskummer<br />
nicht unter den Tep-<br />
Liebeskummer vergeht oft von<br />
allein. Manchmal hält die<br />
Traurigkeit aber auch Jahrean.<br />
Dann sollte man sich Hilfe von<br />
Experten suchen.<br />
pich zu kehren. „Die Symptome<br />
gleichen einer Depression“,<br />
sagt sie. Betroffene<br />
kämpfen zum Beispiel mit Perspektivlosigkeit,<br />
Niedergeschlagenheit,<br />
Schlafmangel,<br />
Appetitlosigkeit oder Antriebslosigkeit.<br />
Sohn betreibt die Beratungsagentur<br />
Liebeskümmerer –genau<br />
für solche Fälle. In ihrer<br />
Praxis sieht sie am häufigsten<br />
Menschen zwischen 30 und 40<br />
Jahren, aber auch viele jenseits<br />
der 70. „Menschen im höheren<br />
Alter fragen sich oft, ob es das<br />
letzte Mal war, dass sie sich<br />
verliebt haben.“<br />
Wichtig sei dann –ganz unabhängig<br />
vom Lebensalter –<br />
den Blick auf sich selbst zu<br />
richten und gut für sich zu sorgen.<br />
„Vielen Menschen hilft es,<br />
über ihre Situation zu reden<br />
und sich vor Augen zu führen,<br />
was im eigenen Leben noch<br />
von Bedeutung ist“, sagt Sohn.<br />
Das könne ein erfüllter Beruf<br />
sein, ein Hobby oder der Kontakt<br />
zu guten Freunden.<br />
Doch was tun, wenn alles<br />
nichts hilft? „Manche Menschen<br />
werden immer wieder<br />
von regelrechten Erinnerungssturzbächen<br />
heimgesucht“,<br />
sagt Seidler. „Diese Erinnerungen<br />
drängen sich den<br />
Betroffenen auf, sie fühlen sich<br />
dann hilflos ausgeliefert.“<br />
Eventuell muss in solchen Fällen<br />
Hilfe von außen her.<br />
Doch nicht immer ist Liebeskummer<br />
der dunkle Begleiter,<br />
der sich langsam einen großen<br />
Platz im Leben erschleicht. Es<br />
gibt Menschen, die werden<br />
von jetzt auf gleich todkrank.<br />
Broken-Heart-Syndrom nennt<br />
man dieses Phänomen. Betroffene<br />
erleiden ein akutes Herzversagen,<br />
ausgelöst durch starken<br />
emotionalenStress.<br />
„Viele kommen mit Brustschmerzen<br />
und Atemnot in die<br />
Klinik und alles spricht erstmal<br />
für einen Herzinfarkt“, erklärt<br />
Katrin Streckfuß-Bömeke,<br />
Biologin an der Universitätsmedizin<br />
Göttingen. Klassischer<br />
Fall des<br />
Broken-Heart-Syndroms:<br />
Nach langen gemeinsamen<br />
Ehejahren verstirbt plötzlich<br />
der Ehemann. Kurz darauf<br />
kommt die Frau mit Herzschmerzen<br />
ins Krankenhaus –<br />
SEITE17<br />
BERLINER KURIER, Mittwoch, 20. November 2019<br />
WenndasHerzbricht<br />
Manche leiden jahrelang darunter: WieLiebeskummer krank macht<br />
Foto: Imago /Westend61<br />
und verstirbt im schlimmsten<br />
Fall.<br />
Viele Patienten entwickeln in<br />
dieser akuten Phase, die meistens<br />
ein bis drei Tage dauert,<br />
Begleiterkrankungen wie Lungenödeme<br />
oder sogenannte<br />
kardiogeneSchocks, bei denen<br />
ein Pumpversagen des Herzens<br />
auftritt. Behandelt werden<br />
Menschen mit Broken-Heart-Syndrom<br />
in der Regel wie<br />
Patienten mit Herzinsuffizienz.<br />
„Im Gegensatzzum Herzinfarkterholen<br />
sich die Patienten<br />
sehr gut, wenn sie die gefährliche<br />
akute Phase überstanden<br />
haben“, sagt<br />
Streckfuß-Bömeke. „Nach<br />
zwei Monaten sind die meisten<br />
wieder komplett gesund.“<br />
Sie rät jedoch, nach überstandener<br />
Krankheit psychotherapeutische<br />
Hilfe in Erwägung<br />
zu ziehen. „Patienten erleiden<br />
manchmal einen Rückfall.<br />
Hier könnte eine Therapie helfen,<br />
nicht noch einmal eine solche<br />
emotionale Stresssituation<br />
zu verfallen und den eventuell<br />
dahinter liegenden Verlust<br />
besser zu verarbeiten.“<br />
Sandra Arens