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Berliner Kurier 20.11.2019

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*<br />

HINTERGRUND<br />

Eigenbedarf<br />

als Gefahr<br />

Mieter in vielen landeseigenen<br />

Wohnungen sollten<br />

nach der Privatisierung ihrerHäuser<br />

einen umfassenden<br />

Schutz genießen.<br />

In Kaufverträgen wurde<br />

deswegen festgeschrieben,<br />

dass der Erwerber<br />

„für die Dauer der bestehenden<br />

Mietverhältnisse“<br />

auf Kündigungen wegen<br />

Eigenbedarfs verzichtet.<br />

Vermieter versuchen<br />

trotzdem immer wieder,<br />

Eigenbedarfanzumelden.<br />

Fotos: Sabeth Stickforth<br />

Der Wohnblock,indem<br />

Aranka Barfusslebt,<br />

befindet sich im Ortsteil<br />

Schmargendorf. Das<br />

Viertel ist beliebt.Neue,<br />

bezahlbareWohnungen<br />

sind nur schwer zu finden.<br />

Der schwereKampf um ihreWohnung<br />

Frau Barfuss ist unkündbar<br />

<strong>Berliner</strong> Landgericht weist<br />

Eigenbedarfskündigung zurück.Damit<br />

werden die Rechte von Mietern gestärkt<br />

Von<br />

ULRICH PAUL<br />

Aranka Barfuss ist erleichtert.<br />

„Ich freue<br />

mich, dass mein lebenslanges<br />

Wohnrecht<br />

jetzt gesichert ist“, sagt<br />

die 60-jährige Mieterin aus der<br />

Cunostraße in Wilmersdorf.<br />

„Das ist ein sehr gutes Gefühl.“<br />

Der Grund: Das Landgericht<br />

hat entschieden, dass der Vermieter<br />

Aranka Barfuss nicht<br />

wegen Eigenbedarfs kündigen<br />

kann. Eine beim Verkauf ihrer<br />

Wohnung vereinbarte Klausel,<br />

nach der die Mieter dauerhaft<br />

vor einer Eigenbedarfskündigung<br />

geschützt sein sollten, gelte<br />

auch dann, wenn diese nur<br />

zwischen Käufer und Verkäufer<br />

vertraglich fixiert wurde,<br />

nicht aber vom Mieter selbst<br />

mit unterzeichnet worden ist.<br />

Es handele sich „um einen echten<br />

Vertrag zu Gunsten Dritter“,<br />

so das Landgericht (64S<br />

220/18). Die Entscheidung<br />

stärkt die Rechte von Mietern<br />

ehemals landeseigener Wohnungen.<br />

Tausende Unterkünfte<br />

wurden mit ähnlichen Schutzklauseln<br />

verkauft. Ursprünglicher<br />

Vermieter von Aranka<br />

Barfuss war die städtische Bewoge,<br />

die später in der Wohnungsbaugesellschaft<br />

Mitte<br />

(WBM) aufging. Im Jahr 2004<br />

verkaufte eine WBM-Tochter<br />

den Wohnblock an der Cunostraße<br />

an einen privaten Geschäftsmann.<br />

Im Kaufvertrag wurde festgeschrieben,<br />

dass der Erwerber<br />

„für die Dauer der bestehenden<br />

Mietverhältnisse“ auf Kündigungen<br />

wegen Eigenbedarfs<br />

verzichtet. Auch Kündigungen<br />

wegen der Hinderung an einer<br />

angemessenen wirtschaftlichen<br />

Verwertung sowie Luxusmodernisierungen<br />

sollten nicht<br />

möglich sein.<br />

Für den Fall eines Weiterverkaufs<br />

sollten die Mieterschutzklauseln<br />

an die Erwerber weitergegeben<br />

werden. Zwar wurde<br />

beim Weiterverkauf von<br />

Aranka Barfuss’ Wohnung die<br />

Mieterschutzklausel anfangs<br />

noch in den Verträgen weitergegeben,<br />

doch später nicht<br />

mehr. Im Kaufvertrag mit dem<br />

jetzigen Vermieter steht nur<br />

noch, dieser sei darüber informiert<br />

worden, „dass die Voreigentümer“<br />

zugunsten des jeweiligen<br />

Mieters auf Kündigungen<br />

sowie sogenannte Luxusmodernisierungen<br />

verzichtet<br />

haben. Der Vermieter<br />

argumentierte vor Gericht, dass<br />

die Regelungen aus dem Kaufvertrag<br />

nicht zum wirksamen<br />

Ausschluss der Eigenbedarfskündigung<br />

geführt habe. Ein<br />

dauerhafter Verzicht bedürfe<br />

der Schriftform zwischen den<br />

Beteiligten. Der Eigentümer<br />

beanspruchte die Wohnung für<br />

seinen Vater. Der Anwalt von<br />

Aranka Barfuss hielt dagegen,<br />

dass sich der Mieterschutz aus<br />

dem Kaufvertrag von 2004 ergebe.<br />

Schon in erster Instanz bekam<br />

Aranka Barfuss Recht. Das<br />

Amtsgericht Charlottenburg<br />

entschied, dass der Vermieter<br />

die Räumung der Wohnung<br />

nicht verlangen kann. Die Eigenbedarfskündigung<br />

sei durch

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