SJ - Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
SJ - Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
SJ - Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Rente als Einkommen aus dem Naturüberschuß definiert, woran<br />
Kapital und Arbeit - künstliche Fruchtbarkeiten - nicht teilhaben.<br />
J.A. Schumpeter definiert in Theorie geschichtlicher Retrospektive<br />
die ökonomische Rente als "ein aus Naturfaktoren, schießendes<br />
Einkommen" (6). Rente als Faktorprodukt ist eine moderne<br />
Formulierung, die den früheren Anschauungen entgegensteht, welche<br />
die Natur nicht als Faktor, sondern als unbedingte und im Prinzip<br />
nicht beeinflußbare Voraussetzung jeder gesellschaftlichen<br />
Faktorleistung betrachteten. Bis in die Moderne hinein wird<br />
zwischen fructus naturalis und artificialis noch im Grundsatz<br />
weiterhin unterschieden. Läßt sich da heraus ein <strong>ökologische</strong>s<br />
Fundamentaltheorem der modernen Ökonomie gewinnen? In drei<br />
Schritten wird im folgenden dieser Frage, orientiert an der<br />
ökonomischen Reflexion der Bodenzerstörung und -erhaltung<br />
nachgegangen: 1. die klassische physiokratische und englische<br />
Rententheorie, 2. die Aufhebung der Bodenfruchtbarkeit als<br />
Kapitalgut, 3. die moderne <strong>ökologische</strong> Produktionstheorie N.<br />
Georgescu-Roegens.<br />
1. Die klassische Ökonomie der Bodenfruchtbarkeiten<br />
Die physiokratische Ökonomie des 18. Jahrhunders, der der Rang der<br />
ersten systematischen Konzeption moderner Ökonomie zugesprochen<br />
werden darf, steht zugleich noch in der Tradition des antiken<br />
Topos v der ausschließlichen Naturproduktion. F. Quesnay, der<br />
Begründer der physiokratischen Ökonomie, nennt die agrarische<br />
Produktion die einzige produktive, während Handwerk und Gewerbe,<br />
unproduktiv, keine Werte erzeugen, sondern nur mehr einen Abzug<br />
vom ökonomischen Reinertrag der Primärproduktion. Der Reinertrag<br />
oder produit net ist, als natürlicher Überschuß, die Quelle des<br />
Reichtums und der Fonds aller Einkommen, folglich ein "Geschenk<br />
der Natur" (7). Durch die Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden<br />
geht der Reinertrag bzw. die absolute Rente des Ackers an den<br />
Grundeigentümer als "reines Geschenk", während die Pächter, die<br />
classe productive, die den Naturüberschuß aus dem Boden<br />
hervorarbeitet, nunmehr ihre Subsistenz und ihre Investitionen<br />
(avances) entgolten bekommt (8). Während Turgot und Quesnay den<br />
Reinertrag bzw. die absolute Rente den Grundbesitzern aus<br />
(naturrechtlieh begründeten) Eigentumsordnungsverhältnissen als<br />
gleichsam arbeitsloses Einkommen aus der Naturfruchtbarkeit<br />
zuschreiben, verfolgen Du Pont de Nemours und Baudeau eine andere<br />
Argumentation: Die Rente der Grundeigentümer ist ein Profit auf<br />
ihre Investition in die Erhältung und Verbesserung der<br />
Bodenqualität (durch Urbarmachung, Nelorisation usw.). Durch die<br />
avances foncières, ein Begriff, den Quesnay nicht kennt und Turgot<br />
bekämpft, treten die Grundeigentümer als Kapitalinvestoren des<br />
Bodens in Erscheinung (9). Du Pont de Nemours (10) schließt sich<br />
darin, als Physiokrat, enger an die englische Tradition, die seit<br />
William Petty die virtuelle Bodenfruchtbarkeit allein durch<br />
menschliche Arbeit zur reellen oder ökonomischen Fruchtbarkeit<br />
werden läßt (11). Mit der universellen Bevölkerungsentwicklung muß<br />
die landwirtschaftliche Produktivitätssteigerung Schritt halten<br />
können. Die physiokratische Reform der Wirtschaftsgesellschaft<br />
soll durch die Unternehmerfunktion des Grundbesitzers<br />
gewährleistet werden. Diese Modifikation innerhalb der<br />
physiokratischen Ökonomik ist weniger bekannt und bereits ein<br />
Vorgriff auf die Bodenkapitaltheorien des 19. Jahrhunderts.