Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
BERLIN<br />
Berlins Spider-Man<br />
Der Mann, der mit<br />
dem Todklettert<br />
SEITEN 8-9<br />
DER<br />
ROTE<br />
TEPPICH<br />
Ehre, wemEhregebührt!<br />
Marianne<br />
Schmitz<br />
bringt Bewegung<br />
in den<br />
Alltag von<br />
Senioren.<br />
Fragen?<br />
Wünsche?<br />
Tipps?<br />
Redaktion: Tel. 030/63 33 11 456<br />
(Mo.–Fr. 10–18 Uhr)<br />
10969 Berlin, Alte Jakobstraße 105<br />
E-Mail: leser-bk@berlinerverlag.com<br />
Abo-Service: Tel. 030/232777<br />
Foto: Reginald Gramatté<br />
Zusagen, dass Yoga<br />
mein Leben ist, wäre<br />
übertrieben, aber Yoga hat<br />
mein Leben verändert. Es<br />
ist intensiver und bunter<br />
geworden, das wollte ich<br />
gern weitergeben“, sagt<br />
Marianne Schmitz. „Besonders<br />
an ältere Menschen.“<br />
Die ehemalige Grundschullehrerin<br />
ist ehrenamtlich<br />
als Übungsleiterin für „Yoga<br />
auf dem Stuhl“ in Alt-<br />
Treptow tätig. Viele ältere<br />
Menschen können wegen<br />
gesundheitlicher Einschränkungen<br />
bestimmte<br />
Übungen nicht machen.<br />
Auf dem Stuhl ausgeführt,<br />
klappen die Positionen<br />
schon eher. Nach einer<br />
Fortbildung bietet Marianne<br />
Schmitz seit einem Jahr<br />
einmal wöchentlich ehrenamtlich<br />
dieses Yoga an.<br />
„Man kann in jedem Alter<br />
beginnen“, so Schmitz. Die<br />
älteste Teilnehmerin im<br />
Kurs ist 89, alle haben gesundheitliche<br />
Einschränkungen<br />
wie Rückenprobleme<br />
oder Parkinson. „Wir<br />
machen ganz sanfte Übungen,<br />
lernen richtig zu atmen<br />
und wie wir die Wirbelsäule<br />
mobilisieren können. Yoga<br />
hilft, die Koordinationsfähigkeit<br />
zu verbessern und<br />
das Gleichgewicht zu halten.<br />
Man bekommt durch<br />
Yoga nicht nur ein besseres<br />
Körpergefühl, sondern<br />
auch mehr Lebensfreude<br />
und Zufriedenheit.“<br />
Fotos: Otto, Wünsche<br />
Antonia (†) und das<br />
Seniorenheim der<br />
Herzen<br />
Von<br />
KERSTIN HENSE<br />
Fotos: Volkmar Otto<br />
Wittenau – Sie haben so ein<br />
großes Herz. Die Bewohner<br />
des Domicil-Seniorenpflegeheims<br />
in Wittenau halfen einer<br />
alleinerziehenden Mutter<br />
in großer Not. Weil Barbara<br />
Mehnert(41) das Geld für den<br />
Grabstein ihrer kürzlich verstorbenen<br />
Tochter Antonia<br />
(+18) fehlt, spendeten sie ihr<br />
1100 Euro und verzichteten<br />
dafür auf ihre eigenen GeschenkezuWeihnachten.<br />
Die Geschichte ist so rührend,<br />
aber auch so unendlich traurig.<br />
Vor Kurzem berichtete der<br />
<strong>Berliner</strong> KURIER über das dramatische<br />
Schicksal der Schülerin<br />
Antonia aus Hellersdorf, die<br />
an einer sehr aggressiven Form<br />
des Lymphdrüsenkrebses litt<br />
und sich an einen letzten Hoffnungsschimmer,<br />
eine spezielle<br />
Behandlung in den USA, klammerte.<br />
Doch dazu kam es nicht mehr.<br />
Die Bewohner der Domicil-Pflegeresidenz<br />
in Wittenau spendeten einer verzweifelten<br />
Mutter Geld für den Grabstein ihrer Tochter<br />
Antonia schloss am 5. Oktober<br />
2019 für immer die Augen. Sie<br />
starb an den Folgen ihrer<br />
schweren Erkrankung.<br />
Der tragische Tod der tapferen<br />
Antonia hat auch die Senioren<br />
aus dem Domicil-Pflegeheim<br />
sehr bewegt, als sie davon<br />
erfuhren. „Es tut mir so unendlich<br />
leid. Ich habe selbst einen<br />
Sohn verloren und weiß, was<br />
das bedeutet. Mein Peterchen<br />
starb, als er gerade vier Jahre<br />
alt war. Es ist ein Schmerz, der<br />
niemals vergeht“, sagt Jacob<br />
Dieter (80) leise.<br />
Der Senior und die anderen<br />
Bewohner spendeten die 1100<br />
Euro an den Verein Kolibri Hilfe<br />
für krebskranke Kinder<br />
Deutschland e.V., der die Hilfe<br />
Antonias für die Mutter arrangierte.<br />
Jacob Dieter gab sogar<br />
noch 50 Euro von seinem eigenen<br />
Geld dazu. „Wir haben<br />
doch alles und sind selbst<br />
wunschlos glücklich. Dann<br />
können wir doch anderen etwas<br />
Gutes tun“, findet Hella<br />
Votarek. Sie ist dreifache Muter<br />
und inzwischen sechsfache<br />
In diesem Pflegeheim in<br />
Wittenau wohnen die rettenden<br />
Engel, die das Geld spendeten.<br />
Urgroßmutter und „ist sehr<br />
froh und dankbar, dass alle gesund<br />
sind. Das ist schließlich<br />
nicht selbstverständlich.“<br />
Selbstverständlich ist das<br />
nicht. Antonia war erst 15, als<br />
der böse Krebs ausbrach. Sie<br />
verbrachte Monate ihres so<br />
jungen Lebens im Krankenhaus.<br />
Der Teenager nahm mehr<br />
als 30 Kilo ab und musste über<br />
eine Sonde ernährt werden,<br />
weil die Chemo ihre Schleimhäute<br />
verätzte und sie nicht<br />
mehr schlucken konnte. Selbst<br />
eine Knochenmarktransplantation<br />
konnte sie am Ende nicht<br />
mehr retten.<br />
Ihre Tochter war ein besonderer<br />
Mensch, der ihr und ihren<br />
Geschwistern immer wieder<br />
gezeigt habe, wie sehr sie<br />
von ihr bedingungslos geliebt<br />
werden. Sie sei eine starke<br />
Kämpferin gewesen, sagt Barbara<br />
Mehnert.<br />
Der Gedanke daran, dass sie<br />
sich von der geliebten Tochter<br />
noch nicht mal mehr verabschieden<br />
konnte, bringt sie jede<br />
Nacht um den Schlaf. „Sie kam<br />
Oktober 2018: Mutter Barbaraund<br />
Schwester Peggy stützen die<br />
schwer krankeAntonia in der Klinik.<br />
mit Atemproblemen ins Krankenhaus<br />
und verstarb innerhalb<br />
weniger Stunden“, sagt die<br />
Mutter. Deshalb möchte sie ihrem<br />
Kind so gern einen außergewöhnlich<br />
schönen Grabstein<br />
aussuchen, doch ihr fehlt das<br />
Geld. Während der Krankheit<br />
ihrer Tochter verlor sie ihren<br />
Job und bezieht seitdem Arbeitslosengeld.<br />
„Ich bin so gerührt über das<br />
große Herz der Senioren“, sagt<br />
Barbara Mehnert und fängt an<br />
zu weinen. Wohl niemand auf<br />
der Welt kann ihr diesen unerträglichen<br />
Schmerz nehmen,<br />
aber das Gefühl nicht allein zu<br />
sein, gibt ihr in der Trauer Kraft.<br />
Der Mutter fehlt noch immer<br />
Geld, um den teuren Stein (3500<br />
bis 5000 Euro) für Antonia ganz<br />
zu finanzieren, aber sie glaubt<br />
fest daran, den Rest auch noch<br />
zusammenzubekommen.<br />
Der außergewöhnliche Grabstein,<br />
er soll eine würdevolle Erinnerung<br />
an die Tochter sein.<br />
Daran hält sich Barbara Mehnert<br />
in der schwersten Zeit ihres<br />
Lebens fest.