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Berliner Kurier 14.01.2020

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BERLINER KURIER, Dienstag, 14. Januar 2020<br />

BERLIN 9<br />

Schlägt Ihnender<br />

<strong>Berliner</strong> Winter aufs<br />

Gemüt, HerrGysi?<br />

Herr Gysi, der lange <strong>Berliner</strong><br />

Winter ist für viele Menschen<br />

eine schwer erträgliche<br />

Zumutung. Hadern Sie<br />

auch mit der geografischen<br />

Benachteiligung Ihrer Stadt?<br />

Ich bin froh, in einem Land zu<br />

leben, in dem es vier gleichberechtigte<br />

Jahreszeiten gibt, zumindest<br />

gab. Es fiele mir<br />

schwer, in einem Land zu wohnen,<br />

das fast nur Sommer oder<br />

Winter kennt. Die Zugereisten<br />

aus dem Südwesten in Berlin<br />

werden den langen Winter hier<br />

als Problem sehen. Die langjährigen<br />

<strong>Berliner</strong>innen und <strong>Berliner</strong><br />

wissen, dass Berlin etwas<br />

näher an Sibirien liegt. Allerdings,<br />

von Winter kann derzeit<br />

doch kaum die Rede sein.<br />

Gibt es in Ihren Augen einen<br />

grundsätzlichen Zusammenhang<br />

zwischen Meteorologie<br />

und seelischer Verfassung?<br />

Sicher. Nicht umsonst spricht<br />

man von Frühjahrsmüdigkeit<br />

und man kennt die Probleme<br />

eingeschränkter Vitamin-D-<br />

Aufnahme bei fehlendem Sonnenlicht.<br />

Schöne Tage muss<br />

man intensiv genießen und die<br />

Grau-in-Grau-Tage eher übergehen.<br />

Den <strong>Berliner</strong>n wird ja gerne<br />

eine gewisse Ruppigkeit<br />

nachgesagt –wehrt sich das<br />

Gemüt auf diese Weise einfach<br />

nur gegen die Unbill des<br />

Breitengrads?<br />

Wenn es diesen Zusammenhang<br />

gäbe, müssten Menschen<br />

im Hohen Norden besonders<br />

aggressiv sein, wovon aber keine<br />

Rede sein kann. In Wirklichkeit<br />

hat das kesse <strong>Berliner</strong><br />

Mundwerk, das <strong>Berliner</strong><br />

Schnauze genannt wird, einen<br />

besonders hohen Grad an Klugheit,<br />

Chuzpe, Ironie und Humor.<br />

Und jeder weiß, dass <strong>Berliner</strong>innen<br />

und <strong>Berliner</strong> hilfsbereit<br />

und solidarisch sind, mithin<br />

ein großes Herz haben.<br />

Nicht auszudenken, wenn irgendwann<br />

herauskäme, dass<br />

die Entscheidungen unserer<br />

Politiker angehaucht sind<br />

von der Tristesse des Wetters,<br />

nicht wahr?<br />

KURIER-Kolumne<br />

Eine Curry<br />

mit Gysi<br />

Der wöchentliche<br />

Interview-Imbiss mit den<br />

Chefredakteuren<br />

Elmar Jehn und<br />

Jochen Arntz<br />

Ich bitte Sie, Politikerinnen<br />

und Politiker treffen in allen<br />

Jahreszeiten Fehlentscheidungen.<br />

Berlin ist für die Politik<br />

schon deshalb ein Gewinn, weil<br />

man in anderen Größenordnungen<br />

denken muss und den<br />

realen Problemen kaum ausweichen<br />

kann.<br />

War Politik in der milden<br />

Bonner Klimazone mehr von<br />

optimistischer Fröhlichkeit<br />

getragen, haben wir mit dem<br />

Hauptstadtumzug womöglich<br />

einen fatalen Fehler gemacht?<br />

Bonn ist beschaulich, nett,<br />

wird aber von gravierenden<br />

Problemen deutlich weniger<br />

berührt. Karnevalistinnen und<br />

Karnevalisten sehen allerdings<br />

ihre Gegenden als viel fröhlicher<br />

und angenehmer als andere<br />

Gegenden an. Sie haben an<br />

bestimmten Tagen frei, ohne<br />

dass es gesetzliche Feiertage<br />

sind –bemerkenswert! Sämtliche<br />

Versuche, diese Art Frohsinn<br />

nach Berlin zu exportieren,<br />

sind gescheitert. <strong>Berliner</strong>innen<br />

und <strong>Berliner</strong> können bei<br />

Festen und zu Silvester erst singen<br />

und schunkeln, wenn sie<br />

zwei Stunden lang alkoholische<br />

Getränke genossen haben. Natürlich<br />

ist die <strong>Berliner</strong> Republik<br />

eine andere als die Bonner. Neben<br />

der Problemkonfrontation<br />

hilft der völlig unaufgeregte<br />

Umgang in Berlin mit vermeintlichen<br />

oder realen Prominenten.<br />

Das kann denen helfen,<br />

sich selbst nicht zu wichtig zu<br />

nehmen.<br />

Sie gehören ja zu den heiteren<br />

Vertretern der politischen<br />

Riege –sind Sie immun<br />

gegen die Grimmigkeit des<br />

Himmels?<br />

Regen bei Sonne kann sehr<br />

schön sein. Auch Gewitter finde<br />

ich spannend, zumindest wenn<br />

ich drinnen bin. Aber viele<br />

graue Tage hintereinander<br />

können auch mich nerven, wobei<br />

ich sie wegen der Vielzahl<br />

meiner Termine weniger mitbekomme.<br />

Was tun Sie, wenn es in Ihnen<br />

drinnen doch mal so grau<br />

wird wie draußen?<br />

Dann ärgere ich mich über<br />

mich selbst und versuche meine<br />

Laune durch gute Musik,<br />

Bücher oder ein schönes Essen<br />

mit netten Leuten wieder aufzuhellen.<br />

Dr.Motte fühlt<br />

wieder Liebe<br />

DJ Dr.Motte will wieder<br />

eine Loveparade.<br />

An der Siegessäule<br />

soll wie<br />

damals getanzt<br />

und gefeiert<br />

werden.<br />

Berlin –Dr. Motte meint es<br />

ernst: Der legendäre Techno-DJ<br />

und Loveparade-Erfinder will<br />

die bunte Techno-Straßen-Parade,<br />

die einst in Berlin gegründet<br />

wurde, zurück nach in die deutsche<br />

Hauptstadt holen.<br />

„Seit Jahren häufen sich die<br />

Fragen an mich, wann die Loveparade<br />

zurück nach Berlin<br />

kommt“, so Dr. Motte, der mit<br />

der bürgerlichen Namen Matthias<br />

Roeingh heißt.<br />

Die Sehnsucht nach<br />

der Loveparade<br />

scheint riesig zu<br />

sein. „Und ganz ehrlich.<br />

Wann, wenn<br />

nicht jetzt?“, so der<br />

59-Jährige. „Wir<br />

stellen die Frage:<br />

Wollt ihr eine neue<br />

Loveparade?“ Die<br />

Antwort darauf könne<br />

nur „Ja“ sein.<br />

Dr. Motte und das<br />

Team der gemeinnützigen<br />

GmbH Rave the Planet wollen<br />

Spenden sammeln, um ihren<br />

Techno-Traum wiederzubeleben.<br />

Dazu haben die Initiatoren<br />

ein besonders Spendensammel-<br />

Modell entwickelt, das sie „Fundraving“<br />

nennen –angelehnt ist<br />

das Wortspiel an den Begriff<br />

„Fundraising“, also die Beschaffung<br />

von Geldern. Über den Onlineshop<br />

(shop.ravetheplanet.com)<br />

oder direkt vor Ort kann man eine<br />

kleine Figur für fünf Euro erwerben,<br />

die man selbst auf die<br />

Modellstraße kleben kann.<br />

Außerdem soll ein offiziell anerkannter<br />

„Feiertag der elektronischen<br />

Tanzmusikkultur“ initiiert<br />

werden – gefeiert werden<br />

soll natürlich an diesem Tag auf<br />

der Loveparade in Berlin. Rave<br />

the Planet will mit diesen Aktionen<br />

für mehr Akzeptanz der<br />

Club- und Festivalkultur sorgen.<br />

Melanie Reinsch<br />

Fotos: Engelsmann, dpa

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