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Berliner Kurier 15.01.2020

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MEDIZIN<br />

Der große<br />

SEITE17<br />

KURIER-Ratgeber BERLINER KURIER, Mittwoch, 15. Januar 2020<br />

Hilfsmittel in<br />

der Pflege<br />

Pflegebedürftige und ihre<br />

Angehörigen sollten sich<br />

gut beraten lassen, wenn sie<br />

Hilfsmittel benötigen und<br />

im Zweifelsfall auch einen<br />

Widerspruch nicht scheuen,<br />

heißt es im „Senioren<br />

Ratgeber“. Für Hilfsmittel,<br />

die den Umgang mit einer<br />

Behinderung oder einer<br />

Krankheit erleichtern,<br />

brauchen Betroffene in der<br />

Regel ein Rezept –ganz<br />

egal, ob es um Kompressionsstrümpfe<br />

geht oder um<br />

einen Rollator. Je größer<br />

der Bedarf, desto ausführlicher<br />

sollte die Verordnung<br />

vom Arzt aber verfasst sein.<br />

Das erhöht die Chance, dass<br />

der Antrag bei der Krankenkasse<br />

erfolgreich ist.<br />

Hilfsmittel, die den Alltag<br />

in der Pflege erleichtern,<br />

gibt es oft auch ohne Rezept.<br />

Im Grundsatz zahlt<br />

die Kasse allerdings nur für<br />

die Basisausstattung eines<br />

Hilfsmittels. Beratung bei<br />

der Suche nach Hilfsmitteln<br />

und der Beantragung<br />

gibt es zum Beispiel bei<br />

Pflegestützpunkten und<br />

Wohnberatungsstellen.<br />

Ein Rollator wird meist vonder<br />

Krankenkasse bezahlt.<br />

Mandeln raus<br />

oder nicht?<br />

Früher war es gang und gäbe:<br />

Bei Schwierigkeiten mit<br />

den Mandeln wurden die<br />

Übeltäter chirurgisch entfernt.<br />

Besonders häufig<br />

trifft die Mandelentzündung<br />

Kinder, inzwischen<br />

wird jedoch viel seltener<br />

operiert. Ein Grund dafür:<br />

Bei der Mandelentfernung<br />

könne es zu Komplikationen<br />

wie Nachblutungen<br />

kommen, erklärt Kinderund<br />

Jugendarzt Ulrich Fegeler<br />

in der „Neuen Apotheken<br />

Illustrierte“. Zudem<br />

wolle man die Schutzfunktion<br />

der Mandeln erhalten.<br />

Ein Richtwert ist daher:<br />

Sind die Mandeln mindestens<br />

sechs Mal im Jahr entzündet,<br />

lohnt sich das<br />

Nachdenken über eine OP.<br />

Nicht immer muss es aber<br />

gleich eine komplette Entfernung<br />

sein. Die Mandeln<br />

können auch ambulant nur<br />

teilweise entfernt werden.<br />

Foto: imago/photothek<br />

Foto: dpa<br />

Sensibles Thema: Gespräche über<br />

Krankheiten sind oft schwierig –<br />

auf leereFloskeln sollte man aber<br />

trotzdem eher verzichten.<br />

Manche Gespräche erwischen<br />

eineneiskalt:<br />

Wenn man im Supermarkt<br />

die Nachbarin trifft und<br />

von ihrer Krebsdiagnose hört.<br />

Aber auch, wenn man schwitzend<br />

vor Stress in der Kita steht<br />

und eine Mutter detailliert von<br />

ihren Rückenschmerzen berichtet.<br />

Ob schwere Erkrankung<br />

oder das kleine Zipperlein<br />

- Krankheitsgeschichten sind<br />

häufig Teil alltäglicher Plauderei.<br />

Und viele fragen sich: Was<br />

sage ich jetzt eigentlich dazu?<br />

„Wenn wir im Alltag jemanden<br />

fragen, wie es ihm geht,<br />

handelt es sich eigentlich nur<br />

um eine Höflichkeitsfloskel“,<br />

sagt Sozialpädagoge Christoph<br />

Sczygiel. Er ist Referent an der<br />

Haufe Akademie. Niemand erwarte<br />

hier einen langen Krankheitsbericht.<br />

Vor allem in den USA sei diese<br />

Art der Kommunikation weit<br />

verbreitet,ergänzt KarstenNoack.<br />

Oberflächlich sei das nicht<br />

unbedingt, sagt der Kommunikationstrainer<br />

aus Berlin. „Sich<br />

derart positiv zu begegnen,<br />

macht das Miteinanderleben<br />

einfacher. Es entsteht eine<br />

freundliche Grundstimmung.“<br />

In Deutschland sei ein „Gut“<br />

als Antwort zwar gebräuchlich,<br />

aber nicht ganz üblich<br />

wie in den USA, sagt Noack.<br />

„Viele Menschen nutzen diese<br />

Frage tatsächlich, um sich<br />

Aufden<br />

richtigen<br />

Tonkommt<br />

esan<br />

„Wie geht's?“ Darauf antworten wenige<br />

ehrlich. Wasaber,wenn doch? Wiereagieren,<br />

wenn die Nachbarin von ihrer Migräne erzählt –<br />

oder garder Krebsdiagnose?<br />

ausführlich mitzuteilen.“ Für<br />

Höflichkeits-Frager seien<br />

diese Situationen dann oft<br />

überfordernd.<br />

Dazu hat Noack einen klaren<br />

Standpunkt: „Wer fragt, sollte<br />

damit rechnen, eine ehrliche<br />

Antwort zu bekommen. Wer<br />

damit nicht umgehen kann, sollte<br />

gar nicht erst fragen.“ Doch<br />

vielen rutscht ein „Wie geht's?“<br />

ganz automatisch heraus. Was<br />

tun, wenn wir dann keine Zeit<br />

haben für die Alltags-Wehwehchen<br />

unseres Gegenübers?<br />

Gehört die Person nicht zum<br />

engeren Bekanntenkreis, könne<br />

man versuchen, bei den<br />

Floskeln zu bleiben, um wieder<br />

etwas Distanz herzustellen,<br />

rät Christoph Sczygiel.<br />

Ein Satz wie „Manchmal ist<br />

das Leben anstrengend“ sei<br />

wertschätzend und gleichzeitig<br />

ein Signal, nicht noch tiefer<br />

zu gehen.<br />

Und die Nachbarin im Flur,<br />

die immer wieder vom Zipperlein<br />

erzählt? Oder von ihrer depressiven<br />

Stimmung? Es könne<br />

leicht passieren, dass man dadurch<br />

von anderen Menschen<br />

in Schubladen gesteckt und<br />

nicht mehr ernst genommen<br />

wird, so Noack. Denn mit depressiver<br />

Stimmung sei oft nur<br />

eine Melancholie gemeint, aber<br />

keine ernsteErkrankung.<br />

Und wenn jemand hinter den<br />

gleichen Floskeln eine echte<br />

Not vermutet? „Wer helfen<br />

möchte, kann die Person fragen,<br />

wie sie mit ihrem Problem umgeht“,<br />

sagt Peter Walschburger,<br />

Professor für Psychologie an<br />

der Freien Universität Berlin.<br />

„Es geht darum, einfürsorglich<br />

motiviertes, mitfühlendes und<br />

lösungsorientiertes Gespräch<br />

zu führen, das es dem Gegenüber<br />

ermöglicht, eigene Perspektiven<br />

zu entwickeln, ohne<br />

den moralischen Zeigefingerzu<br />

erheben.“<br />

Was aber, wennnahe Angehörige<br />

und Freunde uns über eine<br />

Krankheit informieren? Auch<br />

dann fällt es vielenschwer, den<br />

richtigen Ton zu treffen. Gesundheitspsychologin<br />

Sabine<br />

Günther hat dies am eigenen<br />

Leib gespürt. Während ihrer<br />

Krebserkrankung erlebte sie<br />

verschiedene Reaktionen.<br />

„Floskeln sind fehl am Platz“,<br />

sagt die Bambergerin. Ein<br />

„Kopf hoch“ sei selten hilfreich.<br />

Ebenso unangenehm empfand<br />

sie Sätze, die mit „Du musst<br />

jetzt“ begannen. „Auf Bevormundung<br />

sollte man verzichten“,<br />

sagt sie.<br />

Wichtig sei außerdem, zwar<br />

Mitgefühl zu zeigen, abernicht<br />

zu stark mitzuleiden. „Während<br />

meinerErkrankung war ich viel<br />

damit beschäftigt, andere zu<br />

trösten“, sagt Günther. Auch<br />

mit Ratschlägensollte man vorsichtig<br />

sein. „Manchmal hilft es,<br />

einfach zuzuhören.“<br />

Sandra Arens

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