12.03.2020 Aufrufe

Die Wirtschaft Köln Ausgabe 01 / 2020

Mehr Wissen, besser entscheiden, erfolgreich unternehmen: Die Wirtschaft Köln bietet Ihnen mit exklusiven Einblicken in Branchen, Märkte und Betriebe sechs Mal jährlich einen spannenden Mix aus aktuellen Nachrichten der Kölner Wirtschaft, Unternehmensportraits und Interviews mit Entscheidern der Region.

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Sonderthema Recht & Steuern | Geld & Geschäft |<br />

einem Auslandsbezug sollten zudem prüfen,<br />

ob ein geplanter Pflichtteilsverzicht<br />

wirksam abgeschlossen werden kann.<br />

Erhöhte Vorsicht ist bei gemeinschaftlichen<br />

Testamenten gefragt. Zwar erben die<br />

Kinder erst nach dem Tod beider Partner.<br />

Was viele nicht wissen: Jedes Kind hat<br />

schon beim ersten Todesfall Anspruch auf<br />

einen Pflichtteil. Zum Schutz können die<br />

Eltern eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel<br />

in ihren letzten Willen einbauen.<br />

<strong>Die</strong> Folge: Macht ein Kind beim Tod des<br />

ersten Elternteils bereits den Pflichtteil<br />

geltend, bekommt es auch beim zweiten<br />

Erbfall nur den Pflichtteil.<br />

Erblasser sollten ihre Familiensituation<br />

und Vorstellungen mit einem erfahrenen<br />

Spezialisten für Familien- und Erbrecht<br />

diskutieren. So lassen sich böse Überraschungen<br />

vermeiden und tragfähige Lösungen<br />

entwickeln.<br />

Rechte von<br />

enterbten Angehörigen<br />

Enterbte Kinder, Ehepartner oder eingetragene<br />

Lebenspartner haben einen Geldanspruch<br />

auf einen Teil des Nachlasses. Sie<br />

dürfen aber nicht untätig bleiben. Enterbte<br />

Nachkommen müssen spätestens zum Ende<br />

des dritten Jahres, welches dem Jahr der<br />

bekannt gewordenen Enterbung folgt, ihren<br />

Pflichtteil einfordern. Andernfalls verjährt<br />

der Anspruch.<br />

Damit nicht genug: Pflichtteilsberechtigte<br />

haben zudem Anspruch auf einen sogenannten<br />

Pflichtteilsergänzungsanspruch,<br />

der sich auf alle Schenkungen des Erblassers<br />

in den letzten zehn Jahren bezieht.<br />

Mit jedem seit der Schenkung vergangenen<br />

Jahr reduziert sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch<br />

in Bezug auf den<br />

verschenkten Vermögenswert um zehn<br />

Prozent. Für Schenkungen, die beim Erbfall<br />

länger als zehn Jahre zurückliegen, besteht<br />

kein Ergänzungsanspruch mehr.<br />

Besondere Regelungen<br />

für Schenkungen<br />

beachten<br />

Für einige Schenkungen gelten besondere<br />

Regelungen. Bei Schenkungen unter<br />

Eheleuten beginnt die zehnjährige<br />

Frist erst mit der Auflösung der Ehe, also<br />

mit dem Tod des Erblassers. Schenkungen<br />

unter Nießbrauchvorbehalt lösen<br />

grundsätzlich keine Jahresfrist<br />

aus und sind voll zu berücksichtigen.<br />

Um ihren Anspruch zu beziffern, haben<br />

enterbte Pflichtteilsberechtigte ein Auskunftsrecht<br />

über die genaue Höhe des gesamten<br />

Nachlasses zum Todestag. Zudem<br />

müssen die Erben die lebzeitigen Schenkungen<br />

des Erblassers offenlegen. Zu diesem<br />

Zweck wird in der Regel von einem<br />

Notar ein Vermögensverzeichnis erstellt.<br />

Alle in den letzten zehn Jahren verschenkten<br />

Vermögenswerte werden wieder „fiktiv“<br />

einbezogen und zumindest anteilig<br />

berücksichtigt. Um ihre Rechte optimal<br />

zu wahren, sollte enterbte Pflichtteilsberechtigte<br />

einen erfahrenen Berater zurate<br />

ziehen. So können sie kostspielige Fehler<br />

vermeiden und ein bestmögliches Ergebnis<br />

erzielen (siehe Infokasten „Den Pflichtteil<br />

richtig einfordern“).<br />

Win-win-Modelle<br />

nutzen<br />

<strong>Die</strong> Vorstellung, dass sich erbberechtigte<br />

und enterbte Angehörige in die Haare<br />

bekommen, bereitet vielen Erblassern<br />

schlaflose Nächte. Abhilfe kann eine lebzeitige<br />

Regelung schaffen. Der Königsweg<br />

ist ein Pflichtteilsverzicht. Dazu schließt<br />

der Erblasser mit dem zu enterbenden<br />

Angehörigen einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag<br />

ab. Darin erklärt<br />

der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteilsverzicht<br />

und erhält im Gegenzug eine<br />

Abfindung. So kann der Erblasser seinen<br />

Nachlass frei von späteren Pflichtteilsansprüchen<br />

auf die von ihm gewünschten<br />

Erben verteilen. Auch für enterbte Pflichtteilsberechtigte<br />

kann der Pflichtteilsverzicht<br />

vorteilhaft sein. Sie erhalten bereits<br />

zu Lebzeiten eine Abfindung, die unter<br />

Umständen höher ist als der gesetzliche<br />

Pflichtteil. Schließlich verringert sich das<br />

Vermögen des Erblassers bis zu seinem<br />

Tod häufig noch.<br />

Zwar besteht bei einem Pflichtteilsverzicht<br />

kein Zwang zur Zahlung einer Abfindung<br />

an den Verzichtenden. Jedoch kann bei einer<br />

unterbleibenden Abfindung der Pflichtteilsverzicht<br />

als unangemessen gelten und<br />

damit unwirksam sein. Bei Unternehmern<br />

und sehr wohlhabenden Personen bietet<br />

sich auch ein sogenannter gegenständlich<br />

beschränkter Pflichtteilsverzicht an. In<br />

diesem Fall erstreckt sich der Verzicht nur<br />

auf einzelne Vermögensgegenstände des<br />

Erblassers, zum Beispiel auf seine Beteiligung<br />

am Familienunternehmen.<br />

Seit einigen Jahren hat sich die Rechtsprechung<br />

deutlich verschärft. Deshalb ist bei<br />

Abschluss von Pflichtteilsverzichtsverträgen<br />

erhöhte Vorsicht gefragt und rechtlicher<br />

Rat dringend ratsam. Verträge sind<br />

Den Pflichtteil<br />

richtig einfordern<br />

Enterbte Familienmitglieder sollten<br />

frühzeitig fachlichen Rat einholen.<br />

So können sie systematisch vorgehen<br />

und Fehler vermeiden.<br />

→ Auskunft einholen: Zunächst sollten<br />

enterbte Angehörige Auskünfte<br />

zum Nachlass von den Erben verlangen.<br />

So erfahren sie den Umfang<br />

des Nachlasses zum Todestag<br />

und die Summe der lebzeitigen<br />

Schenkungen des Erblassers.<br />

→ Ansprüche prüfen: Man sollte die<br />

Höhe der Pflichtteilsansprüche<br />

gründlich prüfen, aber nicht vorschnell<br />

einfordern. Sonst wird<br />

die Erbschaftsteuer auf den gesetzlichen<br />

Pflichtteil fällig, auch<br />

wenn später eine Zahlung in<br />

niedriger Höhe erfolgt.<br />

→ Vergleich<br />

anstreben: In vielen<br />

Fällen ist ein Vergleich mit den<br />

Erben sinnvoll, um langwierige<br />

Auseinandersetzungen zu vermeiden.<br />

Bei richtiger Vertragsgestaltung<br />

können enterbte Angehörige<br />

eine faire Lösung erzielen<br />

und viel Erbschaftsteuer sparen.<br />

(Quelle: BKL Fischer Kühne + Partner, www.bkl-law.de)<br />

nur rechtswirksam, wenn der Erblasser<br />

vor Vertragsschluss den Verzichtenden<br />

über Art und Umfang des Vermögens ausreichend<br />

aufklärt. Wer auf Nummer sicher<br />

gehen möchte, empfiehlt dem enterbten<br />

Nachkommen obendrein, den Vertragsentwurf<br />

von einem unabhängigen Anwalt<br />

prüfen zu lassen. So sind denkbare Angriffspunkte<br />

gegen den Pflichtteilsvertrag<br />

meist ein für alle Mal vom Tisch. W<br />

Foto: BKL / Daniela Schmitter<br />

Gastautor: Andreas Otto Kühne,<br />

Fachanwalt für Erbrecht,<br />

BKL Fischer Kühne + Partner<br />

www.diewirtschaft-koeln.de 41

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