ZETT4
Die neue Ausgabe des Zett. Magazins ist auf dem Markt - mit meinen beiden Beiträgen a) über den Freiburger Künstler und langjährigen Salsa-Freund Celso Martinez-Naves (S. 52) und b) das Tanzen im Mensabrunnen (S. 59) - wie man sieht, entstanden die Beiträge und Fotos noch vor Corona, sind aber gerade rechtzeitig wieder aktuell - viel Freude beim Schmökern und bei Gefallen gerne weiter empfehlen: https://zett-magazin.de/leben-in-freiburg sowie zum Download unter: https://zett-magazin.de/wp-content/uploads/2020/06/ZETT4.pdf
Die neue Ausgabe des Zett. Magazins ist auf dem Markt - mit meinen beiden Beiträgen a) über den Freiburger Künstler und langjährigen Salsa-Freund Celso Martinez-Naves (S. 52) und b) das Tanzen im Mensabrunnen (S. 59) - wie man sieht, entstanden die Beiträge und Fotos noch vor Corona, sind aber gerade rechtzeitig wieder aktuell - viel Freude beim Schmökern und bei Gefallen gerne weiter empfehlen:
https://zett-magazin.de/leben-in-freiburg
sowie zum Download unter:
https://zett-magazin.de/wp-content/uploads/2020/06/ZETT4.pdf
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SATIRE
bahnhaltestelle, selbst Konfetti über mich werfe – ob die mich
dann wegsperren? Wegen Umweltverschmutzung, Aszendent
Wahnvorstellung?
„Sei glücklich, nicht perfekt: Wie ich aufgehört habe, mich
ständig verbessern zu wollen, und angefangen habe, zu leben“.
Das stammt von einer Fitness-Youtuberin, die erst mal alle mit
Videos überzeugen wollte, es ihr nachzutun, und die nun die
gleichen oder andere Menschen schriftlich berät, wie sie „die
Schattenseiten ihrer verbissenen Selbstoptimierung“ wie „Essstörungen,
Anabolikamissbrauch und Fitnesssucht“ hinter sich
lassen können. Wendepunkt bei der Autorin war laut Buchbeschreibung
ein psychischer Zusammenbruch – sehr authentisch.
Und hier, noch so ein Hammer: „Der perfekte Augenblick:
Leben mit mehr Glück, Erfolg und Stärke“. Endlich mal einer,
der im Hier und Jetzt nicht künstlich unperfekt sein will! „Der
Unternehmer und prominente Investor des VOX-Formats
‚Die Höhle der Löwen‘ war Stuntman, brach Weltrekorde
als Bungeejumper und macht mit seinem Unternehmen
Umsätze in Millionenhöhe. Ob beim Fallschirmspringen,
Fassadenklettern oder meditativen Yoga: Er weiß
aus Erfahrung, wie wichtig es ist, in jedem Moment
achtsam zu sein.“ Ach, es geht um Achtsamkeit
beim Fassadenklettern. Nee, das ist nichts für mich.
Beim Fassadenklettern kann ich nicht auch noch lesen.
Es ist ungemein schwer, ein passendes Ratgeberbuch
herauszufischen aus dieser Flut. Jedenfalls scheint das
Ratgeberbuch-Schreiben lukrativ zu sein. Vielleicht sollte
ich selbst eins schreiben? Oder am besten gleich zwei,
mit denen ich auch die jeweilige Gegenposition gleich
mit abdecke? Ich sitze im Café und mache mir Notizen.
Also, mein erster Ratgeber könnte heißen: „Durchblick
durch Ordnung – Warum eine gute Planung das Leben so
leicht macht“ Der zweite Ratgeber könnte dann heißen: „Lass
das Chaos in dir zu – Lebensfreude lässt sich nicht erzwingen“.
Oder ich verdichte beide Sichtweisen gleich zu nur einem Titel:
„Lass das Chaos los – Warum keine Ordnung auch keinen Sinn
macht“. Oder so. Mir schwirrt der Kopf. Das wird nichts, lieber
wieder zurück an die Regale.
Hier: „Der geile Scheiß vom Glücklichsein: Wie man das Glück
nicht sucht und trotzdem findet“. Sind da 200 leere Seiten drin?
Nicht suchen mit Anleitung, wie soll das gehen? Und wie nur
hat mich dieses Buch gefunden? Hat das etwas zu bedeuten?
Schnell weiter: „Charisma Mensch: Das revolutionäre 6 Wochen
Programm für magische Ausstrahlung und eine Körpersprache
der Königsklasse“. Mir fällt selbst noch ein Titel ein: „Sechs muss
man nicht ausschreiben – einfach mal machen.“ Guuut.
Inzwischen bin ich bei den seichten Romanen gestrandet.
Aber klar, das verständnisvolle Ratgeber-Sachbuch grenzt
natürlich an den heiteren Zeitgeist-Roman. „Wenn Schmetterlinge
Loopings fliegen“ und „Morgen mach ich
bessere Fehler“, „Es muss ja nicht perfekt sein“ oder
„Meistens kommt es anders, wenn man denkt“.
Hm. Dann doch lieber zurück zu den Ratgebern.
„Die Gaben der Unvollkommenheit – Lass los,
was du glaubst sein zu müssen und umarme, was
du bist“. Na also, es geht doch. Klingt gleich schon
viel einfühlsamer als so ein lustlos dahingerotzter
Roman ohne liebevoll ergänzenden Subtitel. Das kaufe
ich. Vielleicht. Aber zunächst mal werde ich zuhause
vor dem Spiegel üben, zu umarmen, was ich zu sein
glauben könnte, würde ich mit einer Körpersprache
der Königsklasse beim Fassadenklettern auf einem
(fast) toten Pferd äußerst achtsam bessere Fehler machen.
„Paaralyse“ (KK-Cartoon Edition,
104 S, 18,90 Euro) ist ein Bilderbuch
für alle Gummipärchen,
bei denen die Liebe das Gedächtnis
lähmt: Die Beteiligten stehen
sich nicht nur gegenseitig auf den
Füßen, sondern auch längerfristig
im Weg. So wird die Beziehung
schnell zur Paarodie, in der Sex
und Heiraten nur noch vergessene
Basics sind. Merke: Amor Stein und
Eisen bricht!
Karlitzkyesk
FREI UND AMTLICH
„Schwarze Momente“ (KK-Cartoon Edition, 116 S, 18,90
Euro) schildert eine Welt zwischen Da-geht-noch-was- und
Alles-wird-gut-Attitüde, in der der tägliche Wahnsinn nur
noch mit abgrundtiefem und himmelhochjauchzendem
Humor zu ertragen ist. Wer bei diesem Buch Selbst-Mords-
Hunger bekommt, sollte indes nicht über Los gehen,
sondern das Ganze mit seinem Arzt oder Therapeuten
besprechen oder mit diesem gemeinsam die Seiten
durchblättern. Denn nur hier pocht der schwarze Humor
in quietschfidelen Aquarellfarben.
Der Freiamter Cartoonist Klaus
Karlitzky hat wieder zugeschlagen:
Frei und amtlich
legt der für seine spitze Feder
und scharfe Zunge bekannte
Zeichner gleich zwei nagelneue
Blätterwälder vor – was soll
man auch machen, wenn die
Themen nur so übersprudeln?
ZETT. JUNI 2020
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