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Familienchronik - auf der überarbeiteten Webseite der ...

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Verloren ist, was vergessen wird -<br />

»Nickelshagen, wo meine Wiege stand«<br />

Jährlich einmal kamen Zigeuner in unser Dorf. Sie kamen nicht im Opel o<strong>der</strong><br />

BMW, son<strong>der</strong>n kamen mit einem Wohnwagen ohne Gummireifen, davor<br />

zwei Araber-Pferde. Am Wagen hing allerhand Hausrat. Der Dorf-Sheriff Herr<br />

Meyer erteilte ihnen einen dreiwöchigen Aufenthalt. An <strong>der</strong> Chaussee von Liebemühl<br />

nach Maldeuten am Gasthaus Witteck war <strong>der</strong> Zeltplatz. Es dauerte nicht<br />

lange so liefen zwei bis vier Frauen durch das Dorf. Sie handelten, boten Spitzen<br />

je<strong>der</strong> Art. Sie hatten ihre Wünsche: ein Mandel Eier, ein Stück Speck, eine Scheibe<br />

Schinken, Weizenmehl, Roggenmehl je 10 Pfd. Gelbe Erbsen, weiße Bohnen,<br />

ein Korb Kartoffeln und manches mehr. Auch eine Zich mit Gänsehalbdaunen und<br />

Schleißfe<strong>der</strong>n. Von meinem Vater bekamen sie einen Sack Hafer und ein Bündel<br />

Heu. Während die zwei Frauen mit Mutter handelten, flog im Hof die schreiende<br />

Hühnerschar in die Höhe. Weg waren sie, die zwei besten Legehühner. Doch<br />

mein Vater meinte, die haben auch Hunger. Am Abend waren sie recht ausgelassen.<br />

Bei Lagerfeuer und ihrer Hausmusik tanzten sie und waren fröhlich. Einige<br />

Jungs bzw. Dorfburschen ließen es sich nicht nehmen, dem Treiben dort zuzusehen.<br />

Da sahen sie den dampfenden Topf an einem Dreier-Bock hängen, und<br />

so berichteten die Burschen, es roch so gut nach Hühnerbrühe!<br />

1932 waren wie<strong>der</strong> Zigeuner im Dorf. Doch nach 14 Tagen verließen sie plötzlich<br />

unser Dorf. Im Dorfteich am Bauer Reß badeten noch die kleinsten Zigeunerkin<strong>der</strong>.<br />

Ich lief den fahrenden Zigeunern hinterher bis zum Teich, da sah ich es, wie<br />

<strong>der</strong> Zigeuner-Vater eins nach dem an<strong>der</strong>en durch die offenstehende Tür in die<br />

rotkarierten Fe<strong>der</strong>betten warf. Und ganz schnell fuhren sie fort in Richtung Winkenhagen.<br />

Ich erzählte es meinem Vater, da sagte er: »Hitler ist an die Macht<br />

gekommen, sie haben Angst«. Nun sah man sie nie wie<strong>der</strong>.<br />

Doch die eingehandelten Spitzen hatte man noch lange, welche früher für den<br />

Hausgebrauch sehr nützlich waren. Vater unterhielt sich schon mal mit dem<br />

Zigeuner, und so erfuhr er, das sie aus <strong>der</strong> Tschechoslowakei kamen, übers Erzgebirge,<br />

wo die vielen Spitzen produziert wurden.<br />

Ich war damals zwischen 6 und 8 Jahren alt!<br />

16<br />

Frieda Gutt<br />

Otto-Lilienthal-Straße 18<br />

08468 Reichenbach<br />

Manuskripte<br />

mit Schreibmaschine o<strong>der</strong> Computer<br />

bitte stets nur einseitig und 1 1/2zeilig abfassen<br />

sowie links einen 4 cm breiten Rand zum Redigieren lassen.<br />

Handgeschriebene Manuskripte bitte ebenfalls nur einseitig<br />

abfassen und links einen Rand zum Redigieren freihalten.<br />

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