Jubiläumsbeilage vom 24. März 2011 (PDF) - Morgen im Landboten
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DEr LANDBOTE<br />
DonnerStaG, <strong>24.</strong> märz <strong>2011</strong> 175 JAhrE LANDBOTE l 17<br />
Grossstadt und grösste Landgemeinde<br />
zürich. Der «Landbote» wurde gegründet, um als St<strong>im</strong>me<br />
der Landschaft den Stadtzürcher Herren die Meinung zu sagen.<br />
Haben sich die alten Fronten aufgelöst? Hat Winterthur – nun<br />
selbst Grossstadt – in der Kantonspolitik gar die Seite gewechselt?<br />
Jakob bächtold und<br />
katharina baumann<br />
Die grüne Winterthurer Kantonsrätin<br />
Lilith Hübscher sagt es unverblümt:<br />
«Manchmal behandeln uns die Stadtzürcher<br />
als Landeier – <strong>im</strong> Parlamentsbetrieb<br />
und auch in unserer Fraktion.»<br />
Auch wenn die Stadt-Land-Rhetorik<br />
häufig bloss für Sticheleien benutzt<br />
werde: Ab und zu hätten die Hauptstädter<br />
die Tendenz, die kleineren Gemeinden<br />
als «Provinz» zu betrachten.<br />
Hübscher findet deshalb, dass Lokalpatriotismus<br />
auch heute noch nötig<br />
sei, damit eine Region <strong>im</strong> Kantonsrat<br />
nicht zu kurz komme. Und Winterthur<br />
habe manchmal <strong>im</strong>mer noch die traditionelle<br />
Rolle als «grösste Landgemeinde»<br />
des Kantons.<br />
Andere Winterthurer Kantonsparlamentarier<br />
empfinden die Unterschiede<br />
zwischen Hauptstadt und Umland<br />
als nicht mehr so gravierend: «Es<br />
wäre übertrieben von einem Stadt-<br />
Land-Graben zu sprechen», sagt etwa<br />
Oskar Denzler (FDP). Abgesehen von<br />
einzelnen Themen wie dem Finanzausgleich<br />
komme es nur noch selten<br />
zu Konflikten. Dann sieht er die Rol-<br />
Yvonne Beutler<br />
Fraktionspräsidentin<br />
SP <strong>im</strong> Gemeinderat<br />
Mein Tag beginnt<br />
mit dem «<strong>Landboten</strong>».<br />
Damit ich<br />
mich nie darüber<br />
streiten muss, wer<br />
den «<strong>Landboten</strong>» zuerst lesen darf,<br />
habe ich einen Zürcher geheiratet ...<br />
Besonders kritisch lese ich die Ratsberichterstattung<br />
– ist sie ausgewogen,<br />
fair? Wie ich von den Fraktionspräsidentenkollegen<br />
weiss, glauben<br />
alle hin und wieder, zu kurz zu kommen.<br />
Das bedeutet wohl, dass die Redaktion<br />
einen guten Job macht.<br />
le der Winterthurer eher als Brückenbauer.<br />
«Dafür sind wir als ‹ländliche<br />
Stadt› in einer guten Position.» Dieter<br />
Kläy (FDP) erklärt, dass die Streitigkeiten<br />
zwischen Stadt und Land abgenommen<br />
haben, seit 1998 die finanziellen<br />
kantonalen Abgeltungen für<br />
«zentralörtliche Aufgaben» festgeschrieben<br />
worden sind.<br />
«Winterthur ist nach wie vor ein<br />
Sonderfall», sagt René Isler (SVP).<br />
Doch das Verhältnis zur Hauptstadt<br />
habe sich entspannt. Eine Beobachtung<br />
Islers: In manchen Bereichen,<br />
wie etwa bei den Polizeikorps, habe<br />
Winterthur ein deutlich besseres und<br />
unverkrampfteres Verhältnis zum<br />
Kanton als die Stadt Zürich.<br />
Gut gekämpft<br />
Willy Germann (CVP) lobt, wie hervorragend<br />
Winterthur be<strong>im</strong> Aushandeln<br />
des neuen Finanzausgleichs gekämpft<br />
habe: «Da war die Lobbyarbeit<br />
entschieden besser als noch vor<br />
ein paar Jahren.» Als er vor 20 Jahren<br />
in den Kantonsrat gewählt wurde, sei<br />
er erschrocken, wie gross die Distanz<br />
zwischen Winterthur und «dem Kanton»<br />
oftmals war. Die Stadtzürcher<br />
christa Kern<br />
Fraktionspräsidentin<br />
SVP <strong>im</strong> Gemeinderat<br />
Einen wichtigen<br />
Beitrag zu dieser<br />
Zeitung leisten die<br />
Leserbriefschreiber.<br />
Diese Statements<br />
sind ein wichtiger Gradmesser<br />
für uns Parlamentarier – man erkennt,<br />
wo der Schuh drückt! Auch wir nutzen<br />
dieses Instrument, um Informationen<br />
weiterzugeben. Nicht <strong>im</strong>mer<br />
ganz zufrieden sind wir mit der Ratsberichterstattung.<br />
Über manche Geschäfte,<br />
welche behandelt wurden, ist<br />
<strong>im</strong> «<strong>Landboten</strong>» nichts zu lesen.<br />
Wer liest hier <strong>im</strong> Kantonsratssaal den «<strong>Landboten</strong>»? Bild: Peter Würmli<br />
hätten ihre Anliegen viel besser eingebracht.<br />
Unterdessen habe das gebessert.<br />
Der Stadt-Land-Unterschied sei<br />
ohnehin nicht mehr so entscheidend.<br />
Germann sieht heute eher eine Konfliktlinie<br />
zwischen den «ärmeren» Gebieten<br />
und den «reichen» Gemeinden<br />
in der kantonalen Politik. Insgesamt<br />
glaubt der CVP-Politiker, dass die<br />
Stadt Zürich in gewissen Punkten <strong>im</strong>mer<br />
noch bevorzugt behandelt werde.<br />
Barbara Günthard<br />
Fraktionspräsidentin<br />
FDP <strong>im</strong> Gemeinderat<br />
Der «Landbote»<br />
ist für mich wie<br />
ein Spiegel unserer<br />
politischen Arbeit<br />
aus Sicht der Bürger.<br />
Es ist die Aufgabe des «<strong>Landboten</strong>»,<br />
uns auf Dinge aufmerksam<br />
zu machen, die wir übersehen, sollten<br />
wir wegen der grossen Nähe etwas<br />
betriebsblind geworden sein. Ich<br />
schätze die kritische Begutachtung<br />
unserer Arbeit – sei es <strong>vom</strong> «<strong>Landboten</strong>»<br />
oder von den betroffenen Menschen<br />
selbst.<br />
Das sehe man beispielsweise bei der<br />
Verteilung der Lotteriegelder: «Winterthur<br />
spielt manchmal <strong>im</strong>mer noch<br />
die Rolle eines Mauerblümchens und<br />
ist viel zu brav», sagt Germann.<br />
Mehrere der Winterthurer Politikerinnen<br />
und Politiker <strong>im</strong> Kantonsrat<br />
sind der Meinung, der gesamte Kanton<br />
sei in den vergangenen Jahren und<br />
Jahrzehnten städtischer geworden: «Es<br />
gibt nur noch ganz wenige Gebiete <strong>im</strong><br />
Michael zeugin<br />
Fraktionspräsident<br />
GLP <strong>im</strong> Gemeinderat<br />
Der «Landbote»<br />
hat eine 175-jährige<br />
liberale Tradition.<br />
Das Ziel des<br />
Liberalismus ist die<br />
Freiheit, die laufend erkämpft werden<br />
muss. Dazu gehört die Überzeugung,<br />
dass Wissen nicht absolut, sondern<br />
temporär ist. Diesem Spannungsfeld<br />
und dieser Herausforderung stellt<br />
sich der «Landbote», seit ich ihn kenne.<br />
Darüber hinaus ist mir diese Zeitung<br />
ein Stück He<strong>im</strong>at. Ich fühle mich<br />
mit den Inhalten stark verbunden.<br />
Kanton, die wirklich ländlich geprägt<br />
sind», sagt etwa Hedi Strahm (SP).<br />
Der ganze Kanton sei mittlerweile wie<br />
eine einzige Stadt: «Die S-Bahn funktioniert<br />
heute so wie früher das Tram<br />
in der Stadt Zürich.» Darum seien die<br />
meisten Probleme auch gemeindeübergreifend,<br />
sagt Strahm. Lösungen<br />
müssten deshalb miteinander gesucht<br />
werden – nicht gegeneinander.<br />
Im Ton ländlich<br />
Martin Geilinger (Grüne) findet, dass<br />
Winterthur in der Kantonspolitik heute<br />
oft dieselben Standpunkte einnehme<br />
wie Zürich, «weil wir als städtische<br />
Zentren dieselben Probleme haben».<br />
In einem Punkt sei Winterthur nach<br />
wie vor ländlich geprägt: «Die Diskussionskultur<br />
in der Stadt Zürich ist konfrontativ.<br />
In Winterthur redet man <strong>im</strong>mer<br />
noch miteinander, als wäre man<br />
auf dem Land. Das schätze ich sehr.»<br />
Für Regierungsrat Hans Hollenstein<br />
ist klar, dass er sich auch als kantonaler<br />
Politiker über die Interessen<br />
der Region Winterthur informiert:<br />
«Denn die Perspektiven der Stadt und<br />
der Region Winterthur sind für meine<br />
Arbeit als Regierungsrat unverzichtbar.»<br />
Dafür lese er den «<strong>Landboten</strong>» –<br />
aber auch noch aus anderen Gründen:<br />
«Ich möchte als Winterthurer über die<br />
lokalen Ereignisse <strong>im</strong> Bild sein», sagt<br />
Hollenstein. «Das geht nur mit der<br />
Lektüre der Lokalzeitung.»<br />
Darum LeSen WiNTErThUrEr POLiTiKEr Den «LanDBoten»<br />
Nik Gugger<br />
Fraktionspräsident<br />
eVP <strong>im</strong> Gemeinderat<br />
Wer über Winterthur<br />
informiert sein<br />
will, kommt um den<br />
«<strong>Landboten</strong>» nicht<br />
herum. Für mich<br />
als Lokalpolitiker ist neben den Leserbriefen<br />
vor allem der ausführliche<br />
Lokalteil von entscheidender Bedeutung.<br />
Auf seinen Mut, heikle Themen<br />
anzusprechen, und seine Gespür dafür,<br />
die wichtigen Themen zu erkennen,<br />
ist stets Verlass. Manchmal nur<br />
wünschte ich mir ein bisschen mehr<br />
Neutralität.<br />
Jacqueline Fehr<br />
nationalrätin<br />
SP<br />
Interessanterweise<br />
lese ich den «<strong>Landboten</strong>»<br />
besonders<br />
intensiv, wenn ich<br />
in Bern bin. Das<br />
zeigt, dass er den Leserinnen und<br />
Lesern das Geschehen unserer Stadt<br />
auf eine lebendige Art nahebringt.<br />
Ich lese vor allem den Lokalteil und<br />
die Leserbriefseite. Ich möchte mitbekommen,<br />
was die Menschen in der<br />
Stadt bewegt. Fürs «Inland» steht nur<br />
wenig Platz zur Verfügung, darum ist<br />
die Auswahl manchmal gar zufällig.<br />
rené harlacher<br />
Fraktionspräsident<br />
CVP <strong>im</strong> Gemeinderat<br />
Der «Landbote» ist<br />
nahe am Puls der<br />
Bevölkerung und<br />
deckt auf, was die<br />
Winterthurerinnen<br />
und Winterthurer beschäftigt. Das<br />
zeigt mir, wo die wichtigen Themen<br />
sind, und gibt einen guten Gradmesser<br />
für die Sorgen der Bevölkerung<br />
ab. Ich schätze die breite Berichterstattung<br />
über die Sitzungen des Gemeinderats<br />
– so finden wir Lokalpolitiker<br />
unsere Standpunkte objektiviert<br />
in der Zeitung wieder.<br />
Markus hutter<br />
nationalrat<br />
FDP<br />
Der «Landbote»<br />
informiert seriös.<br />
Aber er hat sich<br />
<strong>vom</strong> gegen die Zürcher<br />
Aristokratie<br />
gerichteten Winterthurer Sprachrohr<br />
seiner Gründungszeit zu einer ganz<br />
normalen Regionalzeitung mit Hang<br />
zur Hofberichterstattung gewandelt.<br />
Ich wünschte mir, er würde zuweilen<br />
den medialen Meinungsgleichklang<br />
stören, sich vermehrt für seine Leserinnen<br />
und Leser wehren und das Gespräch<br />
mit uns Politikern suchen.<br />
Ernst Wohlwend<br />
Winterthurer<br />
Stadtpräsident SP<br />
Für die politische<br />
Meinungsbildung<br />
in der Stadt ist der<br />
«Landbote» eine<br />
unverzichtbare Basis.<br />
Es ist zu wünschen, dass der Einfluss<br />
der Tamedia beschränkt und die<br />
Unabhängigkeit gewahrt bleibt. Die<br />
Zeitung hat sich <strong>vom</strong> bürgerlichen<br />
Hofblatt zur Forumszeitung entwickelt.<br />
Meine Kritik: Die reisserischen<br />
Titel suggerieren manchmal eine andere<br />
Geschichte als jene, die dann tatsächlich<br />
folgt.<br />
Marlies Bänziger<br />
nationalrätin<br />
Grüne<br />
Der «Landbote»<br />
ist meine Lokalzeitung,<br />
die ich seit<br />
Jahr und Tag lese,<br />
mir manchmal richtiggehend<br />
zu Gemüte führe. Winterthur<br />
ist mein politischer Boden, hier<br />
habe ich meine Wurzeln. Mit dem<br />
Ausbau des Mantelteils lese ich vermehrt<br />
auch Hintergrundseiten, die<br />
mir häufig gefallen. Diese neue Entwicklung<br />
gefällt mir sehr. Die lokale<br />
Politik dürfte gerne kritischer betrachtet<br />
und hinterfragt werden.<br />
Jürg Stahl<br />
nationalrat<br />
SVP<br />
Für mich ist der<br />
«Landbote» das<br />
seriöse Medium in<br />
Winterthur. Auch<br />
wenn Politiker aller<br />
Seiten überzeugt sind, dass mehr<br />
über sie berichtet werden müsste.<br />
Mir hat die Zusammenarbeit mit der<br />
«Thurgauer Zeitung» gut gefallen,<br />
da ich in der Region Nordostschweiz<br />
viele Ähnlichkeiten sehe. Die Region<br />
Winterthur muss <strong>im</strong> Kanton<br />
Zürich schauen, dass sie nicht zu<br />
kurz kommt.<br />
Maja ingold<br />
nationalrätin<br />
eVP<br />
Ich schenke meinen<br />
erwachsenen Kindern<br />
ein «Landbote»-Jahresabo.<br />
Das<br />
sagt sehr viel über<br />
den Stellenwert und das Vertrauen,<br />
das ich der Zeitung entgegenbringe.<br />
Für die Kinder will man nur das Beste.<br />
Es beinhaltet für mich die tägliche<br />
Information über das, was unsere<br />
Gesellschaft wünscht, braucht, fragt,<br />
politisch entscheidet, sich gegenseitig<br />
anbietet, um das Zusammenleben in<br />
dieser Stadt zu gestalten.<br />
Jürg Altwegg<br />
Fraktionspräsident<br />
Grüne, Gemeinderat<br />
Die Metapher des<br />
Felsens in der Brandung<br />
passt gut zum<br />
«<strong>Landboten</strong>»: Trotz<br />
aller Gratiszeitungen<br />
und Lokalbünde hat er seinen<br />
Platz in der Winterthurer Medienlandschaft<br />
halten können. Die unabhängige<br />
Berichterstattung über hiesig Relevantes<br />
ist für eine freie Meinungsbildung<br />
von grosser Bedeutung. Darum<br />
ist der Stadtbund des «<strong>Landboten</strong>»<br />
für mich als Politiker eine unverzichtbare<br />
Informationsquelle.<br />
chantal Galladé<br />
nationalrätin<br />
SP<br />
Als Kind war der<br />
«Landbote» die<br />
erste Zeitung, die<br />
ich zu lesen begann,<br />
und er begleitet<br />
mich bis heute. Im Laufe der<br />
Jahre habe ich vor allem eines besonders<br />
zu schätzen gelernt: der seriöse<br />
und unaufgeregte Journalismus. Was<br />
mir als Politikerin fehlt, ist die Möglichkeit,<br />
Überlegungen zur Politik an<br />
die Menschen meiner He<strong>im</strong>atstadt<br />
weiterzugeben, zum Beispiel in Form<br />
einer Kolumne.<br />
Verena Diener<br />
zürcher Ständerätin<br />
GLP<br />
Den «<strong>Landboten</strong>»<br />
habe ich schon<br />
als Regierungsrätin<br />
schätzen gelernt.<br />
Der Inhalt<br />
hat wohltuenden Charakter. In einer<br />
Zeit, wo vor allem schrille und aggressive<br />
Töne die Medien prägen,<br />
hebt sich der «Landbote» ab. Kritische<br />
Berichterstattung wird hier nicht<br />
mit polemischen Tönen versehen. Ich<br />
hoffe, dass diese Qualität aufrechterhalten<br />
werden kann und nicht dem<br />
ökonomischen Druck weichen muss.