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Jubiläumsbeilage vom 24. März 2011 (PDF) - Morgen im Landboten

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DER LANDBOTE<br />

DONNERSTAG, <strong>24.</strong> mäRz <strong>2011</strong> 175 JAhRE LANDBOTE l 35<br />

Fels in der Brandung<br />

10<br />

Wenn der Redaktor meint, eine<br />

Zeitungsseite sei fertig, täuscht er<br />

sich. Für Techniker J<strong>im</strong>my Naef<br />

beginnt die Arbeit dann erst.<br />

Sechs Tage lang leistet er Abenddienst<br />

von 16.30 bis um 23.30 Uhr.<br />

Jede zweite Woche plant er die<br />

Struktur der Zeitung mit redaktionellen<br />

Seiten und Inseraten.<br />

Abends bearbeitet er zuerst die<br />

Bilder, die am nächsten Tag in<br />

der Zeitung stehen. Das Farbsystem<br />

muss er auf die vier Druckfarben<br />

Cyan (Blaugrün), Magenta<br />

(Purpurrot), Gelb und Schwarz<br />

12<br />

11 umstellen. 1 «Dieser H<strong>im</strong>mel ist ein<br />

richtiger Postkartenh<strong>im</strong>mel, er 11<br />

2<br />

ist<br />

zu rot», meint er und n<strong>im</strong>mt et-<br />

9<br />

8<br />

7<br />

was Rot heraus. 3 Er hellt auf, dun-<br />

9<br />

kelt nach, macht schärfer.<br />

4<br />

J<strong>im</strong>my Naef heisst zum 8 Vornamen<br />

5<br />

6 eigentlich Werner. Doch<br />

7<br />

seit der Schulzeit, in der er J<strong>im</strong>i<br />

10<br />

Hendrix verehrte, nennen ihn alle<br />

12<br />

11 nur J<strong>im</strong>my. 1 An ihm, der vor 29<br />

11<br />

Jahren Schriftsetzer 2 gelernt hat,<br />

zeigt sich die gesamte technische<br />

9<br />

8<br />

7<br />

Umwälzung 3in<br />

der Zeitungsbran-<br />

9<br />

che. Im ersten Lehrjahr lernte<br />

4<br />

er noch, wie man mit Winkelha- 8<br />

5<br />

ken 6 und einzelnen Lettern Zei- 7<br />

len setzt. Nachher klebte er Arti-<br />

10<br />

kel 12auf<br />

vorgelochte Kartons.<br />

11<br />

Heute entstehen 1 die Zei-<br />

11<br />

tungsseiten 2 ausschliess-<br />

9<br />

8<br />

7<br />

lich am Computer.<br />

3<br />

«Unsere Tätigkeit hat 9<br />

sich zum 4Guten<br />

verändert.»<br />

Es gehe alles 8<br />

5<br />

leichter 6 von der Hand,<br />

und es sei eine schönere<br />

7<br />

10<br />

Gestaltung 12 möglich.<br />

11 1<br />

Das Korrektorat wirft einen 11<br />

letzten Blick 2 auf die Seiten und<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

übergibt sie J<strong>im</strong>my und Kollegen.<br />

Diese prüfen, ob alle Bilder<br />

bearbeitet sind, ob keine Linien<br />

fehlen und die Seitenzahlen st<strong>im</strong>-<br />

10<br />

men. Zudem ändern sie die Far-<br />

12 be, in denen pro Bund Seitenkopf<br />

und 1 Ortschaften eingefärbt sind.<br />

J<strong>im</strong>my 2 muss die Redaktoren<br />

disziplinieren. Be<strong>im</strong> Belichten der<br />

3<br />

Seiten – das heisst be<strong>im</strong> Schicken<br />

in die 4 Druckerei – hat er einen<br />

strikten Fahrplan einzuhalten. In<br />

5<br />

6 der letzten halben Stunde dürfen<br />

nur noch sechs Seiten offen (un-<br />

12 fertig) sein, in den letzten zwanzig<br />

1<br />

Minuten noch vier, in den letzten<br />

10 zehn 2noch<br />

zwei. Die letzte Seite<br />

muss spätestens um 23.30 Uhr<br />

3<br />

belichtet werden. Und dies ungeachtet,<br />

4 ob Gaddafi zurücktritt<br />

oder 5 ein Championsleaguespiel<br />

6 in die Verlängerung geht. Verspätungen<br />

gehen ins Geld,<br />

10<br />

12<br />

1<br />

weil sie den Transport der<br />

Zeitungen verteuern.<br />

2<br />

Seit der Landbo-<br />

3 te Anfang <strong>2011</strong> vier<br />

weitere Regionalzei-<br />

abstreicht, sobald er Seiten in die<br />

Druckerei «geschickt» hat. Das<br />

4 tungen mit seinem geschieht per Knopfdruck, über<br />

6<br />

5 Mantelteil beliefert, ist<br />

J<strong>im</strong>mys Arbeit kompli-<br />

extraschnelle und -leistungsfähige<br />

Datenverbindungen. Er muss<br />

zierter geworden. Der Tech- schnell und trotzdem genau vor-<br />

10<br />

12 niker 1 muss den Überblick behalten<br />

und arbeitet mit Listen, die er<br />

2<br />

gehen. Die Namen der Seitendateien<br />

<strong>im</strong> <strong>PDF</strong>-Format müs-<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

1<br />

4<br />

10 2<br />

9<br />

8<br />

11<br />

3<br />

DIE kORREkTORIN vRONI schIllINg<br />

7<br />

12<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

uNsERE TäTIgkEIT ALs schRIfT-<br />

sETzER hAT sIch sEhR vERäNDERT.<br />

Ich fINDE, zum guTEN. hEuTE IsT EINE<br />

schöNERE gEsTALTuNg mögLIch<br />

DER TEchNIkER JImmy Naef<br />

sen zum Beispiel exakt st<strong>im</strong>men,<br />

sonst landen sie in der Druckerei<br />

nicht auf der richtigen Platte.<br />

J<strong>im</strong>my wirkt auch in der<br />

grössten Hektik wie ein Fels in<br />

der Brandung. Herunterfahren<br />

könne er nach einem strengen<br />

Abend, wenn er um Mitternacht<br />

Ich muss mIch AchT sTuNDEN LANg<br />

kONzENTRIEREN köNNEN. Ich vERsuchE<br />

DEshALB, mEINE fREIE zEIT mög-<br />

LIchsT ENTspANNT zu vERBRINgEN<br />

Bilder: marc Dahinden<br />

eine halbe Stunde mit dem Zug<br />

nach Märstetten TG fahre und<br />

zwanzig Minuten zu Fuss nach<br />

Hause gehe. Dort setze er sich<br />

noch etwas nach draussen. Im<br />

Sommer steht er am nächsten<br />

morgen trotzdem öfters um sechs<br />

Uhr auf und geht fischen.<br />

Die Nachleserin<br />

12<br />

11 1<br />

12<br />

11 1<br />

Vroni 10 Schilling liest 2 Tag und Nacht. zur Korrektur» auf dem Bildschirm auf-<br />

Be<strong>im</strong> «<strong>Landboten</strong>» korrigiert sie 10 jeweils tauchen. 2 Es sind nur drei Personen, die<br />

acht 9 Stunden lang 3 Artikel. Wenn sie einen ganzen «<strong>Landboten</strong>» korrigieren.<br />

9<br />

3<br />

nach 8 Mitternacht in ihre Altstadtwoh- Wenn Schilling Korrektur liest – die län-<br />

4<br />

nung in Schaffhausen zurückkommt, 8 liest geren 4Texte<br />

auf Papier, die kürzeren am<br />

7 5<br />

sie weiter. 6 Sie verschlingt Bücher von 7 Bildschirm 5 –, tut sie das mit einem Ras-<br />

Anne Tyler, Margaret Atwood oder Ivo 6 ter <strong>im</strong> Kopf. «Ich konzentriere mich dar-<br />

Andric. Meist 12 schläft sie erst mor-<br />

11<br />

gens um fünf 1Uhr<br />

ein. «Ich bin 11<br />

ein 10 Nachtmensch.» 2 Sie empfin-<br />

10<br />

det es deshalb nicht als Nach-<br />

9<br />

3<br />

teil, <strong>im</strong>mer am Nachmittag 9<br />

und 8 am Abend zu 4 arbeiten.<br />

«Die Sozialkontakte leiden 8<br />

7 5<br />

nicht. Man 6 muss sie nur orga- 7<br />

nisieren.» Sie hat zum Beispiel<br />

12<br />

6<br />

auf, wie der Satz beginnt, wie er aufhört<br />

und was dazwischen pas-<br />

1<br />

siert.» Gleichzeitig mit den<br />

2<br />

sprachlichen Fehlern muss<br />

3 sie jeden unnötigen Abstand<br />

vor dem Komma sehen. Denn<br />

4 alle Texte ausser Kommenta-<br />

5 re, Leitartikel und die Frontseite<br />

werden nur einmal gelesen.<br />

Freunde, 12 die <strong>im</strong> Spital Schicht arbei- Die Artikel kämen meist gut über-<br />

11 1<br />

ten. Ihr langjähriger Partner lebt ausser- 12<br />

11 arbeitet 1 in die Korrektur, sagt Schilling.<br />

dem 10 in Deutschland. 2 Er ist ohnehin nur Sie korrigiere auch inhaltliche Fehler, re-<br />

10 2<br />

am 9 Wochenende da. 3<br />

cherchiere selbst <strong>im</strong> Internet, halte täg-<br />

Als junges Mädchen wäre die 53-Jähri- 9 lich mit 3 den Journalisten Rücksprache.<br />

ge 8gerne<br />

Setzerin 4geworden.<br />

Frauen wa- «Am Stil basteln wir jedoch nicht herum.<br />

ren in diesem Job aber nicht akzeptiert. 8 Wenn 4<br />

7 5<br />

etwas grammatikalisch und ortho-<br />

«Es hiess: 6 Da kriegt man ja schwarze 7 grafisch 5 erlaubt ist, lassen wir es.»<br />

6<br />

Finger.» Sie lernte Kindergärtnerin, lan- Neben einer schrägen Leseplatte und<br />

dete «durch 12<br />

11 die Hintertür» trotzdem in dem Computer sind Schillings Werk-<br />

1<br />

12<br />

der Druckerei: als Korrektorin. Elf 11 Jahzeuge 1 der Duden sowie das «Landbo-<br />

10 2<br />

re lang korrigierte sie die «Schaffhauser 10 te»-eigene 2 Wörterverzeichnis. Darin ist<br />

Nachrichten» 9<br />

und 3machte<br />

berufsbeglei- unter G zum Beispiel die Schreibweise<br />

tend den Korrektorenkurs der grafischen 9 von «Gaddafi» 3 festgehalten. Mit einem<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4Branche.<br />

Anschlies- Kugelschreiber notiert sie die Änderun-<br />

8<br />

4<br />

send arbeitete sie in gen. Hier ein «selbständig», dem nach<br />

Druckereien in Win- 7 der 5<br />

6 Hausregel ein zweites «st» fehlt.<br />

terthur und Schleit- Dort ein Name, der nicht einheitlich gehe<strong>im</strong><br />

SH. Zuletzt schrieben ist.<br />

12<br />

war sie bei der «Neu- 11 Nach 1 20 Uhr haben Schilling und ihre<br />

en Zürcher Zeitung» 10 Kolleginnen 2 keine Pause mehr. Sie lesen<br />

tätig, bevor sie vor nonstop. Kann man sich acht Stunden<br />

gut zwei Jahren 9 zum lang konzentrieren? 3<br />

«Man muss.» Sie<br />

«<strong>Landboten</strong>» kam. 8 versuche die <strong>Morgen</strong>, die ja ihre Feier-<br />

4<br />

Schillings Schicht, die um 15 Uhr beabende sind, möglichst entspannt zu ver-<br />

7 5<br />

ginnt, läuft meist geruhsam an, bis <strong>im</strong>- 6 bringen. Sie probiere, keine Probleme<br />

mer mehr Texte mit dem Status «frei zur Arbeit mitzubringen.

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