Herzliche Gratulation! Der Stadtrat gratuliert dem «<strong>Landboten</strong>» zum 175.Geburtstag! Wir wünschen ihm journalistische Qualität, verlegerische Selbstständigkeit und wirtschaftlichen Erfolg, damit er seinen wichtigen Beitrag zur freien Meinungsbildung leisten kann. Eine starke Tageszeitung gehört zum Selbstverständnis unserer Stadt. Wir danken den Mitarbeitenden des «<strong>Landboten</strong>», dass sie sich für Winterthur einsetzen. Stadtrat Winterthur Bild: Manuel Bauer Stadt Winterthur
DER LANDBOTE Donnerstag, <strong>24.</strong> märz <strong>2011</strong> 175 JAhRE LANDBOTE l Peter Niederhäuser Wanderer oder Zeitungsmonarch – die Anfänge des «<strong>Landboten</strong>» Das Zeitungswesen habe als Zeichen einer «verwilderten und losgebundenen Zeit» um 1830 einen grossen Aufschwung erlebt, klagte der konservative Winterthurer Schulmeister und Historiker Johann Conrad Troll in seinen Erinnerungen von 1844. Dieser Aufschwung erfüllte «die Köpfe der Publicisten mit schwindligem Stolz, und sie fingen an, sich wie Volkspropheten zu gebärden, von denen die Bürger den rechten Verstand, und die Obrigkeiten die wahre Weisheit zu lernen hätten.» Auch Winterthur habe dieser Entwicklung gefolgt und 1836 mit dem «<strong>Landboten</strong>» «einen von Parteiansicht solid gefärbten Zeitungsmonarchen» erhalten, «der eine diktatorische Sprache vor dem Volke zu führen begann und eine Oppositionshochschule zu errichten strebte.» Ganz anders tönte es von Seiten der von Troll als «Despotie» und «Barbarei» verurteilten Presse. Der «Landbote» stellte sich in der Einleitung der Erstausgabe <strong>vom</strong> <strong>24.</strong> <strong>März</strong> 1836 vielmehr als «rüstigen Wanderer» dar, der die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen erforschen und nur der Sache wegen das «Tadelnswerthe» aufzeigen wolle. Information versus Sensation – was heute die kontroverse Wahrnehmung des Zeitungswesens best<strong>im</strong>mt, war offensichtlich bereits früher ein Diskussionspunkt. Winterthur <strong>im</strong> Aufbruch Woher stammt diese Polemik zu einer Zeitung, die lange um ihren Platz und ihren Einfluss kämpfen musste? In welchem Umfeld blühte das Pressewesen tatsächlich auf, und wie wichtig waren dessen Produkte? Rektor Troll mag zwar eine attraktive, da wortgewaltige St<strong>im</strong>me darstellen, war aber ein parteiischer Zeitzeuge. Seine Aussagen passen jedoch in eine Epoche hinein, wo der Kampf mit Worten und anderen Mitteln zu einer Politik gehörte, deren Emotionalität heute noch frappiert. Politik war praktisch Religion, entsprechend heftig prallten die Meinungen aufeinander. Und an Stoff «Die Köpfe der Publicisten erfüllten sich mit schwindligem Stolz» Johann Conrad troll, 1844 für Auseinandersetzungen fehlte es in der damaligen Zeit nie. Die Schweiz und der Kanton Zürich erlebten zwischen 1798 und 1848 einen Umbruch, der die Lebensverhältnisse drastisch veränderte. Der Weg <strong>vom</strong> Ancien Rég<strong>im</strong>e mit der Herrschaft der Gnädigen Herren von Zürich zum von Industrialisierung und Demokratisierung geprägten Kanton war steinig. Bürgerkriegsähnliche Unruhen begleiteten eine «Modernisierung», die von einigen Zeitgenossen als Verheissung, von anderen als existenzielle Bedrohung wahrgenommen wurde. Als kleine, prosperierende «Handelsstadt» charakterisiert, erlebte auch Winterthur – um 1840 ein Landstädtchen mit rund 4500 Einwohnerinnen und Einwohnern – eine stürmische Entwicklung. Äusseres Zeichen des Wandels war die «Überwindung» der Stadtmauer, die weniger eine Befestigung als ein Symbol der städtischen Autonomie darstellte. Bis 1835 wurden die Tore jeden Abend verriegelt, und bis 1836 mussten Passanten «Durchgangs-, Ausgangs- und Eingangszölle wie Tor- und Pflastergeld» entrichten. Die Zuschüttung der Gräben und der Abriss Eine Kleinstadt <strong>im</strong> Aufbruch, Winterthur in der Mitte des 19. Jahrhunderts. (Aquatinta von David Schmid, gestochen von Lukas Weber.) Bild: winbib einzelner Tore und Türme öffnete die «geschlossene» Stadt gegen aussen. Ausserhalb des engen städtischen Per<strong>im</strong>eters entstanden erste Promenaden und 1838/42 das Knabenschulhaus (das heutige Museum Oskar Reinhart am Stadtgarten). Der liberale Umsturz Die grossen Veränderungen kamen aber von aussen. Im Zeichen der Konfrontation zwischen konservativer und liberaler Bewegung war die Julirevolution 1830 in Paris ein Fanal, das in ganz Europa die «Neuerer» mobilisierte – auch in Zürich. Am 22. November 1830 fanden sich rund 10 000 Männer in Uster zusammen, die in einem Memorial politische und wirtschaftliche Forderungen formulierten. Die <strong>im</strong> Frühjahr 1831 angenommene neue Kantonsverfassung setzte einen schönen Teil dieser Forderungen um: Die politische Vormacht der Stadt Zürich wich einer repräsentativen Demokratie, wo gewählte Vertreter der 1798 wurde in Winterthur die «Druckerei Ziegler» gegründet, die auch das erste regelmässige Presseorgan der Stadt, das «Winterthurer Wochenblatt», herausgab. Ab 1836 druckte die zieglersche Druckerei zudem – mit einem Unterbruch zwischen 1839 und 1857 – den «<strong>Landboten</strong>». Diese Druckerei schlägt allerdings nur dem Namen nach einen Bogen zu jener Familie, die 1886 das Zepter übernehmen sollte. Vor genau 125 Jahren, 1886, kamen nämlich Zeitung und Verlag testa- Landschaft, zu der auch Winterthur gehörte, die Mehrheit hatten – Frauen und Armengenössige blieben jedoch von der Mitsprache ausgeschlossen. Gleichzeitig läutete das Jahr 1831 die Gewerbefreiheit ein, brachte schrittweise eine Ablösung von jahrhundertealten Abgaben und stellte Schul- und Gerichtswesen auf eine zeitgemässere Grundlage. Der Kampf zwischen Fortschritt und Reaktion war mit der Umwälzung von 1831 aber nicht entschieden, wie der «Züri-Putsch» von 1839 zeigte, der 15 Todesopfer forderte und – vorübergehend – die liberale Regierung stürzte. In diesem mit viel Herzblut – und manchmal auch mit Waffen – geführten Streit um «Alt» und «Neu» spielten Presse und Bücher eine wichtige Rolle. Aktive Bürger suchten neben ihrem politischen Engagement ihren Bildungshunger zu stillen. Auf der Landschaft entstanden Lesegesellschaften, während in Winterthur etwa der 1833 gegründete «Zirkel zum Kaffeehaus» seine Mitglieder zu «Conver- 12 Jahre Familienbetrieb Ziegler mentarisch an Gottlieb Ziegler, den Schwager des langjährigen Inhabers des «<strong>Landboten</strong>», Salomon Bleuler. Als Sohn eines Winterthurer Leinenwebers, erlebte Gottlieb Ziegler eine erstaunliche Karriere, die ihn <strong>vom</strong> Pfarrer- und Lehrerberuf in die Politik und zur Presse führte. Einer der Väter der Demokratischen Bewegung, prägte er die neue Kantonsverfassung von 1869, sass <strong>im</strong> Kantons-, Regierungs- wie Nationalrat und drückte von 1877 bis zu seinem Tod 1898 dem «Land- sation» und Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften einlud. In solchen Vereinen und Gruppierungen fanden sich Fabrikanten und Lehrer, Kaufleute und Pfarrer, aber auch Juristen und Gastwirte zusammen. Diese bildeten eine neue «bürgerliche» Öffentlichkeit, die in politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht den Ton angab. Die Ideale des Liberalismus gingen Hand in Hand mit dem Misstrauen gegenüber der Stadt Zürich, die allzu lange dominant geblieben war und auch weiterhin grosses Gewicht besass. Umso bedauerlicher musste dieser ländlichen Elite erscheinen, dass alle massgeblichen Zeitungen in der L<strong>im</strong>matstadt erschienen. So ist es kein Zufall, dass in Antwort auf das Zeitungsmonopol der Kantonshauptstadt <strong>vom</strong> <strong>24.</strong> <strong>März</strong> 1836 an der «Landbote» seine St<strong>im</strong>me als Sprachrohr der Reformer erhob. Wer genau hinter der Gründung des «<strong>Landboten</strong>» stand, der sich ausdrücklich nicht als Winterthurer, boten» zuerst als Redaktor, dann als Verleger seinen Stempel auf. Seine Nachkommen führten das Haus als Familienunternehmen unter dem Namen «Druck und Verlag von Geschwister Ziegler» weiter und spielten auch <strong>im</strong> journalistischen Alltag bis in die Gegenwart hinein eine wichtige Rolle. 1974 verwandelte sich die «Firma Ziegler Druck- und Verlags-AG» zwar in eine Aktiengesellschaft, gehört aber bis heute mehrheitlich den Erben von Gottlieb Ziegler. sondern als «Land»-Zeitung <strong>im</strong> Sinne eines nichtzürcherischen Blattes sah, lässt sich nur vermuten. Es ist auf jeden Fall bezeichnend, dass die Zeitung in den ersten Jahren nicht von einer einzelnen Person herausgegeben wurde, sondern von einer Gesellschaft, der in den besten Zeiten gegen 500 Mitglieder angehörten, eine mit Blick auf die Einwohnerzahl von Winterthur eindrückliche Zahl. Ein Kampfblatt? Federführend waren vor allem Winterthurer «Liberale» (Juristen, Kaufleute oder Unternehmer), die politisch tätig waren und am Ustertag von 1830 teilgenommen hatten. Die journalistischen Kenntnisse stammten von Alexander Flegler, einem der vielen Deutschen, die damals liberales Gedankengut und Reformideen in die Schweiz brachten. Dass der «Landbote» sich an ein «besseres» Publikum richtete, zeigte der Abonnementspreis von einem Gulden – deutlich mehr als der Tageslohn eines Arbeiters –, aber auch der Inhalt. Der «rüstige Wanderer» leitete seine wöchentlichen Ausführungen mit einem Hauptartikel über grundsätzliche Zeitfragen ein, der Wissen und Interesse voraussetzte. Die Inserate machten in den ersten Ausgaben vor allem Werbung zu aufklärerischer Literatur und zum Postverkehr, zu Vergantungen und der Baumwollbörse oder zu bürgerlicher Kultur und Unternehmerversammlungen. Die Zeitung war und blieb lange eine eher elitäre Sache. Seinen eigentlichen Siegeszug trat der «Landbote» erst später an. 1857 wurde er Tageszeitung und ab 1860 unter Salomon Bleuler zum schweizweit beachteten Kampfblatt der in Winterthur wurzelnden Demokratischen Bewegung.
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