Jubiläumsbeilage vom 24. März 2011 (PDF) - Morgen im Landboten

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l DER LANDBOTE 175 jAhRE LANDBOTE Donnerstag, 24. märz 2011 Das Programm des «Landboten» bei seiner Gründung Die erste Ausgabe des «Landboten» erschien am Donnerstag, dem 24. März 1836. Auf der Titelseite richtete er sich «an seine Freunde und die es werden wollen» und trat dann auf sein Programm ein: Das Blatt wolle «seinen Lesern erzählen von den wichtigsten Ereignissen in der ganzen Welt, insbesondere aber von dem, was sich in der Schweiz zuträgt und ganz vorzüglich von den Ereignissen im Kanton Zürich». Und auch wenn sich die Redaktion die Vertretung der ländlichen Interessen gegenüber der Stadt Zürich auf die Fahnen schrieb, so versprach sie doch, «dass nicht engherzige Vertretung nur örtlicher oder persönlicher Interessen» ihre Sache sei, sondern dass man «jedes billige Verlangen öffentlich zur Sprache bringen» wolle. «Und so – mit für dieses Mal Gott befohlen und freundlichen Gruss!» Der «Landbote» war bei seinem ersten Erscheinen 1836 nicht die erste Zeitung auf dem Platz Winterthur. Eine erste Wochenzeitung sollte nach den Plänen eines Winterthurers bereits im Jahr 1764 herausgegeben werden, wobei es offenbar bei einer einzigen Ausgabe dieser als Anzeigenblatt konzipierten Zeitung geblieben ist. Doch als nach langen Jahrzehnten, in denen die Herrschaft Zürich den Winterthurern die Errichtung einer Buchdruckerei verboten hatte, 1798 endlich die erste Winterthurer Druckerei eingerichtet werden konnte, gab diese sofort auch ein neues «Wochenblatt» heraus. Diese Zeitung druckte jedoch zunächst keine eigenen Artikel, sondern verbreitete lediglich eingekaufte Nachrichten und Anzeigen. Und auch als 1829 im Kanton Zürich die Pressezensur aufgehoben wurde, verfolgte dieses Blatt keine politischen Absichten, obwohl es nun ab und an auch selbst verfasste Artikel abdruckte. Neu war also 1836 nicht die Tatsache, dass Winterthur eine «eigene» Zeitung erhielt, sondern dass diese Zeitung eine politische Stimme (der Liberalen) war und die Interessen der Landschaft vertreten wollte. Gerade Letzteres scheint umso mehr ein Bedürfnis gewesen zu sein, als zu dieser Zeit alle anderen Gesinnungszeitungen des Kantons in der Stadt Zürich gedruckt wurden. Formen und Inhalte des «Landboten» 1836 Der «Landbote» im 19. Jahrhundert Der «Landbote» erscheint 1836 als vierseitige Wochenzeitung, zunächst noch mit einem bescheidenen Anzeigenteil von jeweils ungefähr einer halben Seite. Der redaktionelle Teil beginnt entweder mit einem Leitartikel (überschrieben etwa mit: «Über die Bedeutung von Armen- und Versorgungs-Anstalten in wohlgeordneten Staaten», «Publizität, Pressefreiheit» und «Der Grosse Rath, wie er ungefähr sein sollte im Jahr 1838») oder gleich mit der Rubrik «Schweizerische Eidgenossenschaft», in der sich nach Kantonen geordnet kurze Artikel oder Nachrichten finden. Danach folgen Nachrichten aus dem Ausland und die Rubrik «Verschiedenes», sowie von Zeit zu Zeit auch bereits «Handelsberichte», die zum Beispiel die Preise für Baumwollgarne oder Baumwolltücher und kurze Nachrichten dazu enthalten: «Berichte, die man über Havre aus Amerika erhalten hat, stimmen darin überein, dass dort bei grosser Stille in den Geschäften dennoch die Preise sehr hoch stehen (…).» (26. Mai 1836) Über Ereignisse in Winterthur wird dagegen kaum berichtet. Eine der wenigen Notizen, die sich 1836 dazu finden, lautet: «Der Bezirksrath Winterthur hat die sämmtlichen Gemeinderäthe von Seen wegen Nachlässigkeit und Pflichtversäumniss in Vormundschaftssachen dem Bezirksgericht überwiesen.» (14. April 1836) Die Entwicklung des «Landboten» bis 1850 In den Jahren nach 1836 etabliert sich der «Landbote» als liberale Zeitung und wird nach dem Umsturz 1839, dem Züriputsch, zum Oppositionsblatt. Bis zum Ende der konservativen Regierung 1842 schreibt es gegen diese an. Die Gründung des Bundesstaates 1848 bedeutet dagegen keine Zäsur für die Zeitung, die sich im Lauf der Jahre den Untertitel «Zürcherisches Volksblatt» gegeben und ihren Anzeigenteil ausgebaut hat. Als 1850 der spätere Bundesrat Jakob Dubs den «Schweizer Republikaner» verlässt und eine Zeit lang für den «Landboten» schreibt, kann dieser als «Hauptorgan der Liberalen Partei» gar die Führungsposition unter den liberalen Zeitungen im Kanton Zürich für sich beanspruchen, wie Gottfried Guggenbühl in seinem Standardwerk zur Geschichte des «Landboten» im 19. Jahrhundert schreibt. Die Zeitung, die jetzt einen kunstvoll gestalteten Kopf besitzt, beginnt nun oft mit der Rubrik «Vaterland». Diese enthält meist einen Leitartikel, gefolgt von Berichten aus Bundesrat, Ständerat und Nationalrat, die aus heutiger Sicht eher an Protokolle oder Traktandenlisten als an eigenständige Berichterstattung erinnern. Ähnlich aufgebaut ist auch die folgende Rubrik «Zürich», die oft einen längeren eigenen oder «eingesandten» Artikel enthält, auf den regelmässig die «Regierungsräthlichen Verhandlungen» folgen. Danach werden Meldungen aus den Kantonen gedruckt und schliesslich Meldungen aus dem «Ausland», wobei die Berichte über die Nachbarländer zwar in der Regel die ausführlichsten sind, jedoch durchaus auch Nachrichten aus «Amerika», «Asien», «Afrika» oder Russland bekannt gemacht werden. Wie 1836 finden sich zudem auch 1850 Handelsberichte und unter der Rubrik «Verschiedenes» diverse verstreute Nachrichten aus aller Welt: «Von Marseille wird unter dem 15. d.[iesen Monats] von einem Ha- gel- und Donnerwetter geschrieben, das die Strassen während 24 Stunden unbrauchbar gemacht habe. Man sieht diese Erscheinung als Zeichen des bald nahenden Frühlings an.» (31. Januar 1850) Der «Landbote» und die Winterthurer Konkurrenz nach 1850 Der «Landbote» war im 19. Jahrhundert nur in wenigen Jahren die einzige Zeitung, die in Winterthur erschien. Mehr als einmal ging er aber als Sieger aus Verdrängungskämpfen hervor: Ein früher Konkurrent, der «Wandernde Heiri aus’m Tösstal» wurde 1839 ebenso mit dem «Landboten» fusioniert und zum Verschwinden gebracht, wie 1857 das erwähnte Wochenblatt. Nachdem der «Landbote» 1861 auch das letzte auf dem Winterthurer Zeitungsmarkt verbliebene Blatt, das demokratische «Winterthurer Tagblatt», kaufte und 1863 in sich aufgehen liess, genoss er für kurze Zeit eine Monopolstellung in Winterthur. In den Jahren 1865 und 1869 erschienen jedoch mit der «Winterthurer Zeitung» (später und nach kurzer Einstellung neu: «Winterthurer Nachrichten») und mit dem «Weinländer» (gedruckt in Wülflingen), zwei neue Konkurrenten. Ein Vergleich mit diesen beiden Zeitungen für die Jahre zwischen 1870 und 1884 zeigt neben vielen Ähnlichkeiten auch Unterschiede. So sind zwar einerseits alle drei Blätter als Tageszeitungen (der «Landbote» erscheint seit 1857 täglich von Dienstag bis Sonntag) mit einem standardmässigen Umfang von vier Seiten konzi- L. Ammann warb 1879 im «Landboten» in einer kunstvollen Anzeige für sein Nähmaschinen-Lager und seine «billigsten Preise». Bilder: archiv LB piert, führen einen Anzeigenteil und schreiben vor allem über Politik, Kultur und Wirtschaft (in dieser Reihenfolge). Auf der anderen Seite weist der «Landbote» jedoch deutlich das grösste Format auf und produziert die meisten Seiten und damit am meisten redaktionelle Inhalte. Auf der thematischen Ebene fällt vor allem auf, dass der «Landbote» seinen Wirtschaftsteil ab 1880 und anders als die Konkurrenz, stark ausbaut. Gleichzeitig bleiben Sensationsmeldungen weitgehend aus seinen Seiten verbannt, während der «Weinländer» von Anfang an stark auf diese Sparte setzt und sich die «Winterthurer Nachrichten» dieser ab 1880 vermehrt zuwenden. Ein Blick auf die Berichterstattungsgebiete zeigt, dass bis 1884 die Berichterstattung über Winterthur und Umgebung erstaunlich marginal war. Nur rund fünf Prozent seines gesamten redaktionellen Teils widmet der «Landbote» in der Regel Stadt und Bezirk Winterthur und weist damit vergleichbare Werte wie die anderen Zeitungen aus. (Die Ausnahme bilden die «Winterthurer Nachrichten», die nach 1880 Winterthurer Themen rund doppelt so viel Platz einräumen.) Den meisten Platz nimmt beim «Landboten» zwischen 1870 und 1884 Auslandberichterstattung ein: Über ein Drittel seiner redaktionellen Inhalte behandeln ausländische Ereignisse. Beim «Weinländer» sind es 1884 dagegen nur rund sieben Prozent. Dieser Primat der Auslandsberichterstattung widerspiegelt sich in der Struktur der Zeitung: Während die Konkurrenten mit dem Leitartikel beginnen, der sich in der Regel mit inländischen Themen befasst, steht beim «Landboten» ein Tagesbericht zuvorderst, der Nachrichten aus dem Ausland beinhaltet. Der «Landbote» hat also den Kampf um die publizistische Vorherrschaft auf dem Platz Winterthur im 19. Jahrhundert wiederholt und gegen verschiedene Konkurrenten gewonnen. Leider fehlen für diese Zeit Angaben zur Auflage. Vergleichen lässt sich jedoch der Umfang der Anzeigen. Und wie bei den redaktionellen Inhalten hat der «Landbote» auch hier im letzten Drittel des Jahrhunderts die Nase vorn: Es gelingt ihm in bestimmten Jahren, bis zu doppelt so viel Anzeigenraum zu verkaufen wie dem «Weinländer», seinem diesbezüglich grössten Konkurrenten in Winterthur. Dies mag ein Indikator dafür sein, dass auch im 19. Jahrhundert Zeitungen nicht nur einen politischen Meinungskampf ausgefochten haben, sondern schon damals durchaus wirtschaftliche Überlegungen im Verdrängungskampf mitgespielt haben. Samuel Studer
DER LANDBOTE Donnerstag, 24. märz 2011 175 JAhRE LANDBOTE l sabine arnold Ihrem Ururgrossvater verpflichtet Zwar gehen die Eigentümer heute nicht mehr im Betrieb ein und aus. Trotzdem ist die Ziegler Druck- und Verlags-AG immer noch fest in der Hand einer weitverzweigten Familie. In der Ziegler Druck- und Verlags-AG ziehen noch immer die Nachkommen von Gottlieb Ziegler, der den Verlag des «Landboten» 1886 übernahm, die Fäden. Vier der fünf Verwaltungsratsmitglieder sind seine Ururenkel, das heisst, sie sind Vertreter der fünften Familiengeneration. Verwaltungsratspräsident Martin Bachem (Jahrgang 1958) studierte Volkswirtschaft und arbeitete im internationalen Bankengeschäft. Andreas Hürsch (1956) führt ein Architekturbüro in Männedorf und war zuständig für die Sanierung eines Teils der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Seine Schwester Katharina Thölen-Hürsch (1953) ist Sinologin und Bibliothekarin in der Chinesischen Bibliothek am Ostasiatischen Seminar der Universität Zürich. Björn Wigholm (1956) ist Ingenieur und arbeitet in der Maschinenindustrie. «Stammesdenken» ist passé Das fünfte Verwaltungsratsmitglied ist Rolf Bollmann. Er gehört zur Unternehmensleitung der Tamedia AG, die seit 2005 mit 20 Prozent an der Ziegler Druck- und Verlags-AG beteiligt ist. Von einzelnen der jährlich zehn bis zwölf Sitzungen ist der Tamedia-Ver- anzeige Verwaltungsrat der Ziegler Druck- und Verlags-AG (v. l.): Rolf Bollmann, Björn Wigholm, Martin Bachem, Katharina Thölen-hürsch und Andreas hürsch. Im hintergrund ihre Ahnen hedwig Schurter-Ziegler und Gottlieb Ziegler. Bild: mad treter zur Vermeidung von Interessenkonflikten ausgeschlossen. Nämlich dann, wenn es um Geschäfte mit Tamedia geht. Nach dem Tod von Gottlieb Ziegler 1898 blieb der Verlag des «Landboten» im Besitz seiner sechs Töchter. Von ihnen hatten zwei keine Nachkommen, sodass schliesslich vier Familienstämme am Unternehmen beteiligt waren. Nachdem sich ein Stamm ausbezahlen liess, blieb die Firma in den Händen folgender drei Stämme: Schurter-Ziegler, Huber-Ziegler und Bryois-Ziegler. Waren früher alle drei Stämme mit zwei Mitgliedern im Verwaltungsrat vertreten, «gilt heute kein Stammesdenken mehr», sagt Verwaltungsratspräsident Martin Bachem. Die frühere Kollektivgesellschaft ist 1974 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden. Diese Rechtsform trennt das Unternehmensvermögen vom Privatvermögen der beteiligten Aktionäre. Ein allfälliger Aktienverkauf eines Aktionärs hat deshalb keinen Einfluss auf das Firmenvermögen. Aktien sind gebunden Neben den 20 Prozent der Aktien, die der Tamedia gehören, sind 80 Prozent im Besitz von rund 40 Aktionärinnen und Aktionären. Bis auf drei Personen (der aktuelle Geschäftsführer Lothar Dostal, der ehemalige Geschäftsführer und der ehemalige Finanzchef) sind sie Vertreter der vierten, fünften und sechsten Generation der Familie Ziegler. Die meisten von ihnen leben in der Schweiz. Einzelne sind im Ausland wohnhaft, in Deutschland, in den USA oder in Australien. Die Besitzverhältnisse in der Ziegler Druck- und Verlags-AG sind stabil. Die Aktien dürfen nicht frei gehandelt werden, sondern sind durch einen Aktionärsvertrag gebunden. Will ein Familienmitglied seine Aktien veräussern, haben die anderen Aktionäre ein Vorkaufsrecht. Zu solchen Transaktionen kommt es aber sehr selten. Viel häufiger sind Schenkungen an volljährige Kinder oder Ehepartner. Unabhängigkeit gestärkt Peter Bachem, Martin Bachems Vater, war von 1959 bis 1988 Geschäftsführer der Ziegler Druck- und Verlags-AG. Der heutige Verwaltungsratspräsident ging als Kind und Jugendlicher in der Druckerei ein und aus. Er und Andreas Hürsch, sein Cousin dritten Grades, hätten in den Ferien zum Beispiel als Hilfssetzer gearbeitet. Bachem half als Jugendlicher zudem oft, Zeitungen auszutragen. Heute ist kein Mitglied der Aktionärsfamilie mehr hauptamtlich im Unternehmen tätig. Die sechste Generation, also jene seiner Kinder, habe keine so enge Bindung mehr zur Firma, sagt er. Dies sei bedauerlich. «Gleichzeitig ist es aber auch gut und absolut notwendig, dass sich die Aktionäre nicht in Angelegenheiten der Geschäftsleitung oder der Redaktion mischen. Das war früher unter den Teilhabern der Kollektivgesellschaft noch nicht üblich.» Das Wahre liegt nicht einfach auf der Hand. Das gilt auch für die von Ihnen gesuchte Lösung eines dringenden Druckproblems.
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