KURT Okt./Nov. 2020
KURT - Dein Magazin für Gifhorn Ausgabe Okt./Nov. 2020
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Ausgabe Okt./Nov. 2020
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<strong>KURT</strong> vor Ort<br />
<strong>KURT</strong> vor Ort<br />
Freie Fahrt fürs Fahrrad –<br />
oder eben auch nicht<br />
<strong>KURT</strong>-Mitarbeiterin Solveig Böhme wirft einen kritischen Blick auf Gifhorns Radwege<br />
Annähernd 200.000 Kilometer kamen zusammen, seit Mitte September<br />
ist die Aktion Stadtradeln in Gifhorn zu Ende. Vergessen ist<br />
das Ziel einer fahrradfreundlichen Stadt deshalb aber keineswegs<br />
– das neue „Leitbild Mobilität 2030“ unserer Stadt soll den Fokus<br />
vor allem aufs Rad richten. <strong>KURT</strong>-Mitarbeiterin Solveig Böhme ist<br />
nicht nur überzeugte Radfahrerin und berichtet von ihren Stadtradel-Erlebnissen,<br />
sondern hat auch einen kritischen Blick auf den<br />
Radverkehr und die vorhandene Infrastruktur in Gifhorn geworfen.<br />
Von Solveig Böhme<br />
Selbstverständlich ist auch<br />
bei mir jeder Morgen anders:<br />
Manchmal dümpele ich müde<br />
und gemütlich vor mich hin,<br />
während ich gedanklich noch<br />
halb im Bett liege. An anderen<br />
Tagen wiederum sprinte ich in<br />
letzter Sekunde aus der Haustür,<br />
wobei ich mir selbst eine<br />
Prognose zusammenrechne,<br />
wie viel Glück ich haben muss,<br />
um noch pünktlich zu sein. Eines<br />
gehört aber an nahezu jedem<br />
Morgen für mich dazu<br />
– egal ob in der Woche,<br />
am Wochenende oder in<br />
den Ferien: Sobald ich<br />
aus der Tür gestolpert<br />
bin, schwinge ich mich<br />
aufs Rad.<br />
Die Übergänge zwischen<br />
Bordstein und Straße sind<br />
leider oft eine holprige Angelegenheit.<br />
Fotos: Çağla Canıdar<br />
Meine alltäglichen Wege<br />
kann ich inzwischen vermutlich<br />
im Schlaf, so oft bin ich<br />
sie gefahren. Eintönig? Auf<br />
keinen Fall! Ein Tag fängt für<br />
mich nämlich erst so richtig<br />
an, wenn ich meine morgendliche<br />
Dosis frische Luft abbekomme.<br />
Das Wetter und die<br />
Jahreszeiten sorgen zusätzlich<br />
immer ganz gut für Abwechslung.<br />
Nichts macht wacher als<br />
im tiefsten Gifhorner Winter<br />
dick eingepackt dem roten<br />
Sonnenaufgang entgegenzuradeln<br />
oder im Sommer die<br />
letzten kühlen Stunden am<br />
Morgen auszukosten, bevor es<br />
brütend heiß wird.<br />
Das Fahrrad ist mein Ticket<br />
von A nach B in Gifhorn und<br />
Umgebung – nicht nur morgens<br />
auf dem Weg zur Schule,<br />
sondern den ganzen Tag über<br />
und für alle Strecken – vom<br />
Besuch am Tankumsee bis zum<br />
Einkaufen.<br />
Für mich war es also keine<br />
Frage, dass ich auch beim<br />
Stadtradeln mitmachte. Vom<br />
28. August bis zum 17. September<br />
waren alle Gifhornerinnen<br />
und Gifhorner dazu aufgerufen,<br />
sich in Teams zusammenzuschließen<br />
und zu radeln, was<br />
das Zeug hält. Wer gemeinsam<br />
die meisten Kilometer sammelte,<br />
durfte sich über Ruhm,<br />
Ehre und den goldenen Fahrradsattel<br />
freuen.<br />
Annähernd 200.000<br />
Kilometer kamen so in<br />
den drei Wochen in<br />
Gifhorn und Umgebung<br />
zusammen. Meine erstrampelten<br />
192 Kilometer<br />
waren am Ende<br />
nur ein kleiner Teil davon.<br />
Doch es bleibt ein<br />
super Gefühl, dass unsere<br />
Stadt klimafreundlich,<br />
Mit dem „Leitbild Mobilität 2030“ möchte unsere Stadt dem Radverkehr besondere Aufmerksamkeit schenken.<br />
Grund genug für <strong>KURT</strong>-Mitarbeiterin Solveig Böhme, die vorhandenen Wege in Gifhorn genau zu inspizieren.<br />
sportlich und vor allem gemeinsam<br />
unterwegs ist. Davon<br />
gerne mehr!<br />
Der einzige Gute-Laune-<br />
Dämpfer beim Stadtradeln war<br />
nur, dass mein Team gnadenlos<br />
von den Lehrkräften meiner<br />
Schule abgehängt wurde.<br />
Doch persönliche Niederlage<br />
hin oder her – die Aktion war<br />
für mich kein Kampf um den<br />
letzten Kilometer. Vielmehr<br />
war‘s ein Zeitraum, in dem<br />
ich viel bewusster unterwegs<br />
war und sich in meinem Alltag<br />
noch mehr als ohnehin schon<br />
ums Rad drehte. Dabei wurde<br />
ich an einigen Stellen von<br />
Gifhorn angenehm überrascht<br />
– an anderen aber leider auch<br />
ziemlich vom Radwegenetz unserer<br />
Stadt enttäuscht.<br />
Klar, es gibt Wege, auf denen<br />
wir Radfahrer mit unserem<br />
Rad fahren dürfen. Allerdings<br />
sind dies oft nur Gehwege,<br />
auf denen das Radfahren gestattet<br />
ist – viel zu schmal, um<br />
einen echten Fahrradweg herzugeben.<br />
Ein eigener Radweg<br />
braucht eben in erster Linie<br />
einiges an Platz, den in einer<br />
Stadt aber auch andere gerne<br />
in Anspruch nehmen möchten.<br />
Wenn aber entlang der Celler<br />
Straße ausreichend Platz<br />
für etliche Parkplätze ist, nicht<br />
jedoch für einen Fahrradweg,<br />
dann dürfen die Prioritäten bei<br />
der Platzvergabe durchaus mal<br />
hinterfragt werden. Während<br />
die einen nämlich gemütlich<br />
ihr Auto abstellen, laufen andere<br />
Gefahr, als Fußgänger oder<br />
Radfahrer, die den engen Weg<br />
auch noch in beide Richtungen<br />
nutzen dürfen, unglücklich zusammenzustoßen<br />
– oder beim<br />
dichten Vorbeiradeln an einer<br />
schlecht einsehbaren Ausfahrt<br />
auch noch übersehen zu werden.<br />
Fährt man mit dem Rad<br />
dort hingegen auf der eng gebauten<br />
und vielbefahrenen<br />
Straße, staut sich dahinter der<br />
Verkehr – oder man wird gefährlich<br />
überholt. Radfahrspaß<br />
und Verkehrssicherheit gehen<br />
anders! Vor allem, wenn man<br />
bedenkt, dass es sich hier um<br />
einen direkten Weg zum Humboldt-Gymnasium<br />
und in die<br />
Gifhorner Innenstadt handelt.<br />
Wer die Benachteiligung von<br />
Radfahrern bei der innerstädtischen<br />
Platzvergabe einmal »<br />
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