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02 Politik & Wirtschaft

November 2020 I Jahrgang 19 I Nr. 219

Ein gewisses Unbehagen bleibt

Die Erholung der heimischen Wirtschaft ist zuletzt ins Stocken geraten. In der Gastronomie droht eine Insolvenzwelle. VON HERIBERT LOHR

Der jüngste Lockdown dürfte

die wirtschaftliche Erholung,

wenn schon nicht zurückwerfen,

dann doch zumindest

verlangsamen. Die Maßnahmen

zur Verringerung des Anstiegs

der Corona-Infektionen stellen

nach Ansicht des Bundesverbandes

der Deutschen Volksbanken

und Raiffeisenbanken (BVR) für

viele mittelständische Unternehmen

eine erneute schwere Belastung

dar. BVR-Präsidentin Marija

Kolak: „Ein wichtiger Schritt wäre

zusätzliche Hilfen für kleinere Unternehmen.

Die mittelständischen

Unternehmen benötigen umgehend

weitere Maßnahmen, die ihr

Eigenkapital stärken und Investitionen

beleben.“

Dabei hatte sich unter den Betreibern

im Land bei aller Verunsicherung

zuletzt doch wieder

etwas mehr Zuversicht breitgemacht.

Das zeigen die Angaben

der Betriebe zu Beschäftigung

und Investitionen in der aktuellen

Konjunkturumfrage des Baden-Württembergischen

Industrie-

und Handelskammertages

(BWIHK), an der sich rund 3800

Unternehmen im Südwesten beteiligt

haben. Demnach hat sich

die Lage gegenüber dem Sommer

leicht verbessert. Jedoch befindet

sich die Wirtschaft des Landes

noch lange nicht auf Vorkrisenniveau.

„Der Weg zurück zur Normalität

bleibt steinig und lang“,

kommentiert Marjoke Breuning,

BWIHK-Vizepräsidentin und Präsidentin

der Industrie und Handelskammer

(IHK) Region Stuttgart,

die Ergebnisse.

Fast 30 Prozent der Firmen bewerten

ihre wirtschaftliche Lage

aktuell als schlecht, auch wenn

sich die Nachfrage in vielen Branchen

stabilisiert und die Auslastung

der personellen und maschinellen

Kapazitäten wieder zunimmt.

Ein Viertel der Unternehmen

arbeitet sogar wieder auf

Vorkrisenniveau oder darüber. Allerdings

meldet jedes fünfte Unternehmen

Liquiditätsengpässe.

Die betroffenen Betriebe kürzen

deshalb ihre Investitionsbudgets

und verkleinern ihre Belegschaften.

Acht von zehn Betrieben haben

Kurzarbeit angemeldet.

Während sich der Handel zuletzt

stabilisierte ist die Lage in der Gastronomie

meist kritisch. Zunächst

mussten die Hotels und Gaststätten

schließen, seit der Wiedereröffnung

unterliegen sie strengen

Hygiene- und Abstandsregeln, die

eine Rückkehr zu normalen Gästezahlen

unmöglich machen. Vielfach

ist die Lage existenzbedrohend.

Ohne staatliche Unterstützung

droht im Winter eine Insolvenzwelle.

Dagegen hat sich die Stimmung

unter den Dienstleistern etwas

aufgehellt. Der Anteil der Unternehmen

mit Umsatzverlusten ist

von 50 auf 36 Prozent gesunken.

Angespannt bleibt die aktuelle Situation

pandemiebedingt im Messe-

und Veranstaltungswesen, in

der Werbewirtschaft, in der Zeitarbeit

sowie bei vielen Anbietern

personenbezogener Dienstleistungen.

Merklich besser laufen

die Geschäfte der kaufmännischen

und rechtlichen Berater,

in der Immobilienwirtschaft, bei

den Architekten und Ingenieursdienstleistern,

bei Banken und

Versicherern sowie im ITK-Service.

Auch für den IHK-Bezirk Heilbronn-Franken

fallen die jüngsten

Zahlen ganz ähnlich aus. Die

aktuelle Geschäftslage unter den

419 teilnehmenden Firmen mit

89 000 Beschäftigten wird deutlich

besser eingeschätzt als noch

in den Vormonaten. Bei den Geschäftserwartungen

überwiegt

erstmals seit über einem Jahr

wieder die Zuversicht. Mit einer

Rückkehr zur normalen Geschäftstätigkeit

rechnen die Betriebe

mehrheitlich voraussichtlich

bis Ende 2021.

IHK-Hauptgeschäftsführerin Elke

Döring: „Auch, wenn jetzt erfreulicherweise

wieder ein Aufwärtstrend

zu verzeichnen ist, darf dies

nicht darüber hinwegtäuschen,

dass die meisten Unternehmen

davon noch weit entfernt sind.“

Dabei zeigen sich in den einzelnen

Teilbereichen allerdings große

Unterschiede. Während die Lagerteile

der ITK-Dienstleister wieder

im Plusbereich liegen, sind

unter anderem die Reisebüros

weiter massiv von der Pandemie

betroffen. Das Hotel- und Gaststättengewerbe,

das bei den Ergebnissen

zu den Dienstleistern

nicht mit einbezogen ist, hat sich

gegenüber Absturz im Vorquartal

zwar wieder erholt, doch die große

Mehrheit, nämlich 90 Prozent,

erwartet Umsatzrückgänge von

über 10 Prozent.

Im Baugewerbe läuft es noch. 74

Prozent der Betriebe bezeichnen

den aktuellen Geschäftsverlauf

als gut, kein Unternehmen meldet

eine schlechte Geschäftslage. Am

geringsten fällt der Auftragsrückgang

nach wie vor im Wohnungsbau

aus, während der Straßen-

und Tiefbau sowie der gewerbliche

Hochbau die stärkste Abnahme

der Auftragseingänge melden.

Auch im Großhandel hat sich das

Stimmungsbild aufgehellt. Sowohl

der produktionsverbindende als

auch der konsumnahe Großhandel

melden bessere Geschäfte und

auch vom Arbeitsmarkt kamen

zuletzt erste Erholungszeichen.

In der Breite wurde das heimische

Handwerk wie erwartet

nicht so stark von der Krise getroffen.

Das zeigen die Ergebnisse

der aktuellen Konjunkturumfrage

der Handwerkskammer Heilbronn-Franken.

„Zugpferd ist dabei

weiterhin das Bau- und Ausbaugewerbe“,

erklärt Kammerpräsident

Ulrich Bopp nach der

Betrachtung der jüngsten Daten

für die rund 12 500 Betriebe.

Rund eine Hälfte aller Firmen bezeichnet

danach ihre Geschäftslage

als gut, „allerdings hat sich die

Auslastung verschlechtert“. Dass

sich die Zahl der Beschäftigten im

Handwerk trotzdem erhöht hat,

freut den Kammerpräsidenten besonders:

„Das zeigt, dass die Betriebe

auch in Krisenzeiten wissen,

wie wichtig Fachkräfte sind.“

www.bw.ihk.de

www. heilbronn.ihk.de

www.hwk-heilbronn.de

Impressum

STANDPUNKT

Heribert Lohr

verantwortlicher Redakteur

Nur voran Genossen!

Dass die Veränderungen in der Finanzwirtschaft

die heimischen Banken fordern, ist

eine Binse. In Zeiten, wo neue Geschäftsfelder

allein schon deshalb notwendig sind, um

die enormen Herausforderungen der anhaltenden

Niedrigzinsphase wirtschaftlich auch

nur halbwegs zu überleben und das mittlerweile

gängige Mobilbanking nicht nur die Filiale

weitgehend überflüssig macht, sondern

gleich die gesamte Kunde-Bank-Beziehung

epochal, müssen sich gerade auch die Genossenschaftsbanken

neu erfinden.

Von ihrer kleinteiligen Struktur, dessen wohl

bekannteste Vertreter die RB Gammesfeld ist,

dem der vor kurzem verstorbene Fritz Vogt

mit seinem Auftritt in dem Dokumentarfilm

„Schotter wie Heu“ ein bundesweit bekanntes

cineastisches Denkmal setzte, ist vielleicht etwas

für Sozialromantiker, aber im laufenden

Strukturwandel der Banken wenig hilfreich.

An dem Zwang, größere und damit letztlich

auch deutlich schlagkräftigere Einheiten zu

bilden, geht auch auf weitere Sicht kein gangbarer

Weg vorbei.

Die jüngsten Fusionen im Bad Mergentheim,

Feuchtwangen, Dinkelsbühl

und nun der VR Bank Schwäbisch

Hall-Crailsheim mit der Volksbank

Heilbronn passen da ins

Bild. Abgesehen davon, dass

auch die eine oder andere Geno-Bank

in der Vergangenheit

schlecht gemanagt wurde, gibt

es ganz profane Gründe für die

Foto: Marc Weigert

Zusammenschlüsse. Vielfach sind die gewerblichen

Kunden vor Ort deutlich gewachsen, so

dass die kleineren Bankhäuser diese gerade

im Kreditgeschäft gar nicht mehr umfassend

bedienen können – die Risiken bei möglichen

Ausfällen sind kaum noch kalkulierbar.

Auch sind die Kosten, die sich hinter einem

brauchbaren Online-Angebot verbergen

so immens, dass auch dies für kleinere Einheiten

kaum noch zu Schultern ist. Weil sie,

ob fehlender Personalstärke, auch häufig das

georderte Beratungsangebot nicht vorhalten

können, verlieren sie zusätzlich Attraktivität

für die Kundschaft und sind obendrein auch

als Arbeitgeber für eigenen Mitarbeiter weniger

interessant.

Doch was ist auch unter wirtschaftlicher

Sicht die richtige Größe? Denn eines ist sicher:

ohne ihre Verwurzelung mit der Heimatregion

sind die Genossen eine Bank jeder

andere – beliebig und damit austauschbar.

Es wird also spannend sein, von außen

zu verfolgen, ob bei der Fusion der VR

Bank Heilbronn-Schwäbisch Hall genau dieser

Spagat gelingt. Es gilt einerseits leistungsstarke

Partner des hiesigen Mittelstandes zu

sein, anderseits durch ihre Nähe zum Marktgebiet

und den Menschen immer noch als

die Bank vor Ort wahrgenommen zu werden,

der die Menschen als Mitglied, Anleger

oder Kreditnehmer ein besonderes Vertrauen

entgegenbringt, weil sie den Menschen hinter

dem Schalter noch kennen und weil die

Bank auch Teil der örtlichen Infrastruktur ist.

Warum soll ich Kunde und Mitglied einer genossenschaftlichen

Bank sein? Was macht sie

letztlich aus? Was unterscheidet sie von anderen

Geldhäusern? Es sind diese und ähnliche

Fragen auf die der designierte Vorstandsvorsitzende

Eberhard Spies und sein Stellvertreter

Wolfgang Mauch passende Antworten finden

müssen.

Interessant wird auch sein, ob sich ganz unterschiedliche

Wirtschaftsräume in unter einem

Dach organisieren lassen. Am Regionalgedanken

haben sich in Heilbronn-Franken

schon andere die Zähne ausgebissen.

Main-Tauber, Hohenlohe-Franken und das

Unterland bilden bis heute nicht wirklich eine

Einheit. Sollte den Genossen der Wurf gelingen,

dann hätten sie die Region als solche

bald mehr vorangebracht.

Mancher im genossenschaftlichen Lager würde

einen Erfolg wohl mit etwas Wehmut begleiten,

denn dann wären weiteren Zusammenschlüssen

in Heilbronn-Franken, die in

absehbarer Zeit wohl ohnehin kommen, endgültig

die Wege geebnet. Dem lässt sich auch

viel Positives abgewinnen, denn mit einer erfolgreichen

VR Bank Heilbronn-Franken hätten

die Genossen nun wirklich bahnbrechendes

geschaffen und Eberhard Spies und Wolfgang

Mauch wohl wirklich ein Stück regionaler

Genossenschaftsgeschichte geschrieben.

Doch dazu muss erst noch der Beweis geliefert

werden, dass die vermeintliche Provinz

und das aufstrebende Oberzentrum auch

wirklich miteinander können.

Verlag

Südwest Presse Hohenlohe

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Verbreitung und Auflage

Im Landkreis Schwäbisch Hall,

dem Main-Tauber-Kreis, dem

Hohenlohekreis und dem

Landkreis Ansbach mit einer

Auflage über 55.000 Exemplaren

(Verlagsangabe)

Erscheinungsweise

RegioBusiness erscheint monatlich in

Zusammenarbeit mit dem Haller

Tagblatt in Schwäbisch Hall, dem

Hohenloher Tagblatt in Crailsheim,

der Neuen Kreis-Rundschau in

Gaildorf und der Fränkischen Nachrichten,

Ausgabe Bad Mergentheim

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