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2020-11_RegioBusiness

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20 Firmen & Märkte

November 2020 I Jahrgang 19 I Nr. 219

„Müssen Kunden bedienen können“

Eberhard Spies ist der designierte Vorstandsvorsitzende der neuen VR-Bank Heilbronn-Schwäbisch Hall. Ein Gespräch über die

Notwendigkeit, die Chancen und Risiken eines solchen Zusammenschlusses. INTERVIEW VON HERIBERT LOHR

REGIOBUSINESS Herr

Spies, die VR Bank Schwäbisch

Hall-Crailsheim und die Volksbank

Heilbronn künftig unter einem

Dach. Von welcher Seite aus

wurde denn dieser mögliche Zusammenschluss

angestoßen?

EBERHARD SPIES Wolfgang

Mauch und ich kennen uns schon

seit einigen Jahren und haben

uns zusammengesetzt, nachdem

er seine Tätigkeit in Heilbronn

begonnen hatte. Hierbei haben

wir uns über unsere Banken,

die Markt- und Zukunftsaussichten

sowie die Herausforderungen

der kommenden Jahre ausführlich

ausgetauscht und sind hierbei

im Gespräch mit unseren Kollegen

und Aufsichtsräten auf diese

Vorgehensweise gestoßen. Nach

intensiver Abwägung haben wir in

unseren Gremien dann die Sondierung

für eine Verschmelzung

jeweils einstimmig beschlossen.

REGIOBUSINESS Ganz generell

betrachtet: Welche wirklichen

Vorteile bringt denn ein solcher

Zusammenschluss nun eigentlich

für die VR Bank Schwäbisch

Hall-Crailsheim?

EBERHARD SPIES Wir befinden

uns in einem sehr guten

Marktgebiet, welches von einem

starken Wachstum unserer mittelständischen

Kunden geprägt ist.

Wenn wir diese Kunden weiter begleiten

wollen, reicht unser eigenes

Wachstum nicht aus – sondern

wir müssen dafür Sorge tragen,

dass wir als größere Einheit

auch größere Kunden bedienen

können. Diese größeren, mittelständischen

Kunden sind wiederum

wichtige Arbeitgeber für unsere

Privatkunden und die wirtschaftliche

Entwicklung in unserer

Region.

REGIOBUSINESS Nun sind

die Geschäftsgebiete verschieden

strukturiert. Wie wollen sie den

doch sehr unterschiedlichen Gegebenheiten,

hier eher städtischer

Großraum, dort mehr ländliche

Struktur, organisatorisch begegnen?

EBERHARD SPIES Diesen Besonderheiten

tragen wir heute in

beiden Geschäftsgebieten über die

Anzahl und Lage der Geschäftsstellen

Rechnung. Damit keine

Kundennähe verloren geht, wird

sich unsere künftige Vertriebsorganisation

in den beiden Marktgebieten

so aufstellen, dass die bekannten

Ansprechpartner für die

Kunden erhalten und kurze Entscheidungswege

vor Ort weiterhin

bestehen bleiben. Die internen

Bereiche bleiben ebenfalls jeweils

vor Ort, kommen aber unter eine

einheitliche Leitung. Durch die

Möglichkeiten der Digitalisierung

ist das Arbeiten eines Bereiches

über verschiedene Standorte verteilt

bereits heute kein Problem.

Wir kennen das von mobilen Arbeitsmodellen,

die insbesondere

in diesem Jahr Corona-bedingt

erforderlich waren. Natürlich ist

das Zusammenkommen von Kolleginnen

und Kollegen im Team

hin und wieder erforderlich, darüber

hinaus erhöht sich die Notwendigkeit

zur räumlichen Flexibilität

bei den Führungskräften.

REGIOBUSINESS Mit einem

Zusammenschluss will man sich

auch Synergien erschließen und

ein Mehr an Rentabilität erreichen.

Wie soll das als Bank gelingen?

EBERHARD SPIES Wir wollen

in einem überdurchschnittlichen

Marktgebiet unsere vertrieblichen

Fähigkeiten der Marktbearbeitung

auf das gesamte Gebiet

ausweiten und somit noch stärker

den genossenschaftlichen Beratungsauftrag

leben. Gleichzeitig

können wir viele „Doppelarbeiten“

in internen Bereichen sowie

in der Regulatorik vermeiden und

über die Gesamtgröße und Kapitalkraft

unserer Bank auch Geschäfte

darstellen, die uns bisher

schwer gefallen sind. In einem

größeren Haus bestehen Chancen

für alle Mitarbeiter über die Spezialisierung,

qualifiziertere und

anspruchsvollere Tätigkeiten auszuüben

und sich so aufgrund der

besseren Möglichkeiten auch weiter

zu entwickeln.

Eberhard Spies: „Wir haben anspruchsvolle Ziele.“

REGIOBUSINESS Der künftige

Partner hatte doch mit einigen

Problemen am Markt zu kämpfen.

Eine rückläufige Bilanzsumme,

relativ ertragsschwach, um

nur zwei Punkte zu nennen. Am

Markt in Heilbronn tummeln sich

jede Menge starker Wettbewerber.

Glauben Sie, dass da eine Trendumkehr

möglich ist?

EBERHARD SPIES Die in Heilbronn

in den vergangenen Jahren

aufgetretenen Themen haben dazu

geführt, dass das Geschäft zurückgefahren

wurde und zwangsläufig

sich dort andere stärker zeigen

konnten. Um diese Dinge zu bewältigen,

ist die genossenschaftliche

Gruppe eine Solidargemeinschaft,

welche hilft, Schwächen

auszugleichen, damit es den Banken

vor Ort gelingt, sich wieder

vollumfänglich auf den Markt zu

konzentrieren. Die offenen Themen

klären wir während der Sondierungsphase

innerhalb der Familie,

damit die neue Bank keine

unkalkulierbaren Risiken mit

sich trägt. Wir sind zuversichtlich,

dass wir über unsere Vorgehensweise

am Markt wieder deutlich

Position beziehen beziehungsweise

Flagge zeigen können.

REGIOBUSINESS Die Volksbank

Heilbronn trägt noch einige

Altlasten mit sich. Die Stichworte

hier sind Belastungen aus Wertpapierleihgeschäften

sowie unzureichende

Risikotragfähigkeit

im Kreditgeschäft. Nicht die beste

Voraussetzung für ein Zusammengehen.

EBERHARD SPIES Diese Themen

stehen in direkten Zusammenhang

mit der vorherigen Frage,

weshalb es dann auch die gemeinsame

Aufgabe der genossenschaftlichen

Familie ist, diese

vor der Fusion zu erledigen. Darauf

werden die Vorstände beider

Häuser achten.

Foto: VR Bank

REGIOBUSINESS Kritiker äußern

die Befürchtung, dass mit

der Fusion einiges an Marktnähe,

auch der Identität, verloren ging.

So verschwindet ja Crailsheim aus

dem Firmennamen. Was entgegnen

sie solchen Argumenten?

EBERHARD SPIES Die Marktnähe

wird sichergestellt, da wir

uns an beiden Sitzen regional in

den bisherigen Strukturen bewegen.

Das heißt, die Vorstände,

Führungskräfte und Mitarbeiter

werden dort für die jeweilige

Region verantwortlich sein.

Somit bleibt es bei kurzen Entscheidungswegen

und bekannten

Gesichtern. Die internen Bereiche

verbleiben ebenfalls an ihren

Standorten, werden jedoch eine

zentrale Führung haben, welche

regional beweglich agieren muss.

Die künftige Namensgebung orientiert

sich an den in der Bank

vertretenen Kreisgebieten Heilbronn

und Schwäbisch Hall, um

bei einem regionalen, aber auch

übersichtlichen Namen zu bleiben.

Die Berücksichtigung kleinerer

Einheiten würde zu einer

deutlichen Aufblähung des Namens

führen, was mit Blick auf

die Weiterentwicklung des Gesamtgebildes

nicht zielführend

wäre.

REGIOBUSINESS Sie haben

sich in den zurückliegenden Jahren

mit Crailsheim und Gaildorf

zusammengeschlossen. Lassen

sich diese Erfahrungen übertragen?

Die Volksbank Heilbronn

ist ja allein schon von der Größe

eine ganz andere Hausnummer?

EBERHARD SPIES Vor und

während der Fusionen sowohl

in Gaildorf und Crailsheim waren

natürlich Veränderungsängste

prägend. Auch wirtschaftliche

Schwierigkeiten, welche im Leben

eines Unternehmens auftreten

können, waren Teil der Geschichte.

In beiden Fällen war die

Entwicklung für die Volksbanken,

die Region und die Kunden durch

die Fusionen positiver als vorhergesehen

und teilweise befürchtet.

Insofern nehmen wir diese

guten Erfahrungen mit auf den

Weg in das neue Vorhaben. Natürlich

handelt es sich hier um einen

größeren Partner, aber wir haben

uns in dieser Zeit auch deutlich

und überdurchschnittlich entwickelt.

Insofern geben uns die Erfahrungen

auch den Mut und die

Kraft, uns auf unsere Fähigkeiten

zu verlassen und die Herausforderungen

ganz im Sinne unserer genossenschaftlichen

Gründerväter

anzunehmen.

Große Herausforderung

Geno-Banken Schwäbisch Hall-Crailsheim und Heilbronn vor der Fusion.

Gemeinsam Zukunft gestalten,

gemeinsam für die Region

– zwei starke Genossenschaftsbanken

planen ihren

Zusammenschluss. Unter dieses

Motto haben die VR Bank Schwäbisch

Hall-Crailsheim und die

Volksbank Heilbronn ihre Fusionsabsichten

gestellt.

Die enormen Veränderungen auf

dem Finanzmarkt, auch getragen

von der anhaltenden Niedrigzinsphase,

der fortschreitenden Digitalisierung

und verstärkten Regulatorik,

beschäftigen auch

die Volks- und Raiffeisenbanken

schon geraume Zeit. Die Folge:

Die rechtlich selbstständigen

Einheiten werden weniger, dafür

werden sie immer größer.

In diesem Fall entstünde eine Regionalbank

mit rund 115 000

Mitgliedern, 180 000 Kunden und

über 660 Mitarbeitern. Die neue

Genossenschaftsbank hätte nach

dem Zusammenschluss eine Bilanzsumme

von etwa 4,3 Milliarden

Euro. Eberhard Spies, Vorstandsvorsitzender

der VR Bank

Schwäbisch Hall-Crailsheim, betont:

„Wir haben eine Verantwortung

für unsere Region mit ihren

Menschen und Unternehmen,

die wir nachhaltig erfüllen wollen.

Gerade unsere lokalen Mittelständler,

Handwerker, Selbstständigen

und Landwirte benötigen

einen leistungsstarken Partner,

der ihnen zur Seite steht. Und

auch bereit und fähig ist, Risiken

zu übernehmen und tatkräftige

Unterstützung zu leisten.“

Stattliches Bankhaus von

regionalem Zuschnitt

Die neue Bank: Zahlen, Daten, Fakten

VR Bank

Schwäbisch Hall-

Crailsheim eG

Volksbank

Heilbronn

Wolfgang Mauch, Vorstandsvorsitzender

der Volksbank Heilbronn,

blickt in diesem Zusammenhang

schon einmal weiter nach vorne:

„Durch eine gelebte Dezentralität

werden wir die Verantwortung für

die Menschen in der Region und

die Nähe zu unseren Kunden vor

Ort selbstverständlich auch nach

dem Zusammengehen aufrechterhalten,

sogar noch weiter verbessern.“

Vorstand und Aufsichtsrat

beider Häuser stehen nach

den veröffentlichten Angaben geschlossen

hinter der Fusion. Das

Ziel: Die gemeinsame Bank soll

auch weiterhin „ein moderner,

attraktiver Arbeitgeber und Ausbilder

in der Region Heilbronn,

Schwäbisch Hall und Crailsheim

sein“.

In den kommenden Monaten wollen

Vertreter der beiden Geldhäuser

im Rahmen von Sondierungsgesprächen

die Details für

einen möglichen Zusammenschluss

klären. Bevor die jeweiligen

Vertreter der beiden Institute

dann im Mai des kommenden

Jahres abschließend „über

die rückwirkende Fusion zum 1.

Januar 2021 entscheiden.“ Davor

sollen im Februar und März mehr

als 30 Informationsveranstaltungen

für Vertreter und Mitglieder

im Raum Hall, Crailsheim und

Heilbronn stattfinden. Auf diesen

würden Kunden und Mitglieder

über den Fortschritt der Verhandlungen

und den eigentlichen

Nutzen informiert. Vorstandsvorsitzender

der Fusionsbank

soll Eberhard Spies, derzeit Vorstandsvorsitzender

der Volksbank

Schwäbisch Hall-Crailsheim, werden.

Sein Stellvertreter wird dann

Wolfgang Mauch, im Augenblick

Vorstandsvorsitzender der Volksbank

Heilbronn. Timo Wachter

aus Heilbronn sowie Tobias Belesnai

und Uwe Schrag von der VR

Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim

würden dann den fünfköpfigen

Vorstand komplettieren. Deswegen

soll es künftig auch zwei Vorstandssitze

in Schwäbisch Hall

und in Heilbronn geben.

Beim Pressegespräch Ende Oktober

in Heilbronn betonten die

Vorstände einmütig, dass es im

Zuge des angedachten Zusammenschlusses

wohl keine betriebsbedingten

Kündigungen

gebe. Eberhard Spies tritt entsprechenden

Befürchtungen entgegen:

„Wir brauchen alle, die Lust

haben, mitzumachen. Und sogar

noch einige mehr.“ Ob der Zusammenschluss

in der geplanten

Form letztlich zustande kommt,

VR Bank Heilbronn

Schwäbisch Hall eG

Bilanzsumme* 2329 1950 4279

Kundengeschäftsvolumen* 4731 4075 8806

Mitarbeiter 360 300 660

Mitglieder 65 374 48 774 114 148

Kunden 99 562 80 989 180 551

Filialen (ohne SB) 24 12 36

GRAFIK lei; QUELLE Pressekonferenz Volksbank Heilbronn eG und VR Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim

* Angaben in Millionen Euro

hängt wohl auch davon ab, ob ein

paar Altlasten der Volksbank Heilbronn

geklärt werden können. Es

geht dabei vor allem um Belastungen

aus Wertpapierleihgeschäften

sowie unzureichender Risikotragfähigkeit

im Kreditgeschäft. Mögliche

Belastungen sollen in den

Fusionsgesprächen geklärt werden.

Eberhard Spies: „Bei einem

Zusammenschluss wird das mit

Sicherheit dann kein Thema mehr

sein“. ibe

www.vrbank-sha.de

www.volksbank-heilbronn.de

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