SeeGenuss Oben l.: Flussseeschwalben erkennt man am schwarzen Oberkopf und roten Schnabel. Auch die Beine sind rot gefärbt. Oben r.: Mahlzeit! Haubentaucher transportieren (und füttern) ihre Küken anfangs auf dem Rücken. Unten l.: Prachttaucher sind ab Oktober bis Mitte April regelmäßig am Starnberger See zu beobachten. Unten r.: Das Kolbenentenmännchen hat eine auffällige Kopffärbung und einen karminroten Schnabel. Bei den Weibchen ist das Gefieder schlichter (hauptsächlich braun), dafür sind sie besser getarnt Fotos: Thomas Hafen, Ursula Wiegand, Christian Haass, Werner Borok 128
SeeGenuss Der Starnberger See ist eines der wichtigsten Rast- und Überwinterungsgebiete für Wasservögel im Voralpenland. Er ist als NATURA- 2000-Vogelschutzgebiet ausgewiesen und zählt zum weltweiten Ramsar-Netzwerk international bedeutender Feuchtgebiete. Wegen seiner Größe (57 km²) und Tiefe (bis 127 m) friert der See fast nie zu und bietet alljährlich über 20.000 Wasservögeln einen Rückzugsort. Deren Herkunftsorte erstrecken sich von Nord- und Osteuropa bis nach Russland. Wie Ringfunde zeigen, stammen unsere überwinternden Tafelenten teilweise aus Brutgebieten östlich des Urals. Reiherenten kommen sogar aus Sibirien zu uns. Die Vögel legen also enorme Strecken zurück, bevor sie sich den Herausforderungen des Winters stellen. Durch ihre Herkunft aus relativ menschenleeren Gebieten, aber auch durch die Wasservogeljagd sind sie extrem störungsempfindlich. Nähern sich Menschen, flüchten sie. Gerade im Winter ist das problematisch, denn die Vögel verbrauchen beim Aufund Herumfliegen wertvolle Energiereserven, die sie eigentlich benötigen, um die kalte, nahrungsarme Jahreszeit zu überstehen. Besonders kritisch sind Störungen, wenn sie in den flacheren Bereichen des Sees stattfinden – also dort, wo die Nahrungsgründe der Wasservögel liegen. Nur wenige Spezialisten wie Prachttaucher und Kormoran jagen Fische im Freiwasser. Enten fressen dagegen Wasserpflanzen oder Muscheln und können diese Nahrung nur in den Flachwasserzonen erreichen. Insgesamt bevölkern über 30 verschiedene Wasservogelarten den Starnberger See. Doch das Phänomen Vogelzug sorgt für ein ständiges Kommen und Gehen im Verlauf der Jahreszeiten. Publikumsmagnet im Winter: der Prachttaucher Im Winter treffen einige echte Nordlichter am Starnberger See ein, darunter Schellenten, Bergenten und Samtenten sowie Stern- und Prachttaucher. Prachttaucher sind große (fast gänsegroße!) Seetaucher und brüten an den Seen der Taiga und Tundra in Skandinavien, im Baltikum und im nördlichen Russland. Den Winter verbringen sie in der Regel an den Meeresküsten. Doch einige Prachttaucher überwintern jedes Jahr am Starnberger See: Über hundert können es sein. Da sie im europäischen Binnenland nur sehr selten zu beobachten sind, werden sie hier zum Publikumsmagneten für Vogelbeobachter. Etwas Geduld sollte man jedoch mitbringen, denn die hochspezialisierten Taucher halten sich meist fernab des Ufers auf und jagen in tieferem Wasser nach Fischen. Bei den Tauchgängen können sie über eine Minute unter Wasser bleiben und weite Strecken zurücklegen. Allzu leicht verliert man sie dann aus den Augen. In der Südbucht des Starnberger Sees hat man aber von Oktober bis März gute Chancen auf eine Sichtung. Als Beobachtungsplätze bieten sich zum Beispiel das Ambacher Erholungsgelände, der Seeshaupter Dampfersteg oder der Bernrieder Park an. »Es herrscht im Lauf eines Jahres ein ständiges Kommen und Gehen« Andrea Gehrold Flirt im Frühling: der Haubentaucher Im Frühling ziehen die meisten Wasservögel zurück in ihre Brutgebiete. Bei uns herrscht im Sommerhalbjahr einfach zu viel Trubel, und es gibt nur wenige dichte Schilfbereiche mit geschützten Brutmöglichkeiten. Nur einzelne Arten wie Blässralle, Stockente, Höckerschwan oder Kanadagans machen da eine Ausnahme. Auch bei den Haubentauchern suchen sich einige Paare ein ruhiges Plätzchen und balzen dort ausgiebig: Im März ist das zum Beispiel in Percha/Kempfenhausen gut zu beobachten. Dabei schwimmen die Partner aufeinander zu, zeigen das ritualisierte Kopfschütteln und präsentieren Nistmaterial als Brautgeschenk. Anschließend wird am Schilfrand ein Schwimmnest aus Algen und Pflanzenmaterial gebaut. Sind die Jungen erfolgreich geschlüpft, erkennt man sie an ihrem schwarz-weiß gestreiften Gefieder. Gerade kleine Küken werden oft auf dem Rücken der Eltern transportiert – es ist für sie der mit Abstand wärmste und sicherste Platz. Zu Anfang werden sie dort auch gefüttert, denn das Jagen von Fischen bedarf einiger Übung und gelingt den jungen Haubentauchern erst nach mehreren Wochen. Seltener Gast im Sommer: die Flussseeschwalbe Flussseeschwalben sind im Sommer am See zu beobachten, im Idealfall schon von April an bis September. Die Art war einst in Bayern weit verbreitet, wäre aber in den 80er-Jahren fast ausgestorben. Denn durch Flussbegradigungen und Staustufen waren ihre natürlichen Brutplätze (Kiesinseln in Wildflüssen) nach und nach verschwunden. Nur durch künstliche Nistflöße ist es damals gelungen, diese Brutvogelart in Bayern zu erhalten. Mittlerweile ist die Flussseeschwalbe zwar immer noch selten, doch es gibt wieder einige Hundert Paare im Freistaat. Eine der Floß-Kolonien liegt in der Bucht von St. Heinrich im Starnberger See. Dieser Bereich ist als Schutzgebiet ausgewiesen und darf nicht befahren werden. Hier ziehen Flussseeschwalben im Sommer ihre Jungen groß. Auf ihren Nahrungsflügen legen sie teils mehrere Kilometer zurück. Die Fischchen für die Küken werden quer im Schnabel getragen und jedes Mal einzeln zum Brutplatz 129