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SeeMagazin 2020

Die Besonderheiten des Fünfseenlandes sammeln wir einmal jährlich mit schönen Bildern und Geschichten in unserem SeeMagazin. Dafür treffen wir interessante Menschen, die mit Begeisterung bei der Sache sind und ihre Leidenschaft zum Beruf machen. Das Motto der Ausgabe 2020: „Menschen, Missionen, Meisterwerke“ – denn es sind neben der einzigartigen Natur vor allem die Menschen, die die Region einzigartig machen.

Die Besonderheiten des Fünfseenlandes sammeln wir einmal jährlich mit schönen Bildern und Geschichten in unserem SeeMagazin. Dafür treffen wir interessante Menschen, die mit Begeisterung bei der Sache sind und ihre Leidenschaft zum Beruf machen. Das Motto der Ausgabe 2020: „Menschen, Missionen, Meisterwerke“ – denn es sind neben der einzigartigen Natur vor allem die Menschen, die die Region einzigartig machen.

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SeeMensch<br />

AUSMISTEN, MELKEN, KÄLBCHEN FÜTTERN: ALLE<br />

VIERBEINER WOLLEN VERSORGT SEIN<br />

Nach dem Melken trotten die Damen auf die Weide. So<br />

wie jeden Tag, wenn das Gras mindestens sieben Zentimeter<br />

Wuchshöhe hat. Galloth reibt sich die Hände. Morgens,<br />

auch jetzt um halb neun, ist es mitunter noch frisch. Aber<br />

die Sonne lugt schon hinter den Bergen hervor. Galloth<br />

gönnt sich ihren ersten Kaffee in der geräumigen Küche,<br />

wo das Holzfeuer im Herd knistert. Sie setzt sich auf die<br />

Eckbank, die Platz für zehn Leute bietet und auf der bereits<br />

fünf Generationen Galloths gesessen haben: So lange betreibt<br />

die Familie schon Landwirtschaft. Galloths Urgroßvater<br />

hat die Möbel und die museumsreife Wandvertäfelung<br />

vor hundert Jahren einst für seine Großfamilie angeschafft.<br />

Julia Galloth ist auf dem Pflegerhof in Farchach aufgewachsen.<br />

Farchach ist ein Ortsteil von Berg, der sich hinter<br />

den Hügeln östlich des Starnberger Sees versteckt. Seit sie<br />

laufen kann, hilft sie auf dem Hof im 500-Seelen-Dorf mit.<br />

Auch ihre jüngeren Schwestern Hannah, Amrei, Stilla und<br />

Christina haben den bäuerlichen Alltag von klein auf erlebt.<br />

„Wir waren eigentlich immer draußen – frei, glücklich,<br />

unbeschwert“, sagt sie und schmunzelt. „Wir fünf<br />

Schwestern hatten den aufregendsten Spielplatz, den wir<br />

uns wünschen konnten. Mitten in der Natur.“<br />

Heute leitet Julia Galloth den Pflegerhof, aber ihre<br />

Eltern arbeiten noch fleißig mit: Vater Toni etwa im Ackerbau.<br />

Mutter Ulli hilft im Stall und beim Produzieren für die<br />

Direktvermarktung. Sie backt Brot, presst Öl aus eigenen<br />

Sonnenblumenkernen, kocht Marmelade, Aufstrich, Saft<br />

und Sirup ein.<br />

Knapp die Hälfte der Arbeitszeit investiert Galloth in die<br />

Tiere, 30 Prozent in Feldarbeit, den Rest in Bürokram<br />

2017 ÜBERNIMMT GALLOTH DEN BETRIEB DER<br />

ELTERN. OBWOHL SIE ETWAS ANDERES VORHATTE<br />

Dabei denkt Galloth nach ihrem Abitur am Montessori-Gymnasium<br />

Biberkor erst einmal nicht daran, den<br />

elterlichen Hof zu übernehmen. Sie weiß damals schon:<br />

„Studieren und das viele Sitzen sind nichts für mich.“<br />

Galloth macht erst einmal eine Ausbildung als Baumschulgärtnerin<br />

in Icking. Als sie die 2013 beendet, arbeitet<br />

sie als Angestellte im Landschaftsbau. Doch auch zu Hause<br />

packt sie immer mehr mit an. Das weckt ihr Interesse am<br />

bäuerlichen Betrieb – und daran, als Selbstständige ihr<br />

eigener Herr zu sein.<br />

Es ist Mutter Ulli, die ihr die Ausbildung zur Landwirtschaftsmeisterin<br />

in der Weilheimer Öko-Fachschule vorschlägt.<br />

Obwohl Galloth anfangs nicht gerade begeistert<br />

ist, schon wieder für Prüfungen lernen zu müssen, entscheidet<br />

sie sich dafür und schließt die Meisterprüfung als<br />

Jahrgangsbeste ab. 2017 ist sie fertig, im selben Jahr übernimmt<br />

sie den elterlichen Betrieb, zu dem 15 Hektar Ackerfläche<br />

für Getreide, Ölfrüchte, Kartoffeln und Klee gehören.<br />

Dazu kommen noch 12 Hektar Grünland für den<br />

Weidebetrieb und zum Heumachen sowie 14 Hektar Wald.<br />

Mit wippendem Pferdeschwanz stapft die Bio-Bäuerin<br />

über den Hof und zeigt ihr Reich: „Kühe, die sich wohlfühlen,<br />

sind seltener krank und geben auch mehr Milch.“<br />

Öko-Landwirtschaft sei immer ein Geben und ein Nehmen.<br />

Sie präzisiert: „Jeder Schädling besitzt einen natürlichen<br />

Feind. Marienkäfer fressen Blattläuse, Singvögel<br />

Raupen. Anstatt chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel<br />

einzusetzen, erfolgt die Schädlingsbekämpfung in<br />

der ökologischen Landwirtschaft von der Natur selbst.“ Als<br />

sich Galloths Eltern vor gut 30 Jahren dem Bio-Anbauverband<br />

Demeter anschlossen, gab es zwar schon einen Bio-<br />

Bauern im Dorf. Insgesamt war die Öko-Landwirtschaft<br />

aber ziemliches Neuland. Heute gibt es in Farchach vier<br />

Demeterbauern, einen Bio-Hofladen und eine Bio-Käserei.<br />

DER HOF LEBT VON STAMMKUNDEN. UND DIE LIEBEN<br />

VOR ALLEM DIE KARTOFFELN<br />

Der Pflegerhof ist ein Mischbetrieb. Galloth hält 13<br />

Milchkühe, einen Zuchtstier und eine wechselnde Zahl von<br />

Kälbchen, die auf dem Hof geboren werden und zur Nachzucht<br />

heranwachsen. Die Familie baut darüber hinaus<br />

Beeren, Dinkel und Kartoffeln an. Letztere lassen sich besonders<br />

gut direkt vermarkten. Drei Kartoffelsorten haben<br />

die Galloths an gepflanzt: Laura, vorwiegend festkochend,<br />

mit roter Schale. Linda, längliche, festkochende Knollen,<br />

die wegen ihres cremig-buttrigen Aromas sehr beliebt<br />

sind. Und Bettina: eine seltene, mehlige Sorte, „die es nur<br />

noch bei uns gibt, weil kein Saatgut mehr produziert wird“.<br />

Laufkundschaft oder durchfahrende Touristen gibt es auf<br />

dem Pflegerhof kaum, die Galloths leben von Stammkunden<br />

– seit über einem Vierteljahrhundert. Dabei gibt es<br />

nicht einmal feste Öffnungszeiten. Aber die Kunden wis-<br />

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