23.12.2012 Aufrufe

Kindern von Suchtkranken Halt geben – durch Beratung und ...

Kindern von Suchtkranken Halt geben – durch Beratung und ...

Kindern von Suchtkranken Halt geben – durch Beratung und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

10<br />

Praxishilfe<br />

1.7 Mögliche Auffälligkeiten<br />

der Kinder<br />

Alle Forschungen belegen, dass Kinder suchtkranker<br />

Eltern ein bis zu sechsfach höheres Risiko<br />

haben, selbst suchtkrank zu werden. Risikofaktoren<br />

sind das familiäre Klima, Unberechenbarkeit,<br />

Stress, Gewalt, Vernachlässigung, Misshandlung<br />

<strong>und</strong> Instabilität. Hinzu kommen folgende Aspekte<br />

<strong>und</strong> Auffälligkeiten (nach Zobel 2006):<br />

Kinder suchtkranker Eltern ...<br />

• werden in schulischen Kontexten häufiger<br />

<strong>durch</strong> mangelnde Leistungen <strong>und</strong> unangemessenes<br />

Verhalten auffällig;<br />

• erzielen numerisch geringere Leistungen im<br />

IQ-Test <strong>und</strong> beim sprachlichen Ausdrucksvermögen;<br />

• zeigen vermehrt Hyperaktivität <strong>und</strong> Aufmerksamkeitsstörungen<br />

<strong>und</strong> häufiger eine Störung<br />

des Sozialverhaltens;<br />

• zeigen mehr Ängste <strong>und</strong> depressive Symptome,<br />

insbesondere bei einer als belastend<br />

empf<strong>und</strong>enen häuslichen Atmosphäre;<br />

• sind öfter sexuellem Missbrauch ausgesetzt;<br />

• neigen eher zu somatischen <strong>und</strong> psychosomatischen<br />

Symptomen.<br />

Zudem leiden Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen alkoholkranker<br />

Eltern vermehrt unter Essstörungen.<br />

Als junge Erwachsene berichten Kinder aus<br />

Suchtfamilien gehäuft <strong>von</strong> Schwierigkeiten in<br />

<strong>–</strong> engen <strong>–</strong> zwischenmenschlichen Beziehungen.<br />

Das kann auch dazu führen, dass sie wiederholt<br />

Beziehungen zu suchtgefährdeten oder anderweitig<br />

psychisch erkrankten Menschen eingehen.<br />

Viele Symptome sind nicht spezifisch, sondern<br />

sie können auch bei <strong>Kindern</strong> aus anderen belasteten<br />

Familien zu beobachten sein. Das Zusammenwirken<br />

verschiedener Gefährdungsfaktoren<br />

wie genetische Risiken, psychosoziale Risiken wie<br />

familiäre Gewalterfahrungen, Unberechenbarkeit,<br />

Ambivalenzerfahrungen, Loyalitätskonflikte etc.<br />

ist für die Entwicklung <strong>von</strong> Auffälligkeiten entscheidend.<br />

Die Belastungen aus der Kindheit wirken oft erst<br />

im Erwachsenenalter <strong>–</strong> zwischen dem 20. <strong>und</strong><br />

30. Lebensjahr bzw. in Umbruchsituationen im<br />

Leben <strong>–</strong> als psychische Spätfolgen. Einige dieser<br />

Kinder wirken als Erwachsene irgendwie verhangen,<br />

beschwert <strong>und</strong> belastet, so als seien sie<br />

in ihrer Jugend zu kurz gekommen oder um ihre<br />

Kindheit betrogen worden. Viele Kinder leiden<br />

still vor sich hin. Ihre einzige Auffälligkeit ist oft<br />

ihre erstaunliche Unauffälligkeit!<br />

„Ich hütete meine Schwestern, ging<br />

einkaufen, wusch Wäsche, machte den<br />

Haushalt. Mit elf Jahren war ich schon<br />

eine kleine Hausfrau. Ich war Vorbild<br />

für die Kleinen, lerne Verantwortung zu<br />

tragen. Für mich war es normal, immer<br />

für andere da zu sein, mich <strong>und</strong> meine<br />

Bedürfnisse zurückzustellen. Ich funktionierte.<br />

Ich akzeptierte alles, Lügen haben<br />

bis heute mein Leben bestimmt.“<br />

(Y<strong>von</strong>ne, 37 Jahre)<br />

Es ist bereits aus der Diskussion über den sexuellen<br />

Missbrauch das Phänomen bekannt, jahrelang<br />

ein schwerwiegendes Problem zu übersehen.<br />

Hinschauen <strong>und</strong> bewusst Wahrnehmen löst<br />

Hilflosigkeit <strong>und</strong> Ohmacht aus. Diese Gefühle<br />

sind sehr schwer auszuhalten <strong>und</strong> es tut weh,<br />

wenn Menschen, die uns wichtig sind oder nahe<br />

stehen, Probleme haben.<br />

Um <strong>Kindern</strong> in solchen Belastungssituationen<br />

Entlastung bieten zu können, müssen Bezugspersonen<br />

<strong>und</strong> Erziehungsverantwortliche sich<br />

zunächst die Frage beantworten: Will ich wirklich<br />

hinschauen, hinhören, hinterfragen, verstehen<br />

<strong>und</strong> die Realität eines Kindes in vollem Umfang<br />

wahrnehmen?

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!