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4. Ausgabe

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S U C H T

Interview 2

Wann ist die Sucht das erste Mal aufgetreten?

Das müsste so 2008/2009? gewesen sein.

Ich bin mir nicht sicher, ob man es zu dem

Zeitpunkt schon als Sucht bezeichnen konnte.

Was war denn der Auslöser?

Ich wollte abnehmen, das war für mich der

Auslöser. Es waren Familienmitglieder und eine

Freundin, die mir das angeboten hatte. Es

war damals aber nur ab und an, als ich es genommen

habe. Davor hatte mir mein Bruder

was gegeben, da habe ich es vielleicht drei

Monate ausprobiert. Eine halbe als Aufputschmittel.

Ich hatte Kreislaufprobleme und einen

Zusammenbruch. Ich hatte mir die Kleider vom

Leib gerissen, weil mir so warm wurde. Mein

Bruder hatte den Krankenwagen gerufen. Im

Krankenhaus wurde mir der Magen ausgepumpt

etc., dann wurde festgestellt, dass ich

schwanger war. Ich wusste es vorher nicht.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch meine Wohnung

verloren. Von dem Tag an hatte ich

nichts genommen. Bis 2008/2009. Durch den

Zusammenbruch damals, hatte ich die erste

psychische Erkrankung. Ich hatte mich geweigert

in die Klinik zu gehen. Ich war doch nicht

verrückt. Ich konnte mich später auf die Tagesklinik

einlassen und habe Familienhilfe bekommen.

2008/2009? hatte ich meine

Medikamente abgesetzt. Ich hatte eine Wohnung,

mir ging es gut. Durch meinen Partner

und Familie hatte ich was angeboten bekommen.

Ich war erst skeptisch, weil ich Angst

hatte, dass es mir wieder so schlecht geht.

Dennoch wollte ich es versuchen. Ich habe eine

kleine Menge probiert und mir ging es gut

damit. Dann habe ich es hier und da noch mal

genommen.

Wie ist es jetzt mit der Sucht? Ist sie jetzt

ständig da?

Ja, sie ist da. Aber nur damit ich gewisse Dinge

besser aushalte. Sie ist wiedergekommen

und derzeit intensiver.

Gab es Pausen des Konsums dazwischen?

Ja, es ist unterschiedlich. Ich habe auch 8 Monate

ohne geschafft. Dann gibt es andere Phasen.

Wenn ich von anderen Menschen verletzt

werde, ist der Konsum häufiger (bis zu täglich),

weil ich mit den Verletzungen nicht umgehen

kann.

Wie geht es Ihnen wenn Sie konsumiert haben?

Ich fühle mich geschützter. Ich bin aktiver und

schaffe mehr. Ich esse dann auch. Ich muss

darauf achten. Das ist wichtig. Mich bedrücken

weniger die Dinge in meinem Leben, ich denke

weniger darüber nach. Es fällt mir leichter mit

Problemen um zugehen. Ich muss auch darauf

achten weniger von der Menge zu konsumieren

als früher. Ich bin älter geworden.

Wie geht es Ihnen danach? Wenn Sie in den

Entzug kommen?

Mir geht es dann sehr schlecht wenn ich alleine

bin. Wenn ich in der Klinik bin, in Gesellschaft,

geht es besser. Zu Hause alleine falle

ich in ein Loch, habe keinen Antrieb und keine

Kraft. Ich isoliere mich. Ich falle dann in Depressionen

und möchte nur schlafen. Der

Drang aus dem elendigen fühlen und Kraftlosigkeit

wieder raus zu kommen, ist stärker als

früher. Es kann dann aber passieren, um

schneller wieder aus der Depression heraus

zu kommen, dass ich dann wieder was nehme.

Ich hasse das, ich möchte es auch nicht, aber

es geht dann nicht anders. In meinem Kopf

sind dann die Gedanken, "wo bekomme ich was

her und nein das möchtest du nicht". Aber ich

arbeite daran. Ich habe Hilfe.

Was hilft Ihnen?

Mir helfen Kontakte, Gespräche mit dem BeWo

und dem Arzt, dass ich mich ablenke und nicht

konsumieren muss. Eine tägliche Aufgabe zu

haben, Tagesstruktur ist wichtig und nicht in

der Wohnung alleine zu sein. Mir hilft in dem

Moment gar nichts, wenn zusätzlicher Stress

oder Konflikte noch im Rauml sind. Wenn ich

dann keinen zum Reden habe, sondern nur

Streit.

Merken Sie Folgeschäden von dem Konsum?

Körperlich merke ich das, meine Nase ist kaputt.

Meine Augen sind schlechter geworden.

Manchmal stechen in den Nieren und Leber.

Wenn ich konsumiert habe, konnte ich viel und

habe mich dann mit Aktivitäten überbelastet,

deshalb bin ich dann körperlich sehr platt und

habe mich überbeansprucht.

Wie reagiert das Umfeld darauf wenn Sie konsumiert

haben?

Wenn Menschen aus meinem Umfeld davon

erfahren haben, haben sie mich gemieden

oder haben mich verurteilt. Ich war vielleicht

lauter und explosiver beim Konsum, aber ich

war in meiner Meinung so wie sonst auch. Das

Problem ist aber, dass das Umfeld, wenn ich

meine Meinung gesagt habe und es ihnen nicht

gefallen hat, wurde direkt behauptet ich hatte

konsumiert, obwohl es nicht gestimmt hat. Es

wurde alles auf die Drogen geschoben. Ich

habe früher versucht den Konsum vor anderen

zu verheimlichen.

Hat es eine Veränderung mit sich gebracht,

offen zu dem Konsum zu stehen?

Ja aber auch nein. Auf der einen Seite fühle

ich mich freier. Auf der anderen verurteilen

mich viele. Ich schäme mich dann. Weil, wenn

Streit ist, wird behauptet ich hätte konsumiert

und man wird nicht für voll genommen, obwohl

ich nicht konsumiert habe.

Was würden Sie sich wünschen?

Stabil zu bleiben.

Was würden Sie sich von anderen wünschen?

Dass die Menschen mal auf sich selber gucken

sollen, als über andere herzuziehen.

Was würden Sie anderen mitgeben wollen?

Sich Hilfe suchen, sich nicht zu isolieren. Die

Klinik nutzen. Die Finger von den Drogen zu

lassen, es macht einen nur kaputt. Psychisch

wie auch körperlich. Das Helfersystem nutzen

und Hilfe annehmen lernen. Immer weiter an

sich zu arbeiten.

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