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4. Ausgabe

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Wann ist Ihnen aufgefallen, dass das Thema

Sucht in ihrer Familie ist?

Da war ich Anfang 20, vorher habe ich nicht

darüber nachgedacht. Vorher war das Alles

selbstverständlich, dass gesoffen wurde, dass

geprügelt wurde, dass ständig geschrieben

wurde. Als Kind findest du das als normal irgendwann.

Man kannte es ja nicht anders.

Deshalb hatte ich in meiner Jugend auch so

viel gesoffen. Als ich 20 war habe ich mich gefragt:

„Was machst du da?“. Du hast dir eigentlich

als Kind geschworen, nicht wie deine

Eltern zu werden. Von da an habe ich mein Leben

geändert. Ich habe dafür Jahre gebraucht,

aber ich habe es hingekriegt.

Wie war der Umgang mit ihren Eltern?

Schwierig. Ich war ein zorniges Kind, das oft

stinksauer auf die Eltern war. Entweder waren

sie arbeiten oder saufen, aber Zeit für uns

Kinder hatten sie keine. Und deshalb hatte ich

mir als Kind bereits geschworen, sollte ich

selber einmal eigene Kinder haben, mache ich

alles komplett anders.

Haben Sie ihre Eltern darauf angesprochen?

Ja.

Wie haben diese darauf reagiert?

Mit meinem Vater konnte ich darüber reden,

er hatte auch eingesehen, dass er Mist gebaut

hatte. "Ihr seid meine Eltern, das akzeptiere

ich, aber als Mensch nicht. Ich kann euch so

nicht akzeptieren." Immer wenn ich mit meiner

Mutter über das Thema reden wollte, hat

sie das abgetan, sie wollte darüber nicht reden.

Ihr habe ich das bis heute nicht verziehen.

Dann habe ich für mich entschieden, es

ist nicht mehr mein Problem, sondern deins.

Mit meinem Vater bin ich später zurechtgekommen.

Ich konnte ihn akzeptieren.

Hat Ihr Vater denn versucht etwas daran zu

ändern?

Er hat nachher weiter getrunken, aber nicht

mehr so exzessiv wie vorher. Vorher war es

sehr schlimm. Durch den ganzen Schnaps war

er teilweise außer Kontrolle. Später hatte er

nur noch Bier getrunken, dann ging es so gerade

noch.

Es war nicht so, dass ich Ihre Eltern Hilfe gesucht

hätten?

Nein. Ich habe mich selber daraus geholt. Weil

ich hatte mir oft die Frage gestellt, wieso ich

als Kind so zornig und wütend war? Heute

weiß ich, es war, weil ich zornig und wütend

über meine Eltern war. Ich hatte ja keine andere

Wahl, sie waren nie für uns da.

Was haben Sie für sich getan, um mit der Situation

umzugehen?

Ich habe irgendwann entschlossen, nicht mehr

mit ihnen zu reden, wenn sie es einsehen und

was verändern, dann verzeihe ich ihnen und

dann würden sie einen normalen Umgang von

mir bekommen, wenn nicht, dann ist es nicht

mehr mein Problem. Dann sollen die gucken,

wie sie alleine damit zurechtkommen.

Das heißt Sie haben sich von ihren Eltern distanziert?

Ja. Ich habe mich zurückgezogen, weil ich das

so nicht mehr aushalten konnte. Ich habe ihnen

das oft erklärt. Wenn man auf eine Feier

geht, kann man trinken, aber nicht saufen.

Was ist für Sie der Unterschied zwischen trinken

und saufen?

Trinken, wenn ich auf einer Feier bin und gehe

tanzen, singen und trinke mir gemütlich ein

Bier dabei, solange ich noch weiß was ist tue,

ist es okay. Aber wenn ich scheiße voll bin und

ich nicht mehr mitbekomme was ich tue oder

was um mich herum vorgeht, das geht nicht.

Und so haben sich Ihre Eltern verhalten?

Ja, sie wussten oft am nächsten Tag nicht

mehr, was sie am Abend vorher gemacht haben.

Und den Zustand wollte ich nicht haben.

Es drehte sich alles nur um Arbeiten und Geld

verdienen, um genug Geld zu haben für Alkohol.

Das war das bestimmende Thema bei und

zu Hause. Ohne Alkohol im Haus ging gar

nichts. Dann wurden die verrückt, richtig bekloppt,

wenn kein Alkohol da war.

Wie haben sich Ihre Eltern verhalten, wenn sie

im Entzug waren?

Die haben keinen Entzug gemacht. Ich kenne

das gar nicht von ihnen, die hatten immer

weiter getrunken, deshalb durfte es auch

nicht passieren, dass es keinen Alkohol im

Haus gab. Sie wollten keine Hilfe haben, sie

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