20.05.2021 Aufrufe

Wirtschaftsspiegel 2021: Aufbruch

Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt - das gelingt am besten mit der passenden Ausrüstung. Die Mitglieder der TechnologieRegion Karlsruhe haben das richtige Equipment und viele tolle Ideen. Lesen, wie die TRK den steinigen Weg aus der Corona-Krise meistert.

Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt - das gelingt am besten mit der passenden Ausrüstung. Die Mitglieder der TechnologieRegion Karlsruhe haben das richtige Equipment und viele tolle Ideen. Lesen, wie die TRK den steinigen Weg aus der Corona-Krise meistert.

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WEGE AUS DER KRISE<br />

„GLOBALE PROBLEME MIT REGIONALEN KOMPETENZEN LÖSEN“<br />

„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“, so hat es Willy Brandt gesagt. Zurückblicken<br />

bringt also wenig, höchstens, um aus der Vergangenheit zu lernen. Aber die Zukunft muss aktiv angegangen<br />

werden, wir stecken mitten im <strong>Aufbruch</strong> in die neue Normalität. Das weiß auch TRK-Geschäftsführer Jochen<br />

Ehlgötz. Der <strong>Wirtschaftsspiegel</strong> hat ihn zum digitalen Interview getroffen.<br />

<strong>Aufbruch</strong> ist das Thema, die Wanderstiefel sind fest geschnürt,<br />

die Reise in die Zukunft hat begonnen. Dabei ist die Technologie-<br />

Region Karlsruhe (TRK) schon lange im Auf- und Umbruch.<br />

„Neu gestartet sind wir 2017, als wir die TechnologieRegion als<br />

GmbH gegründet und damit die Zusammenarbeit auf professionellere<br />

Beine gestellt haben“, sagt Jochen Ehlgötz.<br />

Ein Wagnis, auch für den Geschäftsführer der TRK, doch der<br />

Erfolg ist geblieben, der Neustart geglückt. Und jetzt, über ein<br />

Jahr nach dem Beginn der Coronapandemie ist ein <strong>Aufbruch</strong><br />

erneut nötig. „Ohne das Wort überstrapazieren zu wollen,<br />

aber ich glaube schon, dass in jeder Krise auch eine Chance<br />

steckt“, so Ehlgötz weiter. „Und deshalb verbinde ich mit den<br />

Neustarts, die in meinem beruflichen und privaten Leben nötig<br />

waren, am Ende immer positive Erfahrung.“<br />

REGIONALE STÄRKEN NUTZEN<br />

„Region in Bewegung – Transformation gemeinsam gestalten“ –<br />

die im April <strong>2021</strong> durch das Land Baden-Württemberg<br />

prämierte Regionalentwicklungsstrategie wird ein ganz<br />

wichtiger Treiber der künftigen Weiterentwicklung sein.<br />

„Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit sind<br />

als zentrale Säulen fest in unserer Agenda verankert“, fasst<br />

Ehlgötz die Kernpunkte zusammen.<br />

So wird es mit der „regioKArgoTramTrain“ einen Prototyp<br />

einer neuartigen Güter-Stadtbahn geben. Sie wird gleichzeitig<br />

Fahrgäste und Güter aus der Region in die Stadt transportieren,<br />

um angesichts des stetig zunehmenden Lieferverkehrs<br />

im urbanen Raum mit einem ganzheitlichen Lieferkonzept<br />

Abhilfe zu schaffen. Mit „RegioMORE“ soll in Bühl ein regionales,<br />

grenzüberschreitendes „Digital Ecosystem“ entstehen,<br />

das insbesondere die mittelständischen Unternehmen<br />

der lokalen Wirtschaft sowie Wissenschaft, Schulen, Bürger<br />

und Kommunen lückenlos miteinander – und nicht zuletzt<br />

grenzüberschreitend – vernetzt. Und schließlich das „LastMile-<br />

CityLab“: in Bruchsal entsteht das weltweit erste Citylabor zur<br />

Entwicklung und zum Test von Gütertransport-Technologien im<br />

urbanen Raum. Neben autonom fahrenden Lastenrädern und<br />

Liefer-Robotern wird künftig auch die VoloDrone, ein elektrisch<br />

angetriebenes Lasten-Luftfahrzeug, die Stadtquartiere mit<br />

Gütern versorgen.<br />

Ehlgötz weist zudem auf die Potenziale regionaler Produktion<br />

und Lieferketten hin. Die globale Pandemie zeigt, wie<br />

globalisiert und vernetzt die Welt ist. „Wir müssen hier in der<br />

Region noch krisensicherer werden. Wir müssen Wege finden,<br />

wie wir Innovationen aus der Region schneller umsetzen<br />

können – nicht nur in Pandemie-Zeiten. Wir haben hier viele<br />

regionale Ideen, die helfen, globale Probleme zu lösen. Das<br />

haben Carl Benz mit Auto, Haber-Bosch mit ihrem Verfahren<br />

für Kunstdünger oder Otto Lehmann als geistiger Vater der<br />

LCD-Technologien in der Vergangenheit bewiesen. Wir brauchen<br />

ein neues Zeitalter in der Innovation Vorfahrt bekommt<br />

und durch Bürokratie beschleunigt und nicht gebremst wird.“<br />

DIE KRISE BRINGT VERÄNDERUNGEN<br />

„Corona bringt massive Veränderungen mit sich, Schwachstellen<br />

werden offensichtlich und der Transformationsdruck<br />

hat sich erheblich erhöht“, ist sich Jochen Ehlgötz sicher –<br />

und neue Fragestellungen wollen beantwortet sein. „Welche<br />

Instrumentarien gibt es, wie organisieren wir Homeoffice, was<br />

bedeutet das für die Mobilität, was ändert sich für Produktionsprozesse<br />

unter Pandemiebedingungen, was passiert mit<br />

Büros, wenn sie nicht mehr genutzt werden – viele Veränderungen,<br />

auf die wir in der TRK reagieren müssen.“<br />

POSITIVE FOLGEN UND EXISTENZIELLE BEDROHUNG<br />

Corona birgt die Gefahr der Spaltung – gesellschaftlich und<br />

wirtschaftlich. Vielen Betrieben in der TRK ist es bislang gut<br />

gelungen, auf Corona zu reagieren. „Die Region ist gewappnet,<br />

der Mittelstand ist breit aufgestellt und die Unternehmen<br />

sind sich ihrer Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitenden<br />

bewusst. Oftmals waren es die familiengeführten<br />

Betriebe, die sehr schnell auf die Krise reagiert haben und<br />

diese nutzen, um neue Produkte sowie Dienstleistungen zu<br />

entwickeln und an den Markt zu bringen“, so der Geschäftsführer<br />

der TRK weiter.<br />

Fast schon eine positive Nachricht, könnte man sagen: In<br />

vielen Fällen hat die Corona-Krise die Digitalisierung vorangetrieben.<br />

„Was uns die Betriebe in der Region ebenfalls positiv<br />

zurückspiegeln, ist die Möglichkeit, dass Mitarbeitende mobil<br />

arbeiten können, was vorher in diesem Umfang nicht denkbar<br />

war“, sagt Ehlgötz und spielt auf die Vorurteile des Arbeitens<br />

zuhause an: „Die Befürchtungen der Arbeitgeber, dass die<br />

Produktivität darunter leiden würde, hat sich nicht bestätigt.<br />

Im Gegenteil: Die Menschen sind flexibler und damit steigt<br />

die Motivation und die erbrachte Leistung stimmt. Also hat<br />

Homeoffice schlussendlich einen positiven Effekt. Daher glaube<br />

ich, dass das auch in Zukunft erhalten bleibt.“ In Homeoffices<br />

zahlreicher regionaler Partner ist während des Lockdowns,<br />

der Antrag zum Thema „Innovationspark Künstliche Intelligenz“<br />

entstanden. „Corona hält uns nicht auf, die Zukunft<br />

weiterzudenken – mit Partnern aus ganz Baden-Württemberg<br />

haben wir einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht<br />

und dafür eine Genossenschaft gegründet“, erläutert Ehlgötz.<br />

„Jetzt hoffen wir auf den Zuschlag, weil KI ein wichtiger Treiber<br />

für die Zukunftsfähigkeit unserer Region ist.“<br />

Allerdings, und das ist die dramatische Seite von Corona: Einige<br />

Unternehmen in der Region konnten oder werden die Krise<br />

nicht überstehen. „Wir wissen, dass es in den letzten Monaten<br />

in vielen Bereichen existenzbedrohend war, ob Einzelhandel,<br />

Messedienstleister, Event-Bereich, Gastronomie – hier sind<br />

von Tag zu Tag mehr Firmen existenziell bedroht, weil über<br />

Wochen kein Umsatz da war. Gerade auch kleine Unternehmen<br />

stehen vor großen Problemen. Hier wünschen wir uns für<br />

die Region ein deutlich effektiveres Vorgehen zum Beispiel bei<br />

den Hilfen für Unternehmen. Selbständige und Unternehmen<br />

können nicht wochenlang auf Zahlungen warten und auch<br />

Verfahren müssen einfach, transparent und verlässlich sein.<br />

Es kann nicht sein, dass Betriebe wochenlang warten, bis die<br />

zugesagten Zahlungen erfolgen. Hinzu kommt: Das Fehlen<br />

einer verlässlichen Öffnungsstrategie mit verbindlichen Rahmenbedingungen<br />

im regionalen Maßstab ist eine der zentralen<br />

Hürden, die die wirtschaftliche Zukunft vieler Branchen in<br />

Frage stellt. Von den zahlreichen indirekten Auswirkungen,<br />

beispielsweise auf die Innenstädte, ganz zu schweigen.“ Wird<br />

es hier keine Änderung geben, so wird, sagt Ehlgötz weiter, die<br />

Wirtschaft in einigen ihrer tragenden Säulen kaputt gehen.<br />

Foto ARTIS – Uli Deck<br />

Jochen Ehlgötz, Geschäftsführer der TechnologieRegion Karlsruhe.<br />

WENIGER REISEN, BESSER FÜRS KLIMA<br />

Auch die Geschäftsstelle der TRK hat coronabedingt auf<br />

digitale Events und Konferenzen umgestellt. Und siehe da:<br />

„Wir hatten einen wesentlich größeren Zulauf gegenüber<br />

Präsenzveranstaltungen, denn die Leute können sich einfach<br />

einwählen, sind dabei und müssen nicht anreisen oder nach<br />

Feierabend zu einer Veranstaltung.“ Ehlgötz führt das Beispiel<br />

des Stammtisches für internationale Fach- und Führungskräfte<br />

des Welcome Centers der TRK an, der ebenfalls im virtuellen<br />

Raum stattgefunden hat. „Trotz Zeitverschiebung hatten<br />

wir Teilnehmende aus dem Iran, Vietnam und sogar Australien<br />

und Brasilien dabei“, sagt er mit Stolz. „Der Wirkkreis wird<br />

größer. Wir können zielgruppenspezifisch weltweit Menschen<br />

ansprechen.“ Außerdem, so der TRK-Geschäftsführer, würde<br />

man dadurch Reisekosten einsparen und den CO2-Ausstoß<br />

senken, was Umwelt und Klima zu Gute kommt.<br />

GRENZEN OFFENHALTEN – ZUSAMMENARBEIT<br />

ÜBER RHEIN UND LAUTER AUSBAUEN<br />

„Als TechnologieRegion denken wir über Rhein und Lauter<br />

hinweg. Eine Grenzschließung wie im ersten Lockdown ist der<br />

falsche Weg“, so Ehlgötz, „stattdessen müssen wir voneinander<br />

lernen, unsere Konzepte austauschen, bewerten, gemeinsame<br />

Wege finden. Gemeinsam sind wir stark. Daher möchten<br />

wir an den Stellschrauben drehen, die eine grundsätzliche<br />

Verbindlichkeit für den künftigen Umgang mit ähnlichen<br />

Situationen haben werden“, erklärt Jochen Ehlgötz. Dazu soll<br />

die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen grenzübergreifend<br />

vertieft und auf regionaler Ebene institutionell verankert<br />

werden. „Als Grenzregion sind die deutschen Partner am<br />

Mittleren Oberrhein und der Südpfalz mit den französischen<br />

Freunden im Elsass ganz eng verflochten – das weiter auszubauen<br />

sehen wir auch als unseren Beitrag für ein zusammenwachsendes<br />

Europa.“<br />

ANYA BARROS<br />

www.wvs.de<br />

10 NR 64 <strong>2021</strong> WIRTSCHAFTSSPIEGEL<br />

11

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