20.05.2021 Aufrufe

Wirtschaftsspiegel 2021: Aufbruch

Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt - das gelingt am besten mit der passenden Ausrüstung. Die Mitglieder der TechnologieRegion Karlsruhe haben das richtige Equipment und viele tolle Ideen. Lesen, wie die TRK den steinigen Weg aus der Corona-Krise meistert.

Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt - das gelingt am besten mit der passenden Ausrüstung. Die Mitglieder der TechnologieRegion Karlsruhe haben das richtige Equipment und viele tolle Ideen. Lesen, wie die TRK den steinigen Weg aus der Corona-Krise meistert.

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MOBILITÄT<br />

INNOVATIVES LOGISTIK- UND LIEFERKONZEPT:<br />

GÜTERTRANSPORT PER STADTBAHN<br />

Der stetig wachsende Lieferverkehr stellt Kommunen, Bürger und Logistikunternehmen vor große Herausforderungen.<br />

Haupttreiber dieser Logistik sind die rasante Dynamik des Online-Handels, die Individualisierung<br />

und eine stärker werdende Differenzierung des Angebots insbesondere für die urbane Bevölkerung.<br />

Das führt zu einem sichtbaren „Alltag“ in Karlsruhe: Straßen<br />

sind verstopft, Fahrradspuren werden durch Lieferdienste<br />

blockiert, Lieferantenfahrzeuge stehen in zweiter Reihe und<br />

sorgen für Staus im innerstädtischen Verkehr. Hier will die<br />

Gesamt initiative „regioKArgo“ künftig mit einer speziell<br />

umgerüsteten Stadtbahn Abhilfe schaffen. Güter könnten<br />

auf der Schiene in die Karlsruher Innenstadt transportiert<br />

und von dort aus klimafreundlich an die Kunden ausgeliefert<br />

werden. Unter der Federführung des Automotive Engineering<br />

Network (aen) und der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG)<br />

haben sich zahlreiche Partner zusammengefunden, um diese<br />

gemeinsame Vision Wirklichkeit werden zu lassen.<br />

MASSIV ANSTEIGENDE LIEFERFAHRTEN IN DER CITY<br />

Die Zunahme der Kurier-Express-Paket-Dienste (KEP) ist<br />

deutlich: Waren zum Beispiel 2018 in Karlsruhe noch täglich<br />

rund 315 Sprinter von sämtlichen Dienstleistern unterwegs,<br />

gehen Prognosen für die kommenden zwei Jahre von einer<br />

Zunahme auf rund 370 Sprinter aus, die jeden Tag in der<br />

Stadt unterwegs sein werden, um pro Einwohner im Schnitt<br />

dann jährlich 50 Pakete zuzustellen. „Hier müssen wir<br />

ansetzen“, betont Waldemar Epple, Vorstandsvorsitzender<br />

Waldemar Epple, aen (l.),<br />

und Ascan Egerer, AVG,<br />

demonstrieren symbolhaft<br />

das Vorhaben.<br />

des aen: „Wir wollen eine nachhaltige Logistik in der Region<br />

schaffen – unter Berücksichtigung sozialer, ökonomischer<br />

und ökologischer Ziele.“ Dabei sei der Ansatz klar: Es müsse<br />

ein zukunftsorientiertes, ganzheitliches und kundenzentriertes<br />

Logistikkonzept für Stadt und Region sein.<br />

„Wir wollen bereits in naher Zukunft die Technik für eine<br />

neuartige Güterstadtbahn entwickeln, welche die Kisten und<br />

Pakete mit Ökostrom und damit umweltfreundlich in das<br />

Karlsruher Stadtgebiet fahren soll“, sagt Ascan Egerer,<br />

technischer Geschäftsführer der AVG. Er ergänzt: „Wir<br />

wollen in den kommenden Monaten gemeinsam mit unseren<br />

Partnern einen ersten Prototypen einer solchen Bahn<br />

entwickeln und diesen dann ausgiebig testen.“ Das Nahverkehrsunternehmen<br />

hat jahrzehntelange Erfahrung im<br />

Stadtbahnbetrieb und genießt mit dem vor Ort erfundenen<br />

„Karlsruher Modell“ weltweites Renommee.<br />

Die Probleme des Status quo sind vielfältig und bieten viele<br />

interessante Ansatzpunkte: Immer mehr Bürger sind von<br />

Lärm und Emission des Verkehrs genervt, wertvolle Verkaufsflächen<br />

werden als Lager „entfremdet“ und KEP-Dienstleister<br />

Foto pixelgrün/aen<br />

Foto Uli Deck / dpa<br />

beliefern deckungsgleiche Gebiete. Zudem wird die knappe<br />

Infrastruktur oftmals nicht entsprechend genutzt. Es geht um<br />

Fahrzeugverfügbarkeit, Gewinnung von Personal, Mehrfachbelieferungen<br />

bei abwesenden Empfängern oder ungünstige<br />

Lieferzeitpunkte. Das aen ist hier zugleich Initiator, Vermittler<br />

und Beschleuniger von Innovation – und betont den Netzwerkgedanken,<br />

denn nur gemeinsam lassen sich diese Herausforderungen<br />

meistern. „Wir wollen dazu Anforderungen und<br />

Bedürfnisse der Anbieter und Nutzer ins Konzept einbinden“,<br />

so Epple. Dazu gelte es, technische Innovation einzubinden in<br />

effizientere Prozesse, individuelle Lösungen und ökologische<br />

und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, bei denen nichtproprietäre<br />

Lösungen wichtig sind.<br />

Daher haben sich mehrere Projektpartner zusammengefunden,<br />

um mit „regioKArgo“ neue Formen des Warenladungs- und<br />

Lieferverkehrs zu untersuchen – und dann umzusetzen. „Wir<br />

wollen verstärkt den Lieferverkehr von der Straße auf die<br />

Schiene verlagern, Prozesse automatisieren, die Verteilung<br />

bündeln und die so genannte letzte Meile der Belieferung<br />

emissionsfrei gestalten“, so Epple. Hier dockt das Projekt „LogIKTram“<br />

unter der Federführung des KIT an, eine Stadtbahnbasierte<br />

Logistik, die bestehende Infrastruktur nutzt. Ein<br />

Baustein auf dem Weg, Verkehr vor Ort zu entlasten und<br />

Klima zu schützen.<br />

Dabei könnten unter anderem entsprechend umgerüstete<br />

Stadtbahnen neben dem Personentransport auch für die<br />

Beförderung von Waren eingesetzt werden. „Das vom öffentlichen<br />

Personennahverkehr bekannte und von VBK und AVG<br />

seit vielen Jahren erfolgreich betriebene ‚Karlsruher Modell‘<br />

bietet auch für diese Anwendung beste Voraussetzungen,<br />

um die Verkehrswende auch im Güter- und Warentransport<br />

zu ermöglichen – in Stadt und Region“, so Ascan Egerer,<br />

technischer Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Karlsruhe<br />

und der AVG.<br />

INNOVATIVE LOGISTIK- UND LIEFERKONZEPTE<br />

Bei einer Neuausrichtung des Güterverkehrs geht es unter<br />

anderem im Verbund um elektrische Zustellung, das Ausnutzen<br />

Alltag in Karlsruhe:<br />

ÖPNV, individuelle<br />

Mobilität und KEP-<br />

Dienstleister nutzen<br />

die weniger werdenden<br />

Flächen im öffentlichen<br />

Raum. Smarte Lösungen<br />

sind für eine nachhaltige<br />

Logistik in der<br />

Region nötig.<br />

verkehrsschwächerer Zeiten, die Bündelung von Prozessen,<br />

die Einbindung geeigneter IT-Werkzeuge, Mikro depots, Güter<br />

per Straßenbahn, eine effizientere Auslastung, Nachhaltigkeit,<br />

Kosten und die Nutzung von alternativen „Last mile“-<br />

Angeboten: Citylogistik muss effizienter und verträglicher<br />

werden. Es geht um einen Prozess, der alle Partner auf dem<br />

Weg mitnehmen muss, dabei aber individuelle Lösungen bietet,<br />

denn es muss eben nicht sein, dass jeder Dienstleister parallel in<br />

die Stadt liefert.<br />

Innovative Logistik- und Lieferkonzepte können einen<br />

wichtigen Beitrag dazu leisten, Verkehrsbelastungen in<br />

Städten zu reduzieren – und die fachliche Expertise ist in der<br />

Technologie Region Karlsruhe vorhanden. Deshalb sind bei<br />

„regioKArgo“ namhafte Partner mit von der Partie – ob aus<br />

dem Bereich der Mobilität, Kommunen, Forschungseinrichtungen,<br />

Logistik und andere Dienstleistungsunternehmen.<br />

Das Mobilitätsnetzwerk der Region, „Automotive Engineering<br />

Network“ (aen) bündelt dabei diese Aktivitäten.<br />

2022 SOLL EIN REALLABOR STARTEN<br />

„Das Gesamtprojekt bietet eine große Chance, die Klimawende<br />

für die TRK durch nachhaltige Konzepte als Alternative<br />

zur bisherigen Form des Gütertransports zu beschleunigen“,<br />

so Waldemar Epple, denn bei „regioKArgo“ beliefern die<br />

verschiedenen KEP-Dienstleister außerhalb der Stadt<br />

Konsolidierungscenter an Gleistrassen, automatisiert werden<br />

die Waren mit Trams gebündelt in die Stadt zu City-Hubs<br />

gebracht, von denen aus die Waren dann innerhalb der Stadt<br />

in der Feinverteilung zum Beispiel mit Lastenrädern oder<br />

autonomen Paketrobotern ausgeliefert werden können.<br />

„Die Bündelung von Logistikströmen in jeder Stufe spart<br />

deutlich Lieferverkehr“, sind sich Epple und Egerer einig –<br />

und macht die Wichtigkeit eines hohen Automatisierungsgrads<br />

im Prozess deutlich. Bereits 2022 könnte ein erster<br />

Prototyp in einem Reallabor auf die Strecke gebracht werden.<br />

JO WAGNER & MICHAEL KRAUTH<br />

www.ae-network.de<br />

78 NR 64 <strong>2021</strong> WIRTSCHAFTSSPIEGEL<br />

79

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