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84 tirol.blickt über die Grenzen tirol.blickt über die Grenzen<br />
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LERNEN VOM<br />
ERFOLGSMODELL INKOBA<br />
Tiroler Delegation auf Exkursion in Oberösterreich: Eine Delegation aus dem Tiroler Bezirk<br />
Kitzbühel besuchte Ende April Oberösterreich und schaute sich drei unterschiedliche INKOBA-<br />
Modelle vor Ort an. INKOBA steht für „Interkommunale Betriebsansiedlung“. Fünf Gemeinden<br />
um St. Johann in Tirol wollen einen gemeindeübergreifenden Betriebsstandort nach dem oberösterreichischen<br />
Vorbild entwickeln.<br />
OBEN: Die INKOBA-Delegation<br />
aus Tirol bei ihrem<br />
Besuch im INKOBA-Betriebsbaugebiet<br />
Freistadt-Süd.<br />
(© Business Upper Austria)<br />
Lengau<br />
Freistadt<br />
Schwanenstadt Steyr<br />
Salzkammergut Nord<br />
ZUR AUTORIN<br />
MAG. PETRA DANHOFER<br />
Als Mitarbeiterin in der Unternehmenskommunikation<br />
bei Business Upper<br />
Austria kümmert sich Petra Danhofer<br />
um Pressearbeit, Medienkooperationen<br />
und Kundenmagazine der oberösterreichischen.<br />
Standortagentur.<br />
Am 28. April <strong>2021</strong> hat sich die Tiroler Delegation<br />
bei oberösterreichischen INKOBA-<br />
Verbänden vor Ort informiert. Die Bürgermeister*innen<br />
der fünf Gemeinden<br />
St. Johann in Tirol, Going, Reith, Kirchdorf<br />
und Oberndorf in Tirol, Vertreter*innen des<br />
Tiroler Regionalmanagements, der Tiroler<br />
Ansiedlungsagentur und der GemNova nahmen<br />
an der Exkursion teil.<br />
1.000 Arbeitsplätze geschaffen<br />
Erste Station war die INKOBA-Region Freistadt,<br />
der größte INKOBA-Verband Oberösterreichs.<br />
Alle Gemeinden des Bezirks<br />
Freistadt sind Mitglied. Sie bewirtschaften<br />
mittlerweile neun Standorte gemeinsam.<br />
Die angesiedelten Unternehmen haben<br />
1.000 Arbeitsplätze in der Region geschaffen.<br />
Obmann Bürgermeister Friedrich Stockinger<br />
erklärte, warum die INKOBA in der<br />
Region zur Selbstverständlichkeit geworden<br />
ist: „Es werden alle Beschlüsse einstimmig<br />
gefasst. Das Argument, dass sämtliche<br />
Wohnlandgemeinden im Umland die Fachkräfte<br />
für die Standortgemeinden liefern,<br />
hat alle Gemeinderäte zur Aufteilung der<br />
Kommunalsteuer überzeugt.“<br />
www.freistadt.inkoba.at<br />
Innovative Powerregion<br />
Zweiter Halt war die Powerregion Enns-<br />
Steyr, zu der sich acht Gemeinden zusammengeschlossen<br />
haben. Sie bearbeiten die<br />
gemeinsame Raumordnung, gemeinsame<br />
Betriebsstandortentwicklung und gemeinsame<br />
Regionalentwicklung. Die ersten<br />
Betriebe haben am Standort Asten/St. Florian<br />
mit den Bauarbeiten begonnen. Mit<br />
innovativen Baulandsicherungsverträgen<br />
finanziert die jeweilige Standortgemeinde<br />
die Infrastruktur. „Alle Gemeinden müssen<br />
ihre Fläche der INKOBA anbieten, und<br />
es wird einstimmig beschlossen, welche<br />
Standorte entwickelt werden“, erläutert<br />
Obmann Bürgermeister Christian Kolarik.<br />
www.power-region.at<br />
Bundesländerübergreifende Zusammenarbeit<br />
Zwei oberösterreichische und zwei Salzburger<br />
Gemeinden haben 2007 die bundesländerübergreifende<br />
INKOBA Lengau<br />
gegründet. Mittlerweile sind mehr als 400<br />
Arbeitsplätze entstanden. Seit drei Jahren<br />
teilen sich die vier Gemeinden die Kommunalsteuern.<br />
Oberösterreich hat die günstigen<br />
Grundstücke beigesteuert, Salzburg<br />
die Errichtung der Infrastruktur. Die Kommunalsteuern<br />
jener Unternehmen, die das<br />
Bundesland gewechselt haben, fließen ins<br />
ursprüngliche Bundesland zurück. Das ist<br />
ein wichtiges Argument bei der Vermarktung<br />
des Standorts.<br />
Vorteil: schnelle Verfahren<br />
Obmann Bürgermeister Erich Rippl weiß,<br />
warum die INKOBA Lengau so gut funktioniert:<br />
„Insbesondere die kurze Verfahrensdauer<br />
bei der Flächenwidmung in<br />
Oberösterreich ist für die Unternehmen<br />
ein wesentlicher Standortfaktor. Beispiel<br />
KS Pharma: Erstgespräch im Dezember,<br />
Handschlag für Kaufvertragsunterzeichnung<br />
am 12. Jänner, Gemeinderatsbeschluss<br />
im Februar. Die rechtskräftige<br />
Widmung erfolgte im April. Gleichzeitig<br />
war die Einreichplanung fertig und die<br />
bau- und gewerberechtliche Verhandlung<br />
abgeschlossen. Baubeginn war im<br />
Mai und Inbetriebnahme im November.“<br />
www.standortooe.at/inkoba<br />
Kooperation ist Trumpf<br />
Kein anderes Bundesland verfügt auch nur<br />
annähernd über eine derartige Dichte von<br />
kooperierenden Gemeinden wie Oberösterreich.<br />
Mit der im Dezember 2020 gegründeten<br />
INKOBA-Region Schwanenstadt<br />
gibt es bereits 29 gemeindeübergreifende<br />
Kooperationsgemeinschaften im Land ob<br />
der Enns. 295 der 438 Gemeinden sind<br />
in INKOBA-Verbänden und Wirtschaftsparks<br />
organisiert. Das sind zwei Drittel aller<br />
Gemeinden Oberösterreichs.<br />
RECHTS: Die INKOBA Salzkammergut Nord<br />
hat im April <strong>2021</strong> einstimmig einen neuen<br />
Obmann gewählt. V. l.: Der neue Obmann, Herbert<br />
Schönberger aus der Gemeinde St. Konrad,<br />
sein Vorgänger Bürgermeister Hans Kronberger<br />
aus der Gemeinde Kirchheim und Rainer Edelsbrunner<br />
von Business Upper Austria.<br />
(© Business Upper Austria)<br />
Vorteile für Gemeinden<br />
Zahlreiche Vorteile für Gemeinden<br />
machen das INKOBA-Modell in Oberösterreich<br />
so erfolgreich, erklärt die Leiterin<br />
der Abteilung Investoren- und Standortmanagement<br />
bei Business Upper Austria,<br />
Tanja Spennlingwimmer: „Durch das<br />
gemeinsame Entwickeln, Erschließen<br />
und die gemeinsame Vermarktung von<br />
Betriebsstandorten können sich die Kommunen<br />
sowohl die Kosten als auch die<br />
Erträge teilen. Das erleichtert die Finanzierung.“<br />
Alle Gemeinden einer Region –<br />
auch jene mit geringerem Standortpotenzial<br />
– profitieren von der Aufteilung der<br />
Kommunalsteuern. Weil Schwerpunkte<br />
miteinander abgestimmt werden, werden<br />
Nutzungskonflikte und Standortkonkurrenz<br />
vermieden. Und nicht zuletzt entlasten die<br />
Synergien die Gemeinden organisatorisch.<br />
Standortagentur ist kompetenter Partner<br />
Bei all diesen Vorhaben übernimmt die<br />
oberösterreichische Standortagentur die<br />
Rolle des Förderers und Beraters. „Noch<br />
heuer werden wir einzelne Aspekte des<br />
INKOBA-Modells überarbeiten und an die<br />
aktuellen Rahmenbedingungen anpassen“,<br />
sagt Spennlingwimmer. In den vergangenen<br />
Monaten hat Business Upper<br />
Austria beispielsweise Möglichkeiten für<br />
ein steuerlich optimiertes Vorgehen analysiert.<br />
Die Plattform<br />
www.inkoba.at ist eine<br />
umfassende Wissensdatenbank,<br />
u. a. mit<br />
hilfreichen Dokumenten<br />
zum Download.<br />
KOMMENTAR<br />
VON GEORG<br />
KEUSCHNIGG<br />
RECHTS: Im Stift St. Florian<br />
erklärte Bürgermeister Christian<br />
Kolarik das INKOBA-Modell der<br />
Powerregion Enns-Steyr. Auch die<br />
INKOBA-Delegation aus Tirol war<br />
Gast. (© Business Upper Austria)<br />
Gewerbegebiete: Die oberösterreichische<br />
Politik der Flächensicherung<br />
69 Prozent der 438 oberösterreichischen<br />
Gemeinden sind Mitglied eines INKO-<br />
BA-Gemeindeverbandes (interkommunales<br />
Gewerbegebiet). Wie der frühere<br />
Wirtschaftslandesrat Viktor Sigl und der<br />
Geschäftsführer von Business Upper Austria,<br />
Werner Pamminger, in einem Hintergrundgespräch<br />
mit der Tiroler Delegation<br />
berichteten, war es von Beginn an das Ziel,<br />
für die bestehenden Betriebe Erweiterungs-<br />
flächen vorzuhalten und für mögliche Neuansiedlungen<br />
Flächen rasch und zu verlässlichen<br />
Preisen verfügbar zu haben. Zudem<br />
galt es, Arbeitsplätze in die ländlichen Regionen<br />
zu bringen. Bei den erfolgreicheren<br />
INKOBAS sind die Infrastrukturinvestitionen<br />
bereits refinanziert, sodass die Gemeinden<br />
schon Rückflüsse lukrieren können.