Neue Szene ePaper2021-08
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„Hier herrscht totaler Friede
zwischen den Kulturen und
Künsten!“
Karrieresprungbrett. Warum liegt es dir so
am Herzen, junge Talente aus Augsburg zu
fördern?
Ich war ja als junger Mensch selbst sehr aktiv als
Künstler, sowohl in der Türkei wie auch später in
Deutschland. Ich habe von Anfang an gemerkt,
dass es in Augsburg viele junge Musiker*innen
gibt, die großes Potenzial haben, aber noch einen
Ort und etwas Orientierung brauchen. Dafür
ist das Neruda da. Viele Künstler*innen haben
sich auch hier erst beim gemeinsamen Jammen
kennengelernt und zusammengetan. Wenn ich
höre, wie erfolgreich die Leute sind, die hier ihre
ersten Auftritte hatten, wie z.B. John Garner, Ala
Cya, Art in Crime oder MHA, fühle ich mich wie
ein stolzer Künstler-Papa! Wenn die Leute mich
fragen, wie viele Kinder ich habe, sage ich zwei
leibliche Töchter, aber eigentlich sind es inzwischen
mindestens 500 Neruda-Kinder, die mich
auch alle Papa nennen (lacht).
Wie sehr die Augsburger*innen das Neruda
dafür schätzen, hat sich auch bei eurer Spendenaktion
im ersten Corona-Lockdon gezeigt,
als innerhalb weniger Wochen über 10.000
Euro für den Erhalt des Kulturcafés zusammenkamen.
Das war für uns wirklich eine riesige Unterstützung.
Zu sehen, dass es den Menschen in
Augsburg wichtig ist, dass dieser Ort weiterlebt,
war ein wunderbares Gefühl. Ich bin sehr
dankbar für den Rückhalt der Leute. Vor ein paar
Jahren gab es mal eine Beschwerde von einem
neuen Anwohner, woraufhin das Ordnungsamt
uns die Genehmigung für Musikveranstaltungen
entziehen wollte. Da hat der Kültürverein eine
Unterschriftenaktion für das Neruda gestartet, bei
der in kurzer Zeit 20.000 Menschen mitgemacht
und viele auch tolle Texte geschrieben haben,
warum sie finden, dass das Neruda so ein besonderer
Kulturort ist.
Und wie sieht es mit dem Rückhalt vonseiten
der Stadt aus?
Ich möchte mich nicht beschweren, denn die
Behörden machen ja auch nur ihren Job. Aber
die Stadt sollte das Neruda nicht nur als Café
oder Kneipe sehen, sondern als Kulturstätte.
Diese Engstirnigkeit stört mich manchmal.
Unser Wunsch ist es, dass die Stadt uns und
unsere Kultur ernst nimmt, mit uns in Kontakt
tritt und Vertrauen entwickelt. Wir wollen
ja keine Unruhe stiften und niemanden mit
unserer Kunst stören. Wir fordern nicht viel von
den städtischen Behörden, nur Verständnis und
Erlaubnis für unsere Projekte. Aber wir sind
zumindest schon mal froh, dass wir vor Kurzem
endlich eine Genehmigung für die Bestuhlung
auf dem Bürgersteig vor dem Neruda bekommen
haben.
Du bist auch Gründungsmitglied des Kültürvereins
Augsburg. Wie steht es denn um eure
Pläne für die diesjährigen Kültürtage?
Im Juli haben wir ja schon unsere Pop Up-Events
veranstaltet, bei dem Künstler*innen spontan an
verschiedenen Orten in der Stadt aufgetreten sind.
Im Oktober soll es dann eine Corona-gerechte
Version unsere Kültürtage geben, unter anderem
mit einem Kabarett-Best-of aus 11 Jahren und vielen
anderen spannenden Projekten. Ein Kültürtage-Festival
mit dem vollen Programm kann dann
hoffentlich nächstes Jahr wieder stattfinden.
Gibt es einen Zukunftswunsch, den du dir
gerne noch erfüllen möchtest?
Ich möchte noch viel mehr Kultur in Augsburg
machen. Im Neruda fühlen wir uns wohl und
alles läuft wunderbar, aber wir müssen öfter
aus dem Wohnzimmer in die Welt hinaus, um
mehr Menschen zu erreichen und Kultur auch
zu denen zu bringen, die nicht so einfach zu uns
kommen können. In der Stadt gibt es zum Beispiel
so viele Grünflächen, auf denen man kleine
Akustik-Konzerte und Jam-Sessions organisieren
könnte. An der Stelle ist dann wieder eine gute
Zusammenarbeit mit der Stadt gefragt. (lina)