Neue Szene ePaper2021-08
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Zoom
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Fotos: Jonathan Stodtmeister
Fotos: Max Tank
Du bist mit deinen beiden Geschäftsfeldern
in der Gastronomie und in der Kulturbrache
zuhause. War das die richtige Entscheidung
oder spekulierst du nach den wahrscheinlich
härtesten zwei Jahren deines Berufslebens
nicht vielleicht doch irgendwann mit einem
Wechsel ins „seriöse Fach“?
Hey, seriös finde ich unser Business auch
(lacht)! Und ja, es war die richtige Entscheidung.
Dass es so kam und dies die neue pandemische
Realität ist, in der wir leben müssen, war ja nicht
absehbar.
Corona hat vieles verzögert oder erschwert,
aber auch eine schärfere Sicht auf die Dinge
gebracht. Aber gut, nach dem Ausstieg aus dem
Modular Festival standen viele Projekte an, die wir
nun angehen können.
“
Wie die zwei eigenen Open Air-Formate, die
deine Veranstaltungsagentur „Mategroup“ an
den letzten beiden August-Wochenenden am
Start hat?
Stimmt genau. Und auf die freuen wir uns
sehr. Es gibt zwei Konzepte, die wir bereits vor
der Pandemie entwickelten. Das Eine ist das „Alb-
Festival“, ein Festival-Format in meiner Heimatgemeinde
Böhmenkirch. Dort gab es früher fast
25 Jahre lang das „Cross Over Festival“, auf dem
schon Uriah Heep, Jennifer Rostock, Emil Bulls
oder Fury in the Slaughterhouse gespielt haben.
Irgendwann fehlten aber die strukturellen Voraussetzungen.
Die können wir jetzt mit der „Mategroup“
abdecken und setzen dieses Festival neu auf.
Dafür nehmen wir übrigens auch ein Learning
aus der Corona-Zeit mit. Es muss nicht immer
größer, schneller, weiter sein! Auch Kleinstfestivals
mit bis zu 2.000 Besuchern können lukrativ
umgesetzt werden. Und auch der Zeitpunkt, Ende
August, war dafür gut. Daumen drücken, dass
Wetter und Inzidenz passen!
Sowieso, denn nur eine Woche später zieht
ihr ja dann mit dem ganzen Equipment nach
Augsburg um. Ich kann übrigens echt nur gratulieren,
das Line Up des kunstWERK Open
Air ist das Beste, das es diesen Sommer hier zu
sehen gibt.
Danke schön. Ja, wir bauen die komplette Produktion
in Böhmenkirch ab und dann am Gaswerk
in Augsburg wieder auf. Nur das Line Up
ist nicht komplett gleich, in Augsburg konnten
wir für den Samstag beispielsweise Niels Frevert
gewinnen. Am Freitag haben wir eine Kooperation
mit dem Independent Label „Audiolith“. Da
werden Akne Kid Joe, Frittenbude, Egotronic und
Die Sauna spielen.
Das kunstWERK-Format habt ihr erstmals
letzten Sommer am Gaswerksgelände
erfolgreich über zwei Monate veranstaltet.
Warum ist es heuer auf zwei Tage zusammengeschrumpft?
Letzten Sommer waren wir trotz all der
Ungewissheit rund um die Pandemie sehr früh
am Start und bekamen schnell das Go der Stadtwerke,
unsere Bühne aufbauen und das Areal über
acht Wochen bespielen zu dürfen. Dieses Jahr
lief das anders, weil die Stadt Augsburg unter der
Dachmarke #augsburgbewegt den Gaswerksommer
extra aufgelegt und viele Veranstalter*innen
mit ins Boot genommen hat.
Es muss nicht immer
größer, schneller,
weiter sein!“
Ihr habt Euch in den letzten Monaten auch
digitaler aufgestellt und eure eigene Ticketplattform
„ourticket“ ausgebaut. Wir selbst
haben diese Plattform 2020 bei unserem
„Heute im Stadion“- Festival genutzt. Erstaunlich,
wie unkompliziert ihr uns damals geholfen
habt. Wird euer Ticketsystem eigentlich
auch bei anderen Veranstaltungen in Augsburg
genutzt?
Ja, wir haben dieses Jahr für „Le Heat“ am
Provino das Ticketing gemacht. Weitere sind in
Planung.
Die großen Veranstaltungen in Augsburg
werden über die Big-Player wie Eventim oder
Reservix abgewickelt. Wäre es nicht denkbar,
dass ihr als lokaler Anbieter diese Leistungen
im Ticketingbereich abdeckt?
Es wäre sicher kein Nachteil, wenn der
Ticketpartner die Örtlichkeiten kennt und
wenn man die vielen Kulturveranstaltungen,
die es in Augsburg gibt, zentral und mit einem
zusätzlichen, übersichtlichen Veranstaltungskalender
über eine hier ansässige Ticketplattform
anbieten würde. Durch unser Knowhow vor Ort
haben wir auch Vorteile beim Troubleshooting
und wissen sehr genau, wo die Daten gespeichert
werden. Wir arbeiten hier mit der Hamburger
Firma „White Label“ zusammen, die für uns das
technische Backup macht.
Darauf erstmal einen Schnaps! Sehr zum
Wohle, Christoph! Dieser weiße Pfeffi hier ist
mein absolutes Lieblings-Likörchen. Du stellst
ihn und auch andere Spirituosen, die hier im
„Tante Frizzante und Herr Brand“ verkauft
werden, selbst her.
Das stimmt und das war auch der Grund,
warum ich damals im Restaurant „Färberei“ eingestiegen
bin. Wir wollten einen Laden in Augsburg
haben, in dem wir unsere Produkte direkt an die
Leute bringen können.
Wer ist denn eigentlich wir?
Mein Bruder Philipp und ich produzieren
unter dem Label „Gebrüder Elwert“ zusammen
Spirituosen und haben mittlerweile 5 Gins, den
Kräuterlikör unseres Großvaters, diesen Pfeffi und
verschiedene Obstbrände im Sortiment. Dafür
bauen wir auf der schwäbischen Alb in unserer
Heimat Böhmenkirch auf Streuobstwiesen selber
an. Mein Bruder ist dort der ortsansässige Apotheker,
er hat die elterliche Apotheke übernommen
und produziert die Spirituosen. Ich kümmere
mich um Marketing und Verkauf. Dafür ist „Die
Frizzante“ natürlich perfekt.
Wie sind nun deine weiteren Pläne für die
Zukunft?
Genauso weitermachen wie bisher und am
ursprünglichen Plan festhalten: Produkte selbst
herstellen, Angebote in Gastronomie und der
Kultur schaffen, denn das ist und bleibt wichtig
für die Lebensqualität. Wir sind in Bereichen
tätig, die gerade sehr viel Umstellungen erfordern
und allen Mitarbeiter*innen viel abverlangt
haben. Daher ist das oberste Ziel für dieses und
das kommende Jahr, Planungssicherheit zu
erlangen und dadurch Ruhe reinzubringen. Ein
großes Resümee kann ich noch nicht ziehen
oder sogar sagen, was mögliche positive Effekte
der Krise sind. Aber eines ist sicher: Wir bleiben
den Branchen treu! (max)