Neue Szene ePaper2021-08
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HEIMATKLÄNGE
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S
an Antonio Kid ist ein ziemlich raffinierter
Bandname. Einerseits markiert
er mit dem Antonsviertel eure Hood
und gleichzeitig projiziert er auch noch ein gewisses
Texas-Feeling.
Genau diese Assoziation hatten wir auch im Sinn,
als wir uns für diesen Namen entschieden haben.
Oft findet man ja erst mit dem Alter Zugang
zu seinen Wurzeln. Was bedeutet für euch der
Begriff Heimat?
Da ist schon was dran, mit dem späten Bekenntnis
zu seinen Roots. Unser Sound klingt sehr
amerikanisch, aber wir sind Augsburger und das
darf man ruhig hören und sehen.
Mit Sehen meinst du sicher auch das Plattencover
von „Greetings from San Antonio Kid“?
Dieses kitschige Postkartenmotiv ist an sich ja
nichts wirklich Neues, aber die Augsburg-Fotos im
Schriftzug haben uns gefallen. Da unsere Musik
stark an die 60er und 70er Jahre angelehnt ist,
durfte der Hotelturm nicht fehlen, auch wenn er
als Motiv längst überstrapaziert ist. Aber gerade
für die jüngere Generation ist er so etwas wie das
Wahrzeichen der Stadt.
Anfang Juli habt ihr euer Release-Konzert auf
dem Gelände des Gaswerks gegeben. Es war
der erste Auftritt nach über einem Jahr. Wie
war es da oben on stage?
Es hat unglaublich gut getan, wieder einmal
auf den Bühnenbrettern zu stehen. Auch die Vorbereitung
auf das Konzert war schön, weil sich vor
Auftritten immer eine gewisse Spannung aufbaut.
Unsere Platte hätte eigentlich schon im Winter
2020 erscheinen sollen, aber wir haben es wegen
des Lockdowns auf den Sommer verschoben.
Der Auftritt war mit Auflagen verbunden und
die Open-Air-Location war bestuhlt.
Das ist natürlich mit einem Club-Gig nicht
zu vergleichen. Aber wir sind vom Tempo ja nicht
die schnellste Combo, deswegen ist ein sitzendes
Publikum für uns kein wirklicher Nachteil. Die
Atmosphäre war toll, das Wetter hat gehalten, an
diesem Abend wäre ich selber auch gerne Gast gewesen.
Denkwürdig waren eure Special Guests. Ihr
habt euch einfach selber supportet und das
echt originell gelöst. „Die Vorband“ spielte hinter
einem weißen Vorhang und man sah lediglich
eure Silhouetten. Gute Idee eigentlich …
Ja … (lacht). Es gab strenge Auflagen für dieses
Konzert, vor und hinter der Bühne durfte nur eine
bestimmte Anzahl an Personen verkehren. Noch
dazu ist es auch nicht immer einfach, eine passende
Band zu finden. Wir haben u.a. Stücke von
A/B Repeat, The Beta Band oder 13th Floor Elevators
gecovert. Jeder von uns hat seine musikalischen
Vorlieben und Einflüsse und das wollten
wir damit auch zum Ausdruck bringen.
Als wir zum ersten Mal über das neue Album
sprachen, hast du betont, dass es etwas poppiger
ausgefallen ist. Wollt ihr euren Prärie-
Staub abklopfen oder habt ihr keinen Bock
mehr auf Spaghetti-Western?
Wir waren es irgendwann etwas leid, immer
mit gewissen Klischees und dieser Tarantino-
Nummer konfrontiert zu werden. Es ist jetzt nicht
so, dass wir uns neu erfunden haben, aber wir
haben uns einfach weiterentwickelt.
Pop ist ja ein sehr breitgefächerter Begriff.
Fans von Billy Eilish würden das sicher anders
definieren. Ich finde, ihr seid eingängiger geworden
und habt Songs mit echten Refrains
und auch mehr Tempo kreiert.
Wenn das bei dir so rüberkommt, dann ist es
super, denn genau das war unsere Absicht. Wir
sind ja eher die gemütlichen Typen, aber ich finde
auch, dass uns etwas mehr Speed gut zu Gesicht
steht. Inzwischen haben wir schon einige neue
Stücke geschrieben und die sind alle etwas zackiger
ausgefallen.
Nach der Platte ist also vor der Platte?
Ja, die neue Scheibe hat zwei Jahre auf sich
warten lassen und so viel Zeit wollen wir nicht
mehr verstreichen lassen. Fünf, sechs Nummern
sind bereits fertig, eine EP wäre also schon zeitnah
möglich.
Das Album ist ja mehr oder weniger ein Lockdown-Baby.
Habt ihr aus der Not eine Tugend
gemacht?
Nicht zu proben, war ein echtes Problem für
uns und wir haben die Zeit genutzt, um neue
Songs zu schreiben. Unser Sänger Matt hat seine
Skizzen herumgeschickt und jeder konnte dann
seine Ideen miteinbringen. Das hat erstaunlich gut
funktioniert. Als es dann aber endlich wieder im
Proberaum losging, war das unglaublich cool für
uns alle.
Das letzte Album war sehr DIY, ihr habt alles
im eigenen Proberaum aufgenommen.
Aus unserem Übungsraum ist inzwischen das
DropoutSound-Studio geworden, dass von Michi
Strassmair betrieben wird. Mittlerweile nehmen
auch schon andere Bands dort auf.
„Greetings from …“ erscheint wie die letzten
Alben auch wieder bei Johnny Hankes „Off
Label Records“. Plattenfirmen scheinen ja
immer überflüssiger zu werden, was spricht
für eure Kollaboration?
Johnny ist Familienvater und voll im Job. Er
ist ein echter Idealist, ein wirklich toller Typ und
so etwas wie eine väterliche Figur, es macht einfach
großen Spaß mit ihm zu arbeiten. Unser
Label bringt uns viele Vorteile, Johnny leistet viel
organisatorische Arbeit, er kümmert sich um Vertrieb,
Verlagsgeschichten und um die Presse. Wir
haben dadurch den Luxus, dass wir uns voll auf
unsere Musik konzentrieren können.
Ihr seid gerngesehene Gäste bei BR Puls und
beim Zündfunk, habt in ganz Deutschland
und auch in England und Dänemark gespielt.
Mittlerweile seid ihr alle aus dem Studentenalter
raus, welche Rolle spielt die Band in
eurem Leben?
Mit 25 hätte ich sicher eine Antwort parat gehabt.
Wir sind inzwischen alle in unseren Berufen
verankert und haben auch Familienväter an Bord.
Wir sind nach wie vor zielstrebig und mit viel Enthusiasmus
am Start, aber mit dem Alter ist der
Druck im Kessel nicht mehr so groß, wir gehen
wesentlich entspannter mit allem um.
“Wir sind Augsburger
und das darf man ruhig
hören und sehen!
Das Delta-Virus kreist wie ein Geier über uns
und die nächsten Monate sind nach wie vor
nur schwer planbar. Wie geht ihr als Band
damit um?
Wir hatten Gott sei Dank einige Sommerkonzerte,
aber wir können aktuell nichts anderes tun,
als alles auf uns zukommen zu lassen. Eine Clubtour
ist derzeit nur schwer vorstellbar und deswegen
ist in diese Richtung erst einmal nichts
geplant. Blöde Situation, denn gerade live haben
wir immer gut Platten und CDs verkauft.
Ist San Antonio Kid eine Band für die Ewigkeit?
Das ist jedenfalls kein unrealistisches Szenario.
Wir müssen halt aufpassen, dass wir nicht eines
Tages die einzigen sind, denen unsere Musik gefällt
(lacht). Aber im Ernst, wir sind eine zeitlose
Band und auch universell einsetzbar, wir funktionieren
auf Stadtfesten genauso gut wie in Clubs
oder auf Festivals. (ws)
Weitere Infos, Vinyl und CDs:
www.sanantoniokid.de