Glücksburg Living 05/21 September & Oktober
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Der <strong>Glücksburg</strong>er<br />
Peter Marxen (84)<br />
erzählt in seiner wahren<br />
Geschichte, die er<br />
sogar einst beim amerikanischen<br />
Magazin<br />
„The Reader‘s Digest“<br />
einreichte, über die<br />
Katastrophe an Bord<br />
der „Marianne“ und<br />
wie er als einziger<br />
Mann die Explosion<br />
an Bord ohne eine<br />
Schramme überlebte.<br />
Ein <strong>Glücksburg</strong>er erinnert sich<br />
„Ich verschlief<br />
eine Katastrophe .“<br />
EINE GESCHICHTE VON PETER MARXEN<br />
76<br />
Ich war gerade 17 Jahre alt und fuhr seit einem<br />
Jahr zur See. Mein erstes Schiff hatte ich verlassen,<br />
damit ich Ferien machen konnte. Jetzt<br />
war ich wieder in Hamburg, um mir ein Schiff zu<br />
suchen.<br />
Von morgens bis abends wartete ich geduldig in<br />
der Halle der Heuerstelle auf eine Chance, wie die<br />
Seeleute es nennen, wenn sie abgemustert haben<br />
und auf eine Möglichkeit warten, wieder an Bord<br />
zu gehen.<br />
Es war Mitte Dezember und das Weihnachtsfest<br />
stand vor der Tür. Deshalb wollten die meisten<br />
Seeleute noch nicht einsteigen. Sie warteten<br />
lieber noch ein paar Wochen. ,,Mal sehen, wie<br />
nach dem Fest die Aussichten sind,“ sagten viele.<br />
Oft kamen ein paar von ihnen in den Wartesaal<br />
der Heuerstelle geschlendert, erkundigten sich bei<br />
den Wartenden, wie die Nachfrage ist und wenn<br />
sie dann erfuhren, dass die Chance gut sei, dann<br />
nickten sie zufrieden, schlugen den Mantelkragen<br />
hoch, blickten durch das Fenster in den kalten Dezemberhimmel<br />
und gingen wieder nach draußen.<br />
Sie würden irgendwo hingehen, aber bestimmt<br />
nicht an Bord.<br />
Bei mir war es etwas anderes. Mir war das Geld<br />
ausgegangen und ich musste so schnell wie<br />
möglich unterschreiben. Am Nachmittag wurde<br />
ausgerufen: ein Matrose und ein Jungmann für<br />
Tankmotorschiff „Marianne“. Wie der Schiffsname<br />
klingt, dachte ich, er ließ einen unwillkürlich an<br />
ein blondes Mädchen denken. Ich ging schnell<br />
zum Schalter und gab dem Angestellten mein<br />
Seefahrtsbuch. Dieser nahm das Buch, blätterte<br />
etwas darin herum und sagte, es wäre in Ordnung.<br />
Damit hatte ich den Job; hier wurden nicht viele<br />
Worte gemacht. Man sagte ja oder nein; ein Zwischending<br />
gab es nicht.<br />
Nach den üblichen Formalitäten bei der Reederei<br />
gab man uns eine Fahrkarte mit der Anweisung<br />
am nächsten Morgen nach Brunsbüttelkoog zu<br />
fahren; dort würde man das Schiff löschen, wie<br />
der Personalchef mit wichtigem Gesicht anmerkte.<br />
Am Tage darauf stand ich dann am Kanal und sah