13.08.2021 Aufrufe

Glücksburg Living 05/21 September & Oktober

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

IN DEN PRINTMEDIEN bereits<br />

als 17-jähriger Schiffsjunge war<br />

Marxen auf sämtlichen Titelbildern<br />

von deutschen Tageszeitungen zu<br />

sehen.<br />

Ich<br />

stellte das Radio<br />

ab, steckte den Kopf in<br />

das Kissen und schlief ein. Wie<br />

lange ich geschlafen hatte, weiß<br />

ich nicht, als ich plötzlich von einem<br />

ohrenbetäubenden Knall geweckt<br />

wurde.<br />

erstreckte sich das Fahrtgebiet. Von den meisten<br />

Seeleuten wird diese Route im Winter gemieden,<br />

da das Wetter ungemütlich nass und kalt sein<br />

kann. Man gibt deshalb den wärmeren Zonen den<br />

Vorzug, auch wenn die Reisen länger sind und<br />

man selten nach Hause kommt.<br />

Seeleute sind wie Zugvögel, sie ziehen mit der<br />

Sonne zum Süden und folgen ihr, wenn sie wieder<br />

nordwärts wandert. Auf der Marianne kamen wir<br />

uns vor wie Zugvögel, die die Abflugzeit verpasst<br />

hatten und deshalb in der Kälte bleiben mussten.<br />

Die Deckbesatzung der Marianne setzte sich<br />

aus einem Bootsmann, einem Matrosen und drei<br />

Jungleuten zusammen. Der eine Jungmann, Jonny<br />

war sein Name, spielte gerne auf dem Akkordeon.<br />

Seine Musik wurde von allen geliebt, nur der<br />

Bootsmann fluchte, wenn er in seiner Mittagsruhe<br />

gestört wurde. Jonny war ein großer hübscher<br />

Bursche von zwanzig Jahren. Er hatte eine beneidenswerte<br />

Art mit allen Problemen fertig zu<br />

werden. Er machte selbst die schmutzigste Arbeit<br />

mit lachendem Gesicht. Unsere Crew hatte sich an<br />

seine Scherze und sein Lachen gewöhnt. Wir vermissten<br />

irgendetwas, wenn Jonny mal schweigsam<br />

war; das kam aber selten vor. Er wurde von<br />

uns Jonny genannt, weil in all seinen Liedern von<br />

einem gewissen Jonny die Rede war. Seinen richtigen<br />

Vornamen gebrauchten wir nie.<br />

Es war inzwischen Frühling geworden und wir<br />

fuhren nach Hamburg, um dort eine Ladung Flugzeugbenzin<br />

für Kopenhagen zu nehmen. Dieses<br />

Benzin ist wegen seines hohen Zündpunktes<br />

besonders feuergefährdet. Am Tage der Ankunft<br />

in Hamburg wurde ich morgens gegen halb sechs<br />

geweckt; meine Seewache begann um sechs Uhr<br />

und war mittags beendet. Normalerweise hätte<br />

ich jetzt frei gehabt, aber wir erledigten irgendwelche<br />

Arbeiten an Deck, was mich meinen<br />

Schlaf kostete. Abends musste ich dann wieder<br />

am Ruder ablösen, da die Seewachen nach dem<br />

Zweiwachensystem eingeteilt waren. Mitternachts<br />

lief die Marianne schließlich in Hamburg ein. Nach<br />

dem Festmachen sagte mir der Bootsmann, dass<br />

ich an Deck bleiben musste, um die Tanks zu<br />

waschen. Mir war das nur Recht, da ich bei einem<br />

Verdienst von fünfundneunzig Deutsche Mark im<br />

Monat mit jeder Überstunde kalkulierte.<br />

Der Bootsmann und ich öffneten die Tankluken<br />

und sorgten erst mal für Ventilation. Daraufhin<br />

wurde ein Tank nach dem anderen von oben mit<br />

dem Deckwaschschlauch gewaschen. Obgleich<br />

wir nicht in den Tank hineinkletterten, mussten wir<br />

allerhand Gas einatmen. Deshalb lösten wir uns<br />

ab. Einer hielt den Schlauch und der andere ging<br />

zur Reling, um seinen Kopf in den frischen Morgenwind<br />

zu halten. Mit dem Tankwaschen waren<br />

wir kurz vor acht Uhr fertig.<br />

79

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!