Ausgabe 11/2021
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 3. November 2021
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 3. November 2021
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<strong>11</strong>/<strong>2021</strong> Interview · <strong>11</strong><br />
Kurz: Sie tragen die ganze Verantwortung von<br />
der Idee bis zum Kinoverleih.<br />
Ja, ich bin beim Prozess vom Exposé über das Treatment<br />
zur Drehvorlage bis zum Drehbuch mit dabei.<br />
Ich unterstütze die Drehbuchautor*innen und /<br />
oder den Regisseur*innen bei der Entwicklung.<br />
Dann geht es Schritt für Schritt weiter: finanzieren,<br />
drehen, schneiden, promoten, verleihen.<br />
Wie entscheiden Sie, welche Ideen zu einem von<br />
Ihnen produzierten Film werden?<br />
Es gibt unendlich viele Wege, wie eine Idee zu einem<br />
Film wird. Am Anfang kann etwa ein Thema<br />
oder ein Exposé stehen, oder eine Idee eines Regisseurs,<br />
einer Regisseurin, eines Autors oder einer<br />
Autorin. Es gibt auch Themen, die mich nicht interessieren<br />
oder von denen ich glaube, die Umsetzung<br />
sei zu teuer oder andere Produzent*innen könnten<br />
das besser machen. Ich kann und will nicht alles<br />
machen – auch wenn ich jetzt nach dem «Pandemieloch»<br />
gerne mehr Filme drehen würde.<br />
Als Produzentin stehen Sie – ausser Sie werden<br />
ausgezeichnet – im Hintergrund.<br />
Ich handle bewusst hinter und nicht vor der Kamera.<br />
Mein Vater war Fotograf und hat mich ständig<br />
fotografiert. Ich mag das nicht. Es liegt mir, im Hintergrund<br />
zu agieren.<br />
Was Sie auch politisch tun.<br />
Ich war schon immer ein politisch interessierter<br />
Mensch. So habe ich in jungen Jahren etwa die<br />
erste Demonstration gegen den Vietnamkrieg in<br />
St. Gallen mitorganisiert. Als Filmtechnikerin habe<br />
ich mich im Vorstand des Schweizer Syndikat Film<br />
und Video (SSFV) engagiert. Als Produzentin war<br />
ich jahrelang Präsidentin der GARP, der Gruppe<br />
Autoren, Regisseure, Produzenten. In dieser Funktion<br />
habe ich vor 20 Jahren das «Dîner politique»<br />
Ruth Waldburger: «Als Filmproduzentin mache ich innerhalb der Filmbranche das, was ich am besten kann.»<br />
<br />
Die Einschränkungen in der Filmbranche waren<br />
massiv.<br />
Ja, einerseits wurden für uns wichtige Festivals<br />
abgesagt, andererseits waren die Kinos geschlossen.<br />
Und wir können ja nicht für geschlossene Kinos<br />
Filme produzieren. In dieser Zeit haben viele<br />
im Streaming eine gute Alternative erkannt. Jetzt<br />
sind die Kinos geöffnet, aber noch sind die Besucherzahlen<br />
eher tief. Ich hoffe, dass dies schon bald<br />
wieder besser wird.<br />
Schwenken wir von Ihren Filmen zu Ihnen als<br />
Produzentin. Begonnen haben Sie 1974 beim<br />
Schweizer Fernsehen als Produktionsassistentin<br />
beim Kassensturz. Es folgte erst ein interner<br />
Wechsel in die Abteilung Information, dann jener<br />
in die Filmbranche.<br />
In den Jahren beim Schweizer Fernsehen lernte ich<br />
alles, was es für die Produktion braucht. Mit diesem<br />
Wissen wuchs auch mein Interesse für den Film. Im<br />
Jahr 1977 wechselte ich in die Filmbranche. Mein<br />
Start war ein Praktikum als Aufnahmeleiterin beim<br />
(Bild: Gian Marco Castelberg)<br />
Film «Messidor» von Alain Tanner. 1983 habe ich mit<br />
zwei Kollegen die Xanadu Film AG gegründet.<br />
War das für Sie ein mutiger Schritt?<br />
Ein logischer. Es war immer mein Ziel, Produzentin<br />
zu werden. Als mutig würde ich die Gründung<br />
meiner eigenen Produktionsfirma, der «Vega Film<br />
AG», bezeichnen – also den Schritt zur alleinigen<br />
Verantwortung als Unternehmerin.<br />
Sie waren davor Aufnahme- und Produktionsleiterin,<br />
hatten also in der Branche bereits einen<br />
Namen.<br />
Um eine gute Filmproduzentin zu werden, braucht<br />
es keinen Namen. Ich muss es einfach – wie jede<br />
andere Unternehmerin auch – gut machen.<br />
Was beinhaltet dieses «Ich muss es gut machen»?<br />
Als Produzentin bin ich – zusammen mit den Regisseur*innen<br />
– von A bis Z für den Film verantwortlich:<br />
Drehbuch, Finanzierung, Einhaltung des Budgets,<br />
Casting, Drehorte, Koordination des Filmteams etc..<br />
ins Leben gerufen. An diesem Anlass, der während<br />
dem Locarno Film Festival stattfindet, treffen sich<br />
Filmschaffende und Politiker*innen aus dem National-<br />
und Ständerat zum Austausch etwa über die<br />
Förderung des Schweizer Films.<br />
Mit Erfolg?<br />
Es hat sich vieles verbessert in punkto Förderung<br />
des Schweizer Films. Früher war einzig das Bundesamt<br />
für Kultur dafür zuständig. Heute haben beispielsweise<br />
viele Kantone Filmkulturstiftungen, die<br />
unter anderem auch das Filmschaffen unterstützen.<br />
Waren es früher drei Filme pro Jahr, die produziert<br />
werden konnten, sind es heute bis zu 20. Das<br />
sind spür- und sichtbare Verbesserungen für den<br />
Schweizer Film. Daher: Ja, wir haben auch politisch<br />
einiges erreichen können.<br />
<br />
«Es liegt mir, im<br />
Hintergrund zu<br />
agieren.»<br />
Eva Schläpfer