Ausgabe 11/2021
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 3. November 2021
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 3. November 2021
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4 · Porträt <strong>11</strong>/<strong>2021</strong><br />
DEM GESCHMACK AUF DER SPUR<br />
Bierbrauer Adi Schmid hat viele Ideen und scheinbar unerschöpfliche Energie sowie Begeisterung,<br />
diese auch umzusetzen. Seine Triebfeder sind die Leidenschaft für den Genuss, der Spass am Entertainment<br />
sowie der Wille, sich unbeirrt davon leiten zu lassen. Und angefangen hat alles in Herisau.<br />
Adis erstes selbstgebrautes Bier war der «Oldtimer».<br />
Vor nunmehr 10 Jahren, im April 20<strong>11</strong>, fabrizierte<br />
er seine ersten 50 Liter und steigerte diese<br />
Kapazitäten kontinuierlich zu seinem heutigen<br />
Sortiment: Pale Ale, Künstler, Bandit, Oldtimer<br />
und Blondine. Doch wer Adi trifft, erlebt weit<br />
mehr als nur den Genuss von einem Glas Bier.<br />
Geboren wurde Adrian Schmid 1978 als ältester<br />
Sohn einer fünfköpfigen Familie. Erst im Bruggeregg-<br />
Block zu Hause, bezog die Familie Schmid später ein<br />
selbstgebautes Eigenheim im Schmidhusen-Quartier.<br />
Im Rückblick konstatiert Adi «coole Erinnerungen»<br />
an seine Kindheit. Zur Schule ging er im<br />
Ifang, mit ihm in der Klasse waren es gerade mal<br />
acht Schüler, was ihn heute noch fasziniert. Auch<br />
ist er felsenfest überzeugt, dass es damals noch<br />
keinen Nebel in Herisau gab, ganz im Gegenteil<br />
zu heute. Das Gymnasium in Appenzell war eine<br />
erste Zwischenstation, doch schliesslich startete<br />
er seine berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung<br />
zum Maschinenmechaniker bei der Firma Bühler in<br />
Uzwil. In Rapperswil absolvierte er sein Studium<br />
in Maschinenbau sowie Informatik und zog nach<br />
dessen Abschluss nach St. Gallen. Hier fehle es ihm<br />
bis heute an nichts, höchstens der Blick auf den<br />
Säntis. Er ist im Lachenquartier zu Hause und fühlt<br />
sich mit seiner Frau Mirjam und den zwei Töchtern<br />
scheinbar sehr wohl. Alles, was sie brauchten, liege<br />
in nächster Umgebung und die Kinder könnten<br />
vieles im Alltag selbständig bewältigen. Das komme<br />
ihm entgegen, denn Adi brauche einen freien<br />
Rücken für das, was er tue. Und er sei sich auch bewusst,<br />
wie sehr ihn seine Frau Mirjam dabei unterstütze.<br />
Leben im Spagat mit dem Ziel Selbständigkeit<br />
Inzwischen ist er CIO bei der Firma Plaston in Widnau,<br />
die Plastikkoffer für die Baubranche bis hin<br />
zum Haushalts- und Medizinalbereich herstellt. Als<br />
Chefinformatiker verantwortet er die interne IT (Informatik)<br />
im Teilzeitpensum. Den Rest der Woche<br />
investiert er in seine eigene Firma «Biergarage».<br />
Obwohl es viel Arbeit sei, drehe sich alles um den<br />
Genuss. Gebraut wird derzeit noch in Graubünden,<br />
weil seine Brauerei so schnell gewachsen ist,<br />
dass er zwischenzeitlich auf die Infrastruktur eines<br />
Freundes ausweichen musste. Mittel- bis langfristige<br />
Visionen, um wieder vor Ort zu produzieren, hat<br />
er zwar, doch die Räumlichkeiten zu bezahlbaren<br />
Preisen müssten noch gefunden werden. Derzeit<br />
wendet er zwei Tagen pro Woche für die Produktion<br />
seiner Biersorten auf. Brauen, Abfüllen, Etikettieren<br />
seien ein sich stets wiederholender Prozess,<br />
dazu kämen der wöchentliche Rampenverkauf und<br />
regelmässige sowie individuelle Events.<br />
Die kaum mehr planbare Nachfrage aus der<br />
Gastronomie aufgrund der wechselnden Corona-<br />
Bestimmungen wurde auch für ihn zur zusätzlichen<br />
Herausforderung. Auf Lager zu produzieren,<br />
ist für einen Betrieb seiner Grösse keine Option,<br />
die Kosten wären nicht tragbar. Also musste er<br />
zeitweilig Kapazitäten abbauen – diese aufgrund<br />
der steigenden Nachfrage wieder hochzufahren,<br />
dauert gemäss Adi Schmid «mehr als die drei<br />
Tage Vorlauf vom Bundesrat». Ein Bier brauche<br />
vom Brautag bis in die Flasche rund drei Monate.<br />
Momentan arbeite er mit Hochdruck daran, wieder<br />
auf Augenhöhe mit den Kundenwünschen zu<br />
«Genusstrinken führt<br />
bei uns ein Stiefmütterchendasein.»<br />
kommen, und es wurme ihn, dass auch er der Kurzfristigkeit<br />
der politischen Entscheide unterliege.<br />
Denn der fehlende Umsatz gehe zu seinen Lasten<br />
und das habe seine Pläne durchkreuzt – eigentlich<br />
war der letzte Schritt in die volle Selbständigkeit<br />
schon geplant, das Absatzniveau vor der Pandemie<br />
hätte ihm die finanzielle Eigenständigkeit ermöglicht.<br />
Die erzwungene Verzögerung bringt ihn<br />
allerdings nicht von seinem Vorhaben ab, denn<br />
er hat beschlossen, sich von diesen Widrigkeiten<br />
nicht bremsen zu lassen.<br />
Adrian Schmid möchte für das Genusstrinken begeistern.<br />
Ostschweiz hat Potential im Thema Genuss<br />
Er ist überzeugt davon, dass die Ostschweiz im Bereich<br />
des Craft Beer Brewing (englisch für manuelle<br />
Bierherstellung) noch ein grosses Potenzial aufweist.<br />
Gerade das Genusstrinken führe in unseren<br />
Breitengraden nach wie vor «ein Stiefmütterchendasein».<br />
So verfolgt er seinen Weg weiterhin mit viel<br />
Herzblut, den Menschen auch beim Bierkonsum<br />
die Freude und Fähigkeiten zum Genuss zu vermitteln.<br />
Dafür investiert er seit Jahren und packt günstige<br />
Gelegenheiten beim Schopf, wie die kürzlich<br />
erfolgte Anschaffung von zwei Kühlwagen. Er wolle<br />
mit seiner Firma weiter wachsen und müsse für deren<br />
Rentabilität auch Risiken eingehen. Mit seiner<br />
Biergarage ist er diesen Monat in einen ehemaligen<br />
Güterschuppen beim SBB Bahnhof St. Fiden<br />
umgezogen. Das Areal sei ideal für seine weiteren