279.TIROL - November 2021
Ausgabe 5, November 2021
Ausgabe 5, November 2021
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96 tirol.mobil<br />
tirol.mobil 97<br />
ZU DEN AUTOR*INNEN<br />
MICHAEL EITERER, BA<br />
Michael Eiterer beschäftigt sich seit<br />
rund zehn Jahren mit der Gemeindeverwaltung<br />
und war jahrelang selbst<br />
in einer Tiroler Stadtverwaltung tätig,<br />
bei der er vor allem den Umwelt-,<br />
Energie- und Naturschutzausschuss<br />
betreute, mit dem er zahlreiche Projekte<br />
umsetzte. Im Zuge seines Studiums<br />
der Betriebswirtschaft führte<br />
er eine tirolweite Untersuchung zur<br />
Beschaffenheit der Elektromobilität in<br />
den Tiroler Gemeinden durch und gab<br />
dabei Handlungsempfehlungen aus<br />
Theorie und Praxis.<br />
Kontakt: eiterer@gmx.at<br />
DR. NICOLE PALAN<br />
Dr. Nicole Palan ist als Wissenschaftlerin<br />
an der Karl-Franzens-Universität<br />
Graz sowie als Lektorin an Universitäten<br />
und Fachhochschulen in ganz Österreich<br />
tätig. In ihrer Forschung setzt sie<br />
sich mit Themen der Globalisierung,<br />
Digitalisierung und wirtschaftlichen<br />
Transformation auseinander.<br />
Kontakt: nicole.palan@uni-graz.at<br />
TIROLS GEMEINDEN IM<br />
ZEITALTER DER<br />
ELEKTROMOBILITÄT<br />
HABEN SIE SCHON EINMAL<br />
EIN ELEKTROFAHRZEUG<br />
AUSPROBIERT ODER DENKEN<br />
SIE DARÜBER NACH?<br />
BILD: E-Fahrzeuge können in<br />
einem Lebenszyklus bis zu<br />
90 Prozent der CO 2<br />
-Emissionen<br />
im Vergleich zu fossil<br />
betriebenen Fahrzeugen einsparen.<br />
(© Energie Tirol)<br />
Der Ausbau der Elektromobilität soll das Erreichen der Klimaziele in der Europäischen<br />
Union vorantreiben, da der Verkehr derzeit einer der Hauptfaktoren bei der<br />
Verursachung von Treibhausgasemissionen darstellt. Unter anderem sollen die<br />
Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um 55 bis 60 Prozent reduziert und<br />
bis Mitte des 21. Jahrhunderts die Nettotreibhausgase sogar auf null gesenkt werden,<br />
sodass die Mitgliedstaaten klimaneutral wirtschaften. Damit einhergehend ist<br />
geplant, bis 2025 alle Subventionen für fossile Brennstoffe einzustellen.<br />
Derzeit sind in Österreich 29 Prozent der<br />
CO 2<br />
-Emissionen auf den Verkehrssektor<br />
zurückzuführen – in Tirol liegt dieser<br />
Wert mit 35 Prozent sogar darüber. Einen<br />
wichtigen Beitrag zu einer Verminderung<br />
dieser klimaschädlichen Emissionen können<br />
E-Fahrzeuge darstellen, welche während<br />
des Lebenszyklus bis zu 90 Prozent<br />
der CO 2<br />
-Emissionen im Vergleich zu fossil<br />
betriebenen Fahrzeugen einsparen<br />
können. In diesem Zusammenhang sind<br />
Initiativen der öffentlichen Hand bei der<br />
Erleichterung des Übergangs zu emissionsloser<br />
bzw. emissionsarmer Mobilität<br />
von großer Bedeutung. Mit diversen Klimaund<br />
Energiestrategien wie beispielsweise<br />
„mission2030“ oder „So fährt Tirol 2050“<br />
versuchen staatliche Einrichtungen, den<br />
Verkehrssektor in Zukunft möglichst emissionslos<br />
zu gestalten. Neben der Förderung<br />
der elektrisch betriebenen Autos kommt<br />
der notwendigen Ladeinfrastruktur eine<br />
immer größere Bedeutung für die Marktdurchdringung<br />
zu.<br />
Auch die Mitarbeit von Kommunen ist<br />
durch ihre Vorbildwirkung beim Übergang<br />
zu klima freundlicheren Fortbewegungsmöglichkeiten<br />
unumgänglich. Eine umfassende<br />
Bestandsaufnahme zur Durchdringung<br />
von E-Fahrzeugen in die Tiroler<br />
Gemeinden ist daher wesentlich. Aus diesem<br />
Grund wurde im Sommer 2020 eine<br />
wissenschaftliche Befragung der Tiroler<br />
Gemeinden durchgeführt.<br />
Die Ergebnisse<br />
Die Untersuchung kann aufzeigen, dass<br />
37,8 Prozent der an der Befragung teilnehmenden<br />
Tiroler Gemeinden zum Befragungszeitpunkt<br />
elektrifizierte Fahrzeuge, vor<br />
allem E-Autos und E-Bikes, besitzen. Dabei<br />
stellen E-Autos mit 64,1 Prozent den höchsten<br />
Anteil an allen rein elektrisch betriebenen<br />
Fahrzeugen dar. Bemerkenswert dabei<br />
ist, dass mittlerweile knapp ein Viertel des<br />
gesamten kommunalen Tiroler Automobilbestandes<br />
(bis zu 3,5 Tonnen höchstzulässiges<br />
Gesamtgewicht) elektrifiziert wurde. Die<br />
Beliebtheit von E-Bikes ist daran ersichtlich,<br />
dass 28,1 Prozent aller elektrisch betriebe-<br />
nen und von Tiroler Gemeinden gekauften<br />
Fahrzeuge elektrisch betriebene Fahrräder<br />
darstellen. Hingegen besitzen die befragten<br />
Tiroler Gemeinden vergleichsweise wenige<br />
E-Scooter und E-Motorräder.<br />
Staatliche Förderungen wurden für die<br />
Anschaffung von zwei Dritteln der E-Fahrzeuge<br />
in Anspruch genommen, womit die<br />
Bedeutung monetärer Unterstützung auch<br />
beim Umstieg der Kommunen auf E-Fahrzeuge<br />
verdeutlicht wird.<br />
Für das Jahr <strong>2021</strong> hat das Land Tirol das<br />
Förderbudget für nachhaltige Mobilität<br />
im Bereich der E-Mobilität auf 333.000<br />
Euro erhöht, um den Ausbau des E-Carsharings<br />
(das derzeit nur von 13,8 Prozent<br />
der Gemeinden angeboten wird) und der<br />
gemeindeeigenen E-Ladestationen deutlich<br />
voranzutreiben.<br />
Interessanterweise handelt es sich bei über<br />
zwei Dritteln der Kommunen mit eigenen<br />
E-Fahrzeugen um Gemeinden bis zu 5000<br />
Einwohner*innen und auch durchaus um<br />
ländlichere Kommunen. Dabei ist 80 Prozent<br />
der befragten Gemeinden ihre Vorbildfunktion<br />
beim Umstieg auf nachhaltige Fahrzeuge<br />
auch bewusst und wichtig.<br />
Der Großteil der Gemeinden, welche im<br />
Besitz von E-Fahrzeugen sind, verfügt<br />
zudem über einen Klima-, Energie- oder<br />
Naturschutzausschuss. Die Einsetzung<br />
themenspezifischer Ausschüsse oder die<br />
Teilnahme an Umweltprogrammen haben<br />
sichtlich positive Auswirkungen auf die<br />
E-Mobilität in den Gemeinden. Beispielsweise<br />
kann folgendes Muster identifiziert<br />
werden: Gemeinden mit einem Umwelt-,<br />
Klima-, Energie- oder Naturschutzausschuss<br />
wenden im Durchschnitt 0,24<br />
Prozent ihres Gesamtbudgets für E-Mobilität<br />
auf, während Gemeinden ohne oben<br />
erwähnte Ausschüsse nur ca. 0,11 Prozent<br />
des Gemeindebudgets für E-Mobilität<br />
verwenden. Ebenfalls ist der Anteil<br />
an E-Fahrzeugen bzw. die Beabsichtigung<br />
der Anschaffung von E-Fahrzeugen bei<br />
Gemeinden mit zuständigen Ausschüssen<br />
mit einem Prozentsatz von 85,7 Prozent<br />
deutlich höher als bei Gemeinden ohne<br />
Ausschuss mit einem Anteil von 66,7 Prozent.<br />
Damit wird deutlich, dass die spezifische<br />
Auseinandersetzung mit diesen<br />
Themen auch innerhalb der Gemeindepolitik<br />
unumgänglich ist.<br />
Maßnahmen für Gemeinden<br />
Welche Maßnahmen können Gemeinden<br />
weiterhin setzen, um die Bewusstseinsbildung<br />
der Bevölkerung zu forcieren? Städte<br />
und Gemeinden können beispielsweise<br />
durch gezielte Parkplatzpolitik, Testmöglichkeiten<br />
von E-Fahrzeugen, die Ausweitung<br />
des Angebots an E-Carsharing, die Integration<br />
von E-Mobilität in den kommunalen<br />
Wohnbau, die Gewährung von monetären<br />
Förderungen oder die Umstellung der eigenen<br />
Fahrzeugflotte zur Förderung von Elektromobilität<br />
beitragen.<br />
Insgesamt untermauert die Befragung,<br />
dass sich die Tiroler Gemeinden bereits auf<br />
einem guten Weg befinden und wichtige<br />
Weichenstellungen vornehmen, um Klimaund<br />
Energieziele zu erreichen.<br />
E-FAHRZEUGBESTAND DER TIROLER GEMEINDEN<br />
E-AUTOMOBILE<br />
E-BIKES<br />
E-SCOOTER<br />
E-MOTORRÄDER<br />
6,3%<br />
1,6%<br />
28,1%<br />
64,1%