Konstanz Magazin 2021/22
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Der Maler<br />
Robert Weise<br />
Intermezzo am Bodensee<br />
Robert Weises Auftritt auf dem deutschen<br />
Kunstparkett erfolgte mit einem Paukenschlag:<br />
Der junge Maler wurde 1901 bei seiner dritten<br />
Beteiligung an der Internationalen Ausstellung<br />
in München für sein Bild „Die Städterin“ mit<br />
der Goldenen Medaille ausgezeichnet.<br />
Frau in Bodenseelandschaft<br />
Das großformatige Gemälde fand sofort einen Käufer und ermöglichte<br />
dem Künstler, der seit 1896 in der Isarstadt lebte und zwei<br />
Jahre später eine Familie gegründet hatte, den Umzug an den Bodensee.<br />
Obwohl Weise, der 1870 in Stuttgart in einer renommierten<br />
Verlegerfamilie geboren wurde, ein Städter war, suchte er als Künstler<br />
stets die Ruhe der Natur. In der ländlichen Abgeschiedenheit fand er die<br />
Konzentration, die er zum Arbeiten brauchte und die Themen, die ihn am<br />
meisten inspirierten: Wald, Wiesen und Wasser – und mittendrin oftmals<br />
der Mensch, bevorzugt seine Frau und Kinder.<br />
Im Herbst 1901 ließ sich Weise in dem kleinen Schweizer Fischerdorf Gottlieben<br />
nieder. Die rasch wachsende Familie wurde in dem idyllischen Örtchen<br />
bald heimisch und auch das künstlerische Umfeld erwies sich als überaus<br />
anregend. Um den Dichter Emanuel von Bodman hatte sich ein Kreis von<br />
Schiftstellern und Malern geschart, in den Weise gern aufgenommen wurde.<br />
Die in Gottlieben verbrachten Jahre waren Weises unbeschwertesten und<br />
künstlerisch vielseitigsten. Trotz seines Lebens in der Provinz beteiligte<br />
er sich weiterhin erfolgreich an großen Kunstausstellungen im Deutschen<br />
Reich. Das blieb nicht unbemerkt: 1906 erhielt der Maler einen Ruf an die<br />
Stuttgarter Kunstakademie.<br />
In Stuttgart machte sich der Künstler bald als Porträtist von Adel und gehobenem<br />
Bürgertum einen Namen – 1907 erhielt er den Auftrag, Kaiser Wilhelm<br />
II. zu malen. Daneben entstanden immer wieder Landschaftsbilder,<br />
vor allem in Wartenberg bei Erding, wo er mit seiner Familie regelmäßig die<br />
Sommermonate genoss. 1913 erhielt Weise einen Ruf an die Kunstschule in<br />
Weimar, doch die dort verbrachten Jahre standen durch den Kriegsausbruch<br />
unter keinem guten Stern. Der Lehrbetrieb kam bald zum Erliegen und der<br />
Maler, gesundheitlich angeschlagen, zog sich immer öfter nach Süddeutschland<br />
zurück. 1918 quittierte Weise den Dienst und ließ sich in Starnberg<br />
nieder, wo er bis zu seinem frühen Tod 1923, gerade einmal dreiundfünfzig<br />
Jahre alt, freiberuflich tätig war. Seitdem ist es still geworden um diesen<br />
einst so erfolgreichen Künstler. Höchste Zeit, ihn wiederzuentdecken und<br />
mit ihm eine spannende Epoche der vielfältigen Auf- und Umbrüche.<br />
Die Wessenberg-Galerie <strong>Konstanz</strong> hat sich auf Spurensuche begeben und<br />
erinnert an den Maler, der es verstand, die Natur in ihren vielfältigen Erscheinungsformen<br />
zu erfassen und zugleich als einfühlsamer Porträtist<br />
hervortrat.<br />
KONSTANZ MAGAZIN 69