Konstanz Magazin 2021/22
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Foto: Theater <strong>Konstanz</strong><br />
Tanzclub 2018 „Warten auf die Stille“<br />
Onlineformate, Vorlesen am Telefon<br />
und Videoinszenierungen<br />
Vier Premieren konnte das Theater im vergangenen Herbst<br />
feiern, in einem Theatersaal, in dem die Sesselreihen auseinandermontiert<br />
wurden. Wo sonst 400 Menschen Platz finden,<br />
saßen 100 ZuschauerInnen. Viele Stücke, die geprobt<br />
wurden, haben es aber erst gar nicht vor ein Publikum geschafft.<br />
Sie wurden konserviert – sobald das Theater wieder<br />
öffnen darf, kann es losgehen. Bühnenbild und Kostüme<br />
stehen bereit, die Texte sind gelernt, die Regiearbeit steht.<br />
Theaterproduktionen in der Pipeline. Abgesehen von dieser<br />
Arbeit, die aktuell niemand sieht, hat das Theater auch Formate<br />
entwickelt, die sich den Gegebenheiten unserer Zeit<br />
anpassen: Es gibt Vorlesestunden am Telefon, Podcastfolgen,<br />
einen Theaterblog, Workshops, Online-Meetings und<br />
Videoinszenierungen, die Zuschauerzahlen im fünfstelligen<br />
Bereich verzeichnen.<br />
Wenn das Leben wie „Warten auf Godot“ ist …<br />
Die Theaterclubs treffen sich weiterhin einmal pro Woche,<br />
jetzt eben virtuell. „Für viele ist das gerade ein Anker im Leben.<br />
Die Clubs bringen Abwechslung in den Alltag und sind<br />
kleine Fluchtpunkte, weg von Schule und der Familie“, sagt<br />
Annika Stross, die mit Jugendlichen von 14 bis <strong>22</strong> Jahren<br />
arbeitet. Sie bemerkt, dass es den TeilnehmerInnen schwer<br />
fällt, aus diesem Alltag auszutreten. Wo sonst Platz ist für<br />
Freiheiten, Freunde und die Suche nach dem eigenen Ich,<br />
ist jetzt ein dröger Alltag ohne Abwechslungen und Pausen.<br />
„Schule ist ein Dauerthema, das viele der Jugendlichen sehr<br />
stresst“, berichtet die Theaterpädagogin weiter, „es fehlen<br />
der Ortswechsel, der Heimweg und das soziale Umfeld.<br />
Jetzt spielt sich alles in einem Zimmer ab, da ist es schwer,<br />
abzuschalten.“ Alle hoffen auf eine baldige Rückkehr zur<br />
Normalität.<br />
Auch das Theater will sobald wie möglich wieder im<br />
Normalbetrieb weitermachen. <strong>22</strong> Premieren stehen im<br />
Spielplan. Einige davon werden in die kommende Spielzeit<br />
verschoben, andere im Freien inszeniert. Der Münsterplatz,<br />
der für das Open-Air-Stück zur Verfügung steht, soll nun<br />
stärker bespielt werden. Stücke mit einem direkten Bezug<br />
zur Pandemie sind nicht geplant. „Aber viele Stücke<br />
erhalten eine neue Tragweite oder Bedeutung, wenn man<br />
sie jetzt inszeniert“, sagt Kristo Šagor, „es ist als würde man<br />
sie auf einer anderen Klaviatur spielen.“<br />
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