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III - CCA Monatsblatt

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Serie Serie<br />

dieser Gruppe waren acht bis 16 Jahre alt, als Vamos Juntos in La Paz<br />

mit der sozialen Straßenarbeit angefangen hat. Den seither deutlichen<br />

Rückgang bei der Kinderstraßenarbeit unter den Schuhputzern wertet die<br />

Organisation als eine sehr positive Bestätigung für ihre bisherige Arbeit<br />

und als Auftrag, weiterhin die soziale und ökonomische Situation von<br />

Familien zu verbessern, damit Kinder nicht mehr gezwungen sind, durch<br />

Straßenarbeit zum Einkommen der Familie beizutragen.<br />

Schuhputzer gibt es in Lateinamerika viele, aber es ist typisch für La<br />

Paz, dass dieser Beruf mit einem schlechten Sozialprestige verbunden<br />

ist. Die Ursachen hierfür liegen nicht so sehr im Beruf an sich, sondern<br />

mehr darin, dass sich im Laufe der Jahre viele Vorurteile gegen Menschen,<br />

die diese Tätigkeit ausüben, aufgebaut haben. So gilt der Schuhputzer<br />

tendenziell als unehrlich, alkohol- und drogenabhängig. Diese Vorurteile<br />

gab es aber nicht immer. Schließlich prägten Schuhputzer schon vor über<br />

hundert Jahren das Stadtbild. Sie waren unvermummt und stets mit Sitzen<br />

ausgestattet, auf denen die Kunden Platz nehmen konnten.<br />

Erst ab etwa 1980 kamen viele neue, mobile Schuhputzer dazu, die<br />

sich vermummten, weil sie nur die Hälfte des eigentlichen Preises für<br />

die Schuhpflege berechneten und deshalb von den Arbeitskollegen nicht<br />

erkannt werden wollten. Eine Folge dieser Masken waren dann Vorurteile<br />

gegenüber den Schuhputzern insgesamt. So gibt es sogar Schuhputzer,<br />

deren Frauen und Kinder nicht einmal wissen, dass sie sich als solche<br />

verdingen. Die Hälfte aller Schuhputzer ist einer Erhebung von 2010<br />

zufolge alleinstehend. 30% leben in einer Beziehung, weitere 18% sind<br />

verheiratet.<br />

Schuhputzer in La Paz rangieren heute in der Hierarchie der Gesellschaft<br />

beinahe auf unterster Stufe – und das, obwohl viele Menschen ihre Dienste<br />

in Anspruch nehmen. Ihre soziale Isolierung hat zur Folge, dass die meisten<br />

von ihnen unter Minderwertigkeitsgefühlen leiden. Somit maskieren<br />

sich viele Schuhputzer weiterhin, etwa drei Viertel von diesen aus Angst<br />

vor Diskriminierung und Stigmatisierung, aus Furcht und Scham, von<br />

Familienmitgliedern oder Freunden erkannt zu werden; der Rest möchte<br />

sich damit vor Sonne, Schmutz, Abgasen, Kälte oder Chemikalien in den<br />

Schuhcremes schützen.<br />

Ein Schuhputzer bei der Arbeit<br />

Trotz einer Arbeitszeit von zehn bis zwölf Stunden verdient ein<br />

Schuhputzer täglich nur zwischen 1,10 Euro und 3,30 Euro; monatlich<br />

meist zwischen 60 und 70 Euro. Ein Betrag, der nicht ausreicht, um davon<br />

eine Familie zu ernähren, Kindern Bildungsmöglichkeiten zu eröffnen,<br />

eine sichere, saubere Wohnstätte zu finanzieren, medizinisch notwendige<br />

Ausgaben zu bestreiten oder Neuanschaffungen zu tätigen.<br />

Die Förderung des Schulbesuchs der Kinder sieht der Verein daher<br />

als zentrale Aufgabe. Derzeit gehen alle schuhputzenden Kinder und alle<br />

Kinder von Schuhputzern zur Schule, so die Leiterin Ruth Overbeck. Jedes<br />

Kind erhält bei Schuleintritt eine Schultüte mit verschiedenen Materialien,<br />

für die die Familie einen symbolischen Eigenbetrag zahlt. Darüber hinaus<br />

gibt es finanzielle Unterstützung beim Schulbuchkauf und die Möglichkeit<br />

zur Nutzung der Bibliothek mit über tausend Büchern, einer Tageszeitung,<br />

Internetanschluss sowie Spielen für Kinder.<br />

Der Verein geht aber noch einen Schritt weiter in der Hilfe und vergibt<br />

Mikrokredite und verwaltet Sparkonten der Schuhputzer. Außerdem gibt<br />

es Abkommen mit verschiedenen Ärzten und Gesundheitszentren, sowie<br />

Zuschüsse zur gesundheitlichen Versorgung, eine Notfallhilfe (z.B.<br />

bei Knochenbrüchen), Seminare zu den Themen Ernährung, Hygiene,<br />

„Kunst in La Paz“ 38<br />

<strong>Monatsblatt</strong> 3/2012 <strong>Monatsblatt</strong> 3/2012<br />

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„Kunst in La Paz“

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