Patienten taxieren und Gewinn optimieren? - beim BDI
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<strong>BDI</strong> aktuell<br />
Medizin Ramipril im Brennpunkt<br />
Im September 2002 erschienen zwei Firmenmitteilungen, die<br />
offenbar das Ziel verfolgten, den Ramiprilkonsum zu steigern.<br />
Die eine Mitteilung bezog sich auf eine Pressekonferenz der<br />
Aventis Pharma GmbH in Wiesbaden <strong>und</strong> wurde von R. Volkert<br />
mit dem Titel „Ramipril stabilisiert vulnerable Plaques“ im Dtsch.<br />
Ärzteblatt 2002; 99/39: C 2056 veröffentlicht. Im Mittelpunkt<br />
stand die HOPE-Studie. Die zweite Mitteilung unter dem<br />
Thema „Schutz der Niere durch ACE-Hemmer“ wurde von A.<br />
Hennemann in Arzneimitteltherapie 2002; 20/9: 311 publiziert<br />
<strong>und</strong> referierte ein Satellitensymposium, das im Rahmen der 37.<br />
Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Dresden<br />
1. Ramipril in HOPE<br />
Volkert zitiert Prof. Drechsler<br />
(Hannover): „Kein Mensch<br />
zweifelt heute mehr daran, dass<br />
Ramipril in der Dosierung, wie sie<br />
in der HOPE-Studie gegeben<br />
wurde, einen durchschlagenden<br />
Effekt hat.“<br />
Dr. Volkert selbst: „Das Risiko<br />
von Herzinfarkt, Schlaganfall <strong>und</strong><br />
kardiovaskulärem Tod wird um<br />
r<strong>und</strong> 30% gesenkt. Alle der mehr<br />
als 9000 <strong>Patienten</strong> mit erhöhtem<br />
kardiovaskulären Risiko profitierten<br />
von der Therapie.“ Und<br />
10 <strong>BDI</strong> aktuell 02-2003<br />
HOPE – Wie groß ist die Hoffnung<br />
tatsächlich?<br />
Frank P. Meyer, Klinischer Pharmakologe, Magdeburg<br />
schließlich wird Prof. Böhm<br />
(Homburg) in den M<strong>und</strong> gelegt:<br />
„Ramipril <strong>und</strong> Statine sind keine<br />
Alternativen, im Gegenteil, der<br />
Nutzen addiert sich.“<br />
Was wissen wir über Ramipril<br />
tatsächlich? Die relevanten Ergebnisse<br />
der HOPE-Studie<br />
werden in Tabelle 1 zusammengefasst.<br />
Wir sind nicht überrascht<br />
(nach den vielen anderen positiven<br />
Studien mit ACE-Hemmern),<br />
dass auch Ramipril einigen<br />
<strong>Patienten</strong> im Vergleich zu Placebo<br />
einen Nutzen bringt. Konkret:<br />
Es müssen 26 <strong>Patienten</strong><br />
Tabelle 1: HOPE – Heart Outcomes Prevention Evaluation Study Investigators (2000)<br />
9.297 <strong>Patienten</strong> (≥55 Jahre, etwa 75% Männer) mit »hohem Risiko«: Koronare Herzkrankheit 80%, Schlaganfall oder<br />
transitorische ischämische Attacke 11%, periphere Gefäßkrankheiten 43%, Hypertonie 47%, Diabetes 38%.<br />
Komedikation: ASS oder andere Thrombozytenaggregationshemmer 76%, Beta-Blocker 39%, Lipidsenker 28%, Diuretika<br />
15%, Calciumantagonisten 47%.<br />
Nach einer »run-in-phase« von 7 bis 10 Tagen mit 2.5 mg Ramipril/d <strong>und</strong> 10 bis 14 Tagen mit Placebo (dabei wurden von<br />
ursprünglich 10.576 <strong>Patienten</strong> 1.035 ausgeschlossen wegen Non-Compliance, Nebenwirkungen usw.) wurde randomisiert:<br />
Ramipril (Zieldosis 10 mg/d) versus Placebo (244 <strong>Patienten</strong> erhielten 2.5 mg/d, was in diesem Kontext aber nicht interessiert).<br />
Beobachtungsdauer: 4.5 Jahre.<br />
Zusammengesetzter primärer Endpunkt: Herzinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulärer Tod.<br />
Ereignis Placebo Ramipril Reduktion NNT<br />
(n = 4652) (n = 4645) Risiko* Ereignis ( 4.5 Jahre)<br />
% % % % n<br />
Primärer Endpunkt 17.8 14.0 22 3.8 26<br />
Kardiovaskulärer Tod 8.1 6.1 26 2.0 50<br />
Herzinfarkt 12.3 9.9 20 2.4 42<br />
Schlaganfall 4.9 3.4 32 1.5 67<br />
Neu diagnostizierter Diabetes 5.4 3.6 34 1.8 56<br />
Gesamtmortalität 12.2 10.4 16 1.8 56<br />
* Die Autoren <strong>und</strong> viele »opinion leaders« bevorzugen die hohen Werte der Risikoreduktion.<br />
NNT: Number needed to treat<br />
Die sek<strong>und</strong>ären <strong>und</strong> anderen Endpunkte zeigen ein ähnliches Bild.<br />
stattfand. Auch hier wurde auf HOPE verwiesen <strong>und</strong> zusätzlich<br />
MICRO-HOPE ins Gespräch gebracht. In beiden Texten<br />
erfährt der überraschte Leser so beeindruckend W<strong>und</strong>erbares<br />
über Ramipril, dass schon fast der Verdacht<br />
aufkommt, dass die eingeladenen »opinion leaders« ein<br />
wenig übertrieben haben. Vielleicht sind sie ja auch nur<br />
falsch zitiert worden <strong>und</strong> distanzieren sich von den<br />
angeführten Werbetexten. Wie auch immer – den therapierenden<br />
Arzt interessiert, was Ramipril wirklich leistet.<br />
Nachfolgend soll versucht werden, die »Netto-Hoffnung«<br />
aus HOPE <strong>und</strong> MICRO-HOPE zu destillieren.<br />
über 4 bis 5 Jahre mit 10 mg<br />
Ramipril pro Tag behandelt<br />
werden, um entweder 1 Herzinfarkt<br />
oder 1 Schlaganfall oder<br />
1 kardiovaskulären Todesfall<br />
während dieser Zeit zu vermeiden.<br />
Jeder 26. Patient (= 3.8%)<br />
zieht also einen Nutzen aus dieser<br />
Therapie.<br />
Ob man diesen Effekt als marginal<br />
oder als »durchschlagend«<br />
bezeichnet, hängt sicher auch<br />
von der Höhe des Honorars<br />
ab, das Aventis zahlt. Leider hat<br />
Volkert die nichtssagend hohe<br />
– aber umsatzsteigernde – Angabe<br />
der relativen Risikoreduk-<br />
tion verwendet <strong>und</strong> mit »r<strong>und</strong><br />
30%« auch noch überhöht dargestellt,<br />
denn 22% sind eher<br />
»r<strong>und</strong> 20%«. Wie Volkert auf<br />
die Idee kommt, dass „...alle<br />
der mehr als 9000 <strong>Patienten</strong> ...<br />
profitierten von der Therapie“,<br />
bleibt wohl sein Geheimnis.<br />
Konkret sind es 3.8%! Niemand<br />
behauptet, dass das schlecht ist<br />
– aber die andere Darstellung<br />
ist eine komplette Fehlinformation.<br />
Hennemann schreibt<br />
sogar, dass „die kombinierte<br />
Häufigkeit der schweren kardiovaskulären<br />
Ereignisse Herzinfarkt,<br />
Schlaganfall <strong>und</strong> kar-